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Wer liest, kommt weiter

Wer liest, kommt weiter

Titel: Wer liest, kommt weiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Denk
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55 aus dem Jahre 2008 ergab, dass die Menschen rund 30 Prozent ihrer freien Zeit online verbringen. ... Diese Zahlen erfassen nicht die Zeit, in der die Menschen über Handys und andere tragbare Computer Textbotschaften austauschen, was ebenfalls weiterhin rapide zunimmt. ... Der durchschnittliche amerikanische Teenager brachte es auf sage und schreibe 2272 SMS im Monat [d. h. 70 pro Tag, F.D.]. ... Oft wird unterstellt, dass die Zeit, die wir dem Internet widmen, lediglich Zeit wäre, die wir ansonsten vor dem Fernseher verbringen würden. Statistiken belegen jedoch etwas anderes. ... Eine Langzeitstudie der Nielsen Company zeigt, dass der Fernsehkonsum der Amerikaner während des gesamten Internetzeitalters stetig zugenommen hat. ...
    Einer ... 2009 durchgeführten, umfassenden Studie zufolge verbringen die meisten Amerikaner, gleich welchen Alters, mindestens achteinhalb Stunden täglich damit, auf einen Fernseher, einen Computermonitor oder die Anzeige ihres Mobiltelefons zu starren. ...
    Was mit der wachsenden Internetnutzung hingegen abzunehmen scheint, ist die Zeit, die wir mit dem Lesen gedruckter Publikationen verbringen. Dies betrifft insbesondere Zeitungen und Zeitschriften, aber auch Bücher. ... Junge Erwachsene zwischen 25 und 34, die zu den aktivsten Internetnutzern zählen, lasen 2008 gerade einmal 42 Minuten pro Woche, also 29 Prozent weniger als 2004 .
     
    Diese Zahlen sind kaum zu glauben. Wenn die meisten Amerikaner , offenbar in ihrer freien Zeit, mindestens achteinhalb Stunden täglich vor Bildschirmmedien verbringen, dann ist das, wenn sie täglich sieben Stunden schlafen und 17 Stunden wach sind, die Hälfte ihres wachen Lebens.
    Die mittlere Lebenserwartung in den USA lag 2010 bei 78,24 Jahren. Die Amerikanische Akademie der Kinderärzte (American Academy of Pediatrics) hat 1999 dazu geraten, Babys unter zwei Jahren nicht fernsehen zu lassen, rechnen wir also, daß die Amerikaner 76 Jahre lang fernsehen. In diesen 76 Fernsehjahren verbringen die meisten Amerikaner also rund 38 Jahre lang ihre wache Lebenszeit freiwillig vor Bildschirmen. Und bei uns in Europa sind es, bei etwa fünf Stunden Bildschirmmediennutzung pro Tag in der Freizeit, etwa 22 Jahre.
    Woran liegt diese atemberaubende und unser Leben verändernde Faszination der Bildschirmmedien?

    Unsere Neugier und Wißbegierde
    Der Mensch ist von Geburt an ein neugieriges Wesen und muß es auch sein, wenn er etwas lernen will. Ohne Neugier kein Wissensdurst, und ohne Wissensdurst keine Entdeckungen.
    Roland Reuß, Herausgeber kritischer Ausgaben von Kafka und Kleist, zitiert in seiner scharfsinnigen Auseinandersetzung mit der digitalen Welt Ende der Hypnose. Vom Netz und zum Buch (2012) den ersten Satz der Metaphysik des Aristoteles. Der zweite Satz ist für unsere Frage sogar noch wichtiger:
Alle Menschen streben von Natur aus nach Wissen. Ein Beleg dafür ist ihre Liebe zu den Sinneswahrnehmungen, die sie, abgesehen vom Nutzen, um ihrer selbst willen lieben, am meisten die der Augen.
    Auch deshalb wollten früher viele junge Männer auf Wanderschaft gehen wie Eichendorffs Zwei Gesellen und wollen auch heute fast alle immer wieder verreisen. Aber auch alle visuellen Medien, Illustrierte, Fernsehen und Internet, auch Computerspiele, kommen diesem urmenschlichen Bedürfnis entgegen, mit den Augen Neues zu erfahren und mehr wissen zu wollen.
    Aber die Neugier kann auch riskant sein. Darauf hat Augustinus in seiner Kritik der curiositas im 10. Buch seiner Bekenntnisse (um 400) hingewiesen, was Thomas von Aquin in seiner Summa theologica (um 1270) bestätigt, wo er der negativen curiositas die Wißbegierde, die studiositas, gegenüberstellt.
    Auch hier kommt es auf das rechte Maß an. Was positiv ist, kann durch Übertreibung negativ werden, so bei Faust, der mit allen Mitteln, auch mit Magie und Zauberei, erkennen will, was die Welt im Innersten zusammenhält. Und je mehr unsere Sinne und unsere Triebe angesprochen werden, desto eher kann das geschehen. Besonders ansprechbar sind unsere Augen, was Aristoteles und nach ihm viele andere bemerkt haben, auch Goethe in seinem Gedicht über das Dumme Zeug.

    Unsere Lust am Sehen und Schauen
    Warum verbringen die meisten Amerikaner fast ihre ganze Freizeit vor Bildschirmen? Wir könnten uns die Antwort einfach machen und sagen, daß die »Amis« so sind wie die Römer zur Kaiserzeit, die, so der Satiriker Juvenal, nichts anderes wollten als Brot und Spiele, d.h. Schauspiele im Zirkus,

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