Wer liest, kommt weiter
Fernsehen das Interesse am Lesen von Literatur zerstört (how television destroys interest in reading literature). Wenn uns das Lesen am Herzen liegt, sollten wir uns aus purem Egoismus gegen diese Gefährdung wehren.
Wie aber soll das möglich sein? Was können wir tun?
30. Was tun?
Im zweiten Abschnitt des zweiten Hauptstücks des zweiten Teils seiner Kritik der reinen Vernunft schreibt Immanuel Kant: Alles Interesse meiner Vernunft ... vereinigt sich in folgenden drei Fragen: 1. Was kann ich wissen? 2. Was soll ich tun? 3. Was darf ich hoffen?
Für uns Nicht-Philosophen ist die zweite Frage die wichtigste und heute schwieriger zu beantworten als zur Zeit Kants, der in den 80 Jahren seines Lebens Königsberg fast nie und Ostpreußen nie verlassen hat. Wir aber sind weltweit unterwegs und können dank Fernsehen und erst recht dank Internet millionenmal mehr sehen und virtuell miterleben als alle Menschen vor 1950.
Da wir aber auch nur zwei Augen haben und unsere Zeit nicht vermehren können, müssen wir unter den unzähligen Möglichkeiten klug auswählen: für uns, aber auch für unsere Kinder.
Wie aber können wir erreichen, daß die Kinder gut lesen lernen und gern lesen, wenn die visuellen Medien und ihre Programme so faszinierend sind und die Anbieter alles tun (Der Wurm muß. dem Fisch schmecken und nicht dem Angler!), um vor allem junge Menschen an die Geräte zu holen und zu fesseln?
Wir haben drei Möglichkeiten:
Die erste wird, wie schon erwähnt, von vielen Medienpädagogen empfohlen: Man solle den Kindern möglichst früh »Medienkompetenz« vermitteln: was auch Alex Dammler, Chef von iconkids & youth, als Fazit seines Buchs Verloren im Netz rät:
Führen wir sie [die Kinder] so früh wie möglich an dieses Medium [internet] heran, vergessen wir dabei aber auch nicht, dass sie noch Kinder sind. Dabei muss den Jugendlichen beigebracht werden, mit dem Internet und seinen Gefahren sinnvoll umzugehen.
Wenn die jugendlichen erfahren, dass das wirkliche Leben seinen eigenen, viel stärkeren Reiz hat, werden sie sich vom Web auch nicht einkerkern lassen – wir müssen also nur dafür sorgen, dass sie das erfahren können.
Wie das gehen soll, wenn die Kinder so früh wie möglich ins verführerische Netz geführt werden, sagt er nicht. Ref 95
Andere empfehlen das Gegenteil, freilich nicht so radikal wie Jesus, der in der Bergpredigt fordert, das Auge auszureißen, wenn es zum Bösen verführt. Sie empfehlen nur, die Kinder möglichst lang oder überhaupt ohne visuelle Medien aufwachsen zu lassen. Susanne Gaschke zum Beispiel schreibt in Klick. Strategien gegen die digitale Verdummung (2009):
Für Kinder gilt: Sie brauchen viel, viel Zuwendung von Erwachsenen. Und es ist unglaublich wichtig, dass sie souverän lesen und Geschichten lieben lernen. Wenn sie das können, darf man anfangen, mit Fernsehen und digitalen Medien zu experimentieren ... Wer sagt, es gehe umgekehrt, macht sich etwas vor.
Und Manfred Spitzer rät in dem Buch Digitale Demenz (2012) nachdrücklich dazu, Kinder so lange wie möglich von digitalen Medien fern[zu]halten. Dies empfiehlt auch Paula Bleckmann in ihrem Buch Medienmündig (2012) und betont, daß man auch mit dem Autofahren bis 18 warten müsse. Nur macht das Autofahren selten süchtig, weshalb ein Vergleich zwischen manchen visuellen Lockmitteln und dem Alkohol passender erscheint.
Warum aber ist es für Kinder besser, wenn sie möglichst ohne visuelle Medien aufwachsen? Weil die Kinder dann viel mehr Zeit haben, um in der Wirklichkeit und indirekt auch in Büchern die Welt selbst zu erkunden statt sich durch visuelle Medien in eine Scheinwelt entführen zu lassen.
In dieser Scheinwelt gehört Madonna zu den größten Stars:
Sie empfängt kein Fernsehen, auch Zeitungen und Magazine kommen ihr nicht ins Haus. ›Das ist eine Hygienemaßnahme. Ich will nicht, dass Lourdes und Rocco von dem Medienmüll vergiftet werden. Was sie über die Welt wissen müssen, lernen sie in der Schule oder wir sagen es ihnen.‹(Süddeutsche Zeitung, 17.11.2005)
Damals waren Lourdes 9 und Rocco 5 Jahre alt.
Und Günther Jauch? Mein Kind sieht nicht fern (ZeitMagazin, 1. 1. 1993). Und Anke Engelke sagt: Für Kinder und Jugendliche ist das Fernsehen Müll (Die Zeit, 25.3.2004).
Freilich ist diese Methode schwer zu realisieren, weil Computer und Handy nahezu unvermeidlich sind und nur wenige auf den Fernseher verzichten mögen. Also ein Mittelweg!? Ref 96
Gute Empfehlungen dazu gibt
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