Wer ist hier der Schlaumeier?: Skurrile Geschichten von Hunden und ihren Menschen (German Edition)
den Kaffee kochen kann. Wenn er aber nur reagiert und seine Aktionen komplett ignoriert werden, ist er für seine Aufgabe einfach nicht geeignet. Und das ist nicht nur bei Menschen so, sondern auch bei Hunden.
Ja, ich weiß, Frau S. Meier liest mit. Und sie hat doch mal gehört, auch von mir, dass Rangordnungen bei Hunden viel zu eng gesehen werden. Teilweise hat sie sogar recht. Im Prinzip sind Hunde nicht so stark auf Hierarchien fixiert wie wir Menschen. Das hat damit zu tun, dass die soziale Grundkomponente eher auf familiären Gemeinschaften als auf Gruppen nichtverwandter Individuen fußt. Und in Familien sind Rangordnungen naturbedingt vorgegeben – die Eltern sind diejenigen, die führen und denen man vertraut. Natürlich gibt es auch Hundegruppen, die nicht nur aus Familienmitgliedern bestehen, was allerdings eher dem menschlichen Einfluss zu verdanken ist. Und sicher gibt es dort Rangordnungen, die sind aber bei Weitem nicht so, dass von morgens bis abends um die Führung gekämpft wird, wie wir Menschen uns das häufig vorstellen.
Um Max zu verstehen, ist es wichtig zu wissen, dass Hunde immer demjenigen vertrauen, dessen Aktionen mehrheitlich Wirkung zeigen. Nur der kann die Gruppe führen und das Beste für sie erreichen; nicht der, der immer das tut, was andere von ihm wollen. Nur wer Einfluss hat, bestimmt die Geschicke der sozialen Gruppe entscheidend.
Max, seines Zeichens Rauhaardackel von edlem Blut und mit einer langen, „adligen“ Ahnentafel, lebte bei seinen Menschen, einem Rentnerehepaar, und bestimmte viel, nein er bestimmte eigentlich alles im Hause K. Wenn ihm danach war, durch den Garten zu patrouillieren, setzte er sich von innen vor die Gartentür, bellte einmal kurz und schon kamen Herrchen oder Frauchen herbeigelaufen, um die Tür schnell und hektisch zu öffnen. Stolz erzählte mir das nette Rentnerehepaar davon und freute sich, dass ihr Hund doch immer anzeigen würde, wenn er raus müsse …
Merken wir uns einmal einige Punkte aus dem Leben von König Max und seinem „Hofstaat“ und übersetzen seine Sicht der Dinge in die Menschensprache.
Punkt 1: Max bellte an der Gartentür. Er sagte damit: Mach die Tür auf, ich will raus, weil mir danach ist! – Herr und Frau K. reagierten.
Punkt 2: Wenn Max nach einer Massage war und seine Besitzer ihn gefälligst streicheln sollten, reichte es schon, zu ihnen zu gehen und sie mit der Nase anzustupsen. Herr und Frau K. sprangen an wie Roboter und Max bekam sofort, was er wollte.
Punkt 3: Max setzte sich vor seinen Futternapf. Sofort eilte ein Teil des Rentnerehepaars herbei und füllte die Schüssel. Das geschah jedes Mal, wenn Max es wollte.
Punkt 4: Max schleppte ein Spielzeug an, mit dem man zerren konnte, und legte es Herrn oder Frau K. vor die Füße. Zum Zerren braucht man schließlich ein Gegenüber, welches den Spielgegenstand an der anderen Seite festhält, während man an seiner Seite zieht. Natürlich ergriffen die Menschen sofort alles, was auch immer Max herbeibrachte.
Punkt 5: Nach einigen Minuten ausgiebigen Zerrspiels hörte Max einfach auf, drehte sich um und ging in sein Körbchen. Er beendete den Spaß, wenn er keine Lust mehr hatte. Herr und Frau K. richteten sich nach ihm.
Und Punkt 6: Gassizeit. Max rannte zur Haustür und bellte dabei unaufhörlich. Seine Menschen kamen, zogen sich die Jacken an, legten Max die Leine an und es ging los.
Ich könnte an dieser Stelle noch viele Beispiele aufzählen. Der Hund hatte einfach den gesamten Tagesablauf in der sozialen Gemeinschaft mit seinen beiden Menschen im Griff. Er bestimmte, er manipulierte, genau wie der Mensch am Anfang dieses Kapitels auf seinen Chef einwirkte. Und genauso wenig, wie man diesem Chef vertrauen konnte, konnte Max darauf zählen, dass seine Menschen die Führung der sozialen Gemeinschaft übernahmen. Sie reagierten immer auf ihn und wenn er sie ignorierte, passierte nichts. Er wollte die Führungsrolle gar nicht, aber wenn er sie sich nicht zu eigen machte, wer sollte es denn stattdessen tun?
Max hatte sich durch die Gepflogenheiten im Hause K. dermaßen in seine Position hineingesteigert, dass er glaubte, sich um alles kümmern zu müssen. Auch darum, wem Eintritt ins heilige Familienrevier gewährt wurde. Jeden Besucher wollte er sofort wieder verscheuchen, er bellte und schnappte nach den Gästen, sodass es unmöglich war, ihn mit den Eingeladenen zusammenzubringen. Das war auch das Problem, weshalb ich gerufen wurde. Ich sollte Max
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