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Wer Liebe verspricht

Wer Liebe verspricht

Titel: Wer Liebe verspricht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Ryman
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geben wird.« Unter der unsichtbaren Last sanken seine Schultern noch tiefer.
    Wieder hatte er unbewußt den Vornamen ausgesprochen. Olivia ahnte, daß er ihr vieles verheimlichte, aber ihr fehlte der Mut, weiter in ihn zu dringen. Auch wollte sie sich nicht bloßstellen. Sie fragte nur noch einmal beiläufig: »Will Raventhorne sich wirklich nicht verteidigen?«
    Ransome zog eine Grimasse. »Was macht ein tollwütiger Hund, wenn eine Gefahr droht? Zieht er den Schwanz ein und läuft davon, wenn die Menge mit Stöcken ihn einkreist? Nein, er greift mit Schaum vorm Maul an – und genau das scheint dieser Verrückte auch im Sinn zu haben … O nein, er widerlegt die Anklage nicht und scheint sich auch nicht verteidigen zu wollen. Er sitzt in seinem eleganten Klipper und wartet vermutlich ungeduldig darauf, daß Slocum bei ihm an die Tür klopft.« Ransome hob resigniert die Hände. »Ja, ich mache mir große Sorgen, und zwar nicht, weil Jais Probleme mir schlaflose Nächte bereiten. Er kann weiß Gott für sich selbst sorgen. Aber ich weiß aus bitterer Erfahrung, wie seine Rache aussieht.«
    Lady Bridget kehrte zurück, und damit war das Gespräch beendet. Ransome eilte ihr entgegen, um ihr mildernde Gründe für den Zustand seines Freundes und Partners zu liefern, der seinen Rausch ausschlief. Olivia zog sich aufgewühlt und zornig in ihr Zimmer zurück. Man wollte Jai für ein Verbrechen lynchen, das er nicht begangen hatte. Und nur sie konnte seine Unschuld beweisen!
    *
    Entweder konnte sich Sir Joshua an sein Verhalten vom Vortag nicht erinnern, oder er wollte es nicht. Er entschuldigte sich jedenfalls nicht bei Olivia. Ob er mit Lady Bridget gesprochen hatte, wußte sie nicht genau. Ihre Tante wahrte versteinertes Schweigen. Über den Vorfall wurde nicht mehr gesprochen, aber Sir Joshuas Leichenbittermiene wies darauf hin, daß klare und deutliche Worte gefallen waren. Olivia registrierte diese Spannungen nur flüchtig, denn sie hatte ihre eigenen Sorgen. Sie konnte nicht einfach vergessen, daß Jais Leben durch eine grobe Mißachtung der Gerechtigkeit in Gefahr war. Sie steckte in einem echten Dilemma und mußte schnellstens eine Lösung finden. Nur Sir Joshua konnte ihr die Auskünfte geben, die sie brauchte.
    Es blieb ihr keine andere Wahl, und deshalb ging sie am Abend entschlossen in sein Arbeitszimmer. Er polierte seine Sammlung Bronzeglocken aus der Chou-Zeit – diese Arbeit übernahm er immer selbst –, und er schien sich zu freuen, als er sie sah. »Schläfst du noch nicht? Gut. Komm setz dich zu mir, während ich das erledige. Schau mal!« Er klopfte mit sichtlichem Stolz an die große Glocke. »Vermutlich drittes Jahrhundert Chung von Shantung – Teil eines Geläuts. Die Chih-chung, die Handglöckchen, sind natürlich kleiner als die Glocken am Zaumzeug. Möchtest du vielleicht ein Glas Madeira?«
    Olivia schüttelte erleichtert den Kopf darüber, daß der Vorfall von gestern tatsächlich vergessen war, denn sie wollte über andere Dinge mit ihm sprechen. Den richtigen Ansatzpunkt bot ihr die aufgeschlagene Zeitung auf dem Schreibtisch. Sie griff danach und fragte mutig: »Wer kann für die brutale Zerstörung der Mine nur verantwortlich sein? Man kann kaum glauben, daß sich jemand so sehr erniedrigt.«
    Er beschäftigte sich ungerührt mit der Glocke. »Es gibt offenbar jemanden, mein Kind.«
    »Ist der verdächtige Mann aus Kalkutta wirklich eindeutig erkannt worden? Wie es heißt, hat er die Mine in rasendem Galopp verlassen.«
    »Das sind natürlich alles Gerüchte.« Er sagte es so gleichgültig, als würden sie über etwas ganz Alltägliches sprechen.
    »Gerüchte? Wenn man an die fünf Zeugen denkt, müssen es doch mehr als Gerüchte sein!«
    »Vielleicht. Es ist Slocums Aufgabe, die Aussagen zu überprüfen.« Er stellte die Glocke wieder in den Schaukasten und kam mit einer kleineren zurück.
    Seine Verschlossenheit schmerzte, aber Olivia ließ sich nicht ablenken. »Zeugen können sich in der Dunkelheit irren. Oder«, sagte sie bewußt provozierend, »sie waren betrunken, wenn man an das Fest denkt.«
    Seine Hand mit dem Fensterleder verhielt kurz. Zum ersten Mal zeigte sich in den ausdruckslosen Augen ein gewisses Funkeln. »Es war beinahe Vollmond«, erinnerte er sie, »betrunken oder nüchtern, ein Irrtum scheint unwahrscheinlich.«
    Olivia mußte gegen ihre Beklemmung kämpfen, die Erregung verbergen. »Hier steht, Mr.Slocum ist nach Kirtinagar gefahren. Hat er etwas Wichtiges

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