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Wer Liebe verspricht

Wer Liebe verspricht

Titel: Wer Liebe verspricht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Ryman
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Natürlich liebt er dich! Sei doch nicht albern!«
    Estelle interessierte sich ebensowenig für die Geschäfte ihres Vaters wie Lady Bridget. Mit böse funkelnden Augen erklärte sie: »Seine Probleme kümmern mich einen Dreck!« Sie schnaubte vor Zorn.
    »Ich lasse mir so etwas nicht gefallen – auch nicht von Papa!« Mit hochrotem Kopf stürmte sie aus dem Zimmer und rief über die Schulter zurück: »Ich bin kein Kind mehr. Und auch wenn Papa das nicht wahrhaben will, andere wissen es sehr wohl zu würdigen!«
    Mittlerweile schien Sir Joshua nur noch mit Olivia vernünftig zu reden, und deshalb übertrug man ihr den größten Teil der Krankenpflege. Lady Bridget hielt sich klugerweise im Hintergrund und erteilte ihre Anordnungen nicht in seiner Gegenwart. Estelle beherzigte Olivias Rat und zeigte sich ebenfalls so selten wie möglich – erst recht nach der bissigen Drohung.
    »Wo bleibt denn dieser verdammte Munshi? Weiß der Idiot nicht, daß Arthur diese Akten schnellstens zurückhaben muß?«
    Olivia hatte Munshi Babu nach dem Hindustani-Unterricht nach Hause geschickt, weil sie annahm, ihr Onkel würde die Papiere bei sich behalten, die er mitgebracht hatte. Sir Joshuas Gebrüll, das durch das ganze Haus drang, als sie sein Zimmer betrat, traf sie völlig unvorbereitet.
    »Tut mir leid, Onkel Josh«, sagte sie nervös, »aber ich habe ihn bereits weggeschickt. Ich ahnte nicht, daß du ihn noch brauchst.«
    »Aber natürlich brauche ich ihn noch, verflucht noch mal!« schrie er mit puterrotem Gesicht. »Arthur muß das heute noch lesen, denn er trifft sich morgen früh mit diesem Hornochsen von einem Parlamentarier. Wie zum Teufel soll er ihn zurechtstutzen und in seine Schranken verweisen, wenn er die Fakten nicht kennt?«
    Es folgte eine Schimpfkanonade auf die Parlamentarier in Westminster, die ihre Nase ständig in Kolonialfragen steckten, von denen sie nichts verstanden, und die ein Teeblatt nicht von einer Brennessel unterscheiden konnten, weil sie hoch oben in den Wolken schwebten. Das brachte ihn dazu, alle um ihn herum als Dummköpfe zu bezeichnen und ›diesen Metzger von einem Arzt‹ ganz besonders. Seine Karbolsalbenumschläge, so stellte Sir Joshua angewidert fest, stanken nach Pferdemist, und wenn ihn die Furunkel nicht ins Grab brachten, dann schafften es ganz bestimmt Humphries’ infernalische Rezepte. Nachdem er die ganze Menschheit zum Teufel geschickt hatte, schwieg er – aber nur aus Atemnot – und rang wütend nach Luft.
    Olivia nutzte die Pause und fragte schnell: »Möchtest du, daß ich die Akten ins Büro bringe? Es ist keine große Mühe, und es wird nicht lange dauern, bis ich zurück bin.«
    Da Sir Joshua damit die Möglichkeit zu weiteren Klagen genommen war, knurrte er unzufrieden. Aber er fand keinen Grund, den vernünftigen Vorschlag abzulehnen, und gab sich geschlagen. »Du bist ein gutes Mädchen, Olivia. Du bist vernünftiger und verantwortungsbewußter als alle anderen. Ich wünschte nur, deine leichtsinnige Cousine würde dich zum Vorbild nehmen. Das wäre weiß Gott dringend nötig!«
    Es war der falsche Moment, um ihre abwesende Cousine zu verteidigen. Deshalb versuchte Olivia es auch nicht.
    Für jeden anderen wäre die Clive Street nur eine gewöhnliche Hauptstraße gewesen, die sich wenig von ähnlichen Geschäftsstraßen in der Stadt unterschied. Für Olivia besaß sie jedoch seit einiger Zeit einen besonderen Zauber. Wie immer verdrehte und reckte sie den Kopf, als sie am Handelshaus mit dem goldenen Dreizack vorüberkamen, als werde sie plötzlich vielleicht etwas Wichtiges entdecken, das ihr bislang entgangen war. Sie wußte nicht, wann sie Jai Raventhorne wiedersehen würde. Bei seiner Unberechenbarkeit konnte ›bald‹ ein Tag oder ein Jahrzehnt bedeuten. Aber sie fühlte sich beschwingt, als sie durch die Straße fuhr, wo er möglicherweise auch gerade war, und klammerte sich mit kindlichem Vergnügen an diesen bescheidenen Trost.
    Arthur Ransome freute sich sowohl über die Akten als auch über ihren Besuch. »Wie sehr verändert der bezaubernde Anblick eines hübschen Gesichts unseren schäbigen und trostlosen Arbeitsplatz, Miss O’Rourke! Es ist wirklich sehr liebenswürdig von Ihnen, mir die Papiere zu bringen!«
    Das Kontor, das er mit unterkühlter Bescheidenheit als schäbig und öde abtat, gehörte zu den besseren in der Stadt, um das ihn sehr viele Kaufleute in Kalkutta beneideten. Es war elegant, geräumig und bequem eingerichtet. Sir

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