Wer Mit Schuld Beladen Ist
anzusehen. Ich bin erst kurz vor deinem Eintreffen von dem Unfall zurückgekehrt. Ich will, dass du dir diese Computer näher ansiehst. Finde heraus, warum Audrey Keane und ihr steroidaler Liebhaber drei davon brauchen. Irgendwie habe ich gewisse Zweifel, dass sie ihren Lebensunterhalt als Webdesigner verdienen.«
»Mach ich.« Mark öffnete seinen Parka und warf ihn über die Lehne eines Küchenstuhls, der vor den PCs als Schreibtischstuhl diente. Eines der Geräte lief bereits, sein ansonsten leerer Monitor verlangte ein Passwort, um fortzufahren. Er fuhr ihn noch einmal hoch, startete ihn im abgesicherten Modus und machte sich daran, die Maschine davon zu überzeugen, dass er ein Administrator war. Über seinem Kopf dröhnten die Schritte des Chiefs.
»Mark! Komm rauf!«
Er schob sich vom Tisch zurück und sprintete die Treppe hoch. »Hierher, im hinteren Schlafzimmer«, sagte der Chief. Er klang seltsam erschüttert.
Das hintere Schlafzimmer wurde offensichtlich als Lagerraum genutzt. Auf dem Doppelbett häuften sich Kleider in Reinigungshüllen; abgetragene Schuhe und alte Magazine stapelten sich auf Kartons mit schwarzen, gekritzelten Aufschriften WINTERPULLOVER und SOMMERHOSEN an den Seiten. Der Chief stand vor einer mädchenhaften Kommode, auf der sich ein Sammelsurium von Schalen und Schachteln voller Modeschmuck reihte. Die unterste Schublade war offen.
»Ich habe etwas gesucht, um den Typen zu identifizieren, der mich angegriffen hat.«
Mark erstarrte. Der Chief hatte eindeutig zwischen den farbenfrohen Hemden und Tüchern in der Schublade herumgekramt. Bahnen seidiger Stoffe quollen über die Kanten. Er hatte sie weggezogen, um zwei kurzläufige Saturday Night Special zu enthüllen, einen Totschläger und ein großes, bösartiges Messer. Das Messer hatte Mark schon einmal gesehen. Beim gestrigen Treffen mit dem Rechtsmediziner.
»Das ist ein KA-BAR«, sagte er.
»Stimmt.«
»Sie haben es nicht angefasst, oder?«
»Nein. Ich habe eine der Waffen mit der Hand gestreift. Deshalb habe ich die Schublade ausgeräumt.«
Mark spürte, wie sich ein wildes Lächeln den Weg in sein Gesicht freikämpfte. Er versuchte, es zu unterdrücken. Der Chief würde bestimmt nicht lächeln, nicht, wenn er auf die Waffe starrte, die seine Frau getötet hatte. Doch Mark konnte nur daran denken, was Investigator Jensen für ein Gesicht machen würde, wenn sie erkannte, wie sehr sie sich im Chief geirrt hatte.
Ja, damit konnte er ganz bestimmt leben.
»Wir sollten nichts anfassen, ehe die Spurensicherung hier ist«, meinte der Chief. »Hast du schon etwas in den Computern entdeckt?«
»Kommen Sie mit nach unten«, erwiderte Mark. »Ich bin gerade dabei, mich in den ersten zu hacken. Wenn sie über ein Netzwerk verbunden sind, kriege ich Zugang zu allen.«
Wieder zurück vor dem wackligen Computertisch, beendete er sein Login als Administrator. »Ich bin drin«, sagte er zum Chief, der langsam und methodisch jedes der zwei Dutzend Fotos musterte, die über der Couch hingen.
»Was machst du?«
»Ich starte ein Suchprogramm, um alle Dateien zu finden, die in den letzten vierundzwanzig Stunden erstellt oder modifiziert worden sind.«
»Kannst du das für jedes Datum tun?«
»Sicher.«
»Sieh nach, was am Sonntag passiert ist.«
»Okay.« Während das Suchprogramm lief, stellte Mark eine Verbindung zum Internet her. Er rief die History auf, um nachzusehen, wo die Nutzer des PC gewesen waren.
Der Chief beugte sich über seine Schulter. »Irgendwas Interessantes?«
»Jede Menge ausländische Seiten.« Mark wies auf die Einträge mit.de und.ch-Endungen. »Die chinesischen könnten Spamverteiler oder Robot Scraper sein.«
Der Chief tippte mit dem Finger auf den Bildschirm. »Was ist mit dieser?«
»Northcountrylist.com?«
»Da hatte meine Frau in ihrem PC ein Lesezeichen gesetzt.«
Mark klickte die Seite an. Sie baute sich sofort auf. Wer immer diese Computer nutzte, legte großen Wert auf schnelle Arbeitsspeicher. »Sieht aus wie ein Anzeigenmarkt«, meinte er.
»Ich weiß. Ich habe sie überprüft und nach Linda gesucht. Nichts gefunden. Such mal nach Audrey Keane.«
Mark tippte den Namen ein. Innerhalb weniger Sekunden öffnete sich eine Seite. »Hier haben wir sie.« Er verfolgte den Link. »Sie bietet ihre Dienste als Haustiersitter an. Hä?« Er sah sich im Wohnzimmer um, in dem sich nicht die geringste Spur eines Haustiers fand. »Meinen Sie nicht, ein Haustiersitter hätte wenigstens eine Katze oder
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