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Wer Mit Schuld Beladen Ist

Wer Mit Schuld Beladen Ist

Titel: Wer Mit Schuld Beladen Ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Spencer-Fleming
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weitaufgerissenen Mündern glotzten, während die perfekt gezupften Brauen Jensens bis zu ihrem Haaransatz krochen. Doch seine gesamte Aufmerksamkeit galt seinem Deputy Chief. Seiner rechten Hand. Seinem Freund.
    »Willst du gar nichts dazu sagen? Irgendeine blöde Erklärung? Lass mich raten. Du konntest nicht widerstehen. Warte, jetzt hab ich’s. Es hatte nichts zu bedeuten. Nein, nein, jetzt. Sie hat dich angemacht.«
    »Allmächtiger«, sagte Jensen. Ihre gepflegte, melodische Sprechweise hatte einem breiten, flachen New Yorker Akzent Platz gemacht. »Das ist das krankeste Department, zu dem ich jemals geschickt worden bin. Wie das beschissene Peyton Place.«
    Lyle ignorierte sie. Er musterte seine Hände. Die Decke. Endlich sah er Russ an. »Es tut mir leid.«
    »Das ist alles? Es tut dir leid? Was? Dass ich es herausgefunden habe? Ich meine, wenn es dir leidtäte, dass du meine Frau gebumst hast, hättest du es in den letzten sieben Jahren irgendwann erwähnt, oder?«
    »Ich …«
    Im Türrahmen räusperte sich jemand. Alle drehten sich um. Dort stand Sergeant Morin, ein altmodisches dünnes Faxblatt in der Hand, und mied ihre Blicke. »Äh, entschuldigen Sie die Störung«, sagte er. »Nicht, dass ich irgendwas gehört hätte. Ich meine, ich bin gerade erst reingekommen.«
    Russ rieb sich die Nasenwurzel. »Haben Sie etwas gefunden?«
    »Ja.« Morin streckte Russ das Blatt entgegen. »Habe bei einem Satz sofort einen Treffer gelandet. Der andere hat noch nichts ergeben.« Er deutete zur Treppe. »Ich gehe rauf und mache meine Fotos, okay?«
    Russ nickte. Morin lief die Treppe hoch. Sonst rührte sich niemand. Das dünne Papier, so leicht, dass ein Luftzug es fortwehen konnte, wellte sich in Russ’ Hand. Er schloss einen Moment die Augen, versuchte, sich daran zu erinnern, wie man Polizist war. Versuchte, sich einen Scheiß für die Informationen zu interessieren, die Morin entdeckt hatte.
    »Chief?« Noble klang zögernd. »Was steht da?«
    Russ atmete aus. Schlug die Augen auf. »Die Abdrücke gehören zu einem Dennis Shambaugh. Warum kommt mir der Name so bekannt vor?«
    »Dennis Shambaugh«, wiederholte Lyle mit dünner Stimme. »Du erinnerst dich. Der Scheckbetrüger. Muss vor sechs, sieben Jahren gewesen sein. Direkt, nachdem du die Nachfolge von Chief Brennan angetreten hattest.«
    »Ach ja. Ist er nicht nach Plattsburgh gewandert?«
    »Stammt er aus Tschechien oder so?«, fragte Jensen.
    »Scheck, nicht Tschech«, erwiderte Russ. »Seine Spezialität war es, in Häuser oder Lager einzubrechen und sich dann mit leeren Scheckformularen und einer Unterschriftenprobe davonzumachen. Seine Opfer wussten nicht mal, dass sie beraubt worden waren, bis sie ihre Kontoauszüge erhielten. Klingt ganz nach der Vorgehensweise hier.« Er hielt das Blatt auf Armeslänge von sich und versuchte, das Kleingedruckte zu lesen, in dem Shambaughs Vorstrafen aufgeführt waren. »Er hat zehn Jahre gekriegt. Er muss quietschsauber gewesen sein, um so früh entlassen zu werden.«
    »Zehn Jahre für Einbruchdiebstahl?«, fragte Jensen.
    »Überfall«, korrigierte Lyle. »Er hat zufällig ein Haus erwischt, in dem der Besitzer anwesend war. Der Mann hatte ein Gewehr und wollte sich gegen Shambaugh verteidigen, der dem Hausbesitzer die Waffe entriss und ihm damit die Scheiße aus dem Leib prügelte.«
    »War er nicht verlobt?«, fragte Russ. »Ich meine, die Staatsanwaltschaft hätte versucht, seine Freundin zu einer Aussage gegen ihn zu bewegen.«
    »Sie behauptete, von nichts zu wissen«, erwiderte Lyle. »Sie glaubte, er wäre ein gutbezahlter Arborist.«
    »Arborist?«, wiederholte Jensen.
    »Baumpfleger«, erklärte Lyle.
    »Ich weiß, was ein gottverdammter Arborist ist.«
    »Egal, es gab jedenfalls nichts, was sie mit den Einbrüchen oder dem Geld in Verbindung brachte. Ich glaube, sie ließ ihn fallen. Ich kann mich nicht erinnern, dass sie beim Prozess gewesen wäre.«
    »Wie hieß sie?« Russ sah Lyle an, dann Noble, der zwar nur langsam aus den Startlöchern kam, wenn originelle Einfälle gefordert waren, jedoch ein erstaunliches Gedächtnis für Namen und Daten besaß.
    Er schüttelte den Kopf. »Tut mir leid, Chief. Mit dem Fall hatte ich nichts zu tun.«
    »Glaubst du, Audrey Keane ist seine ehemalige Verlobte?« Lyle runzelte die Stirn.
    »Sie wäre nicht die erste Frau, die vergibt und vergisst«, erwiderte Russ säuerlich.
    »Arbeitet sie mit ihm zusammen? Oder teilt sie nur Tisch und Bett mit ihm und verschließt

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