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Wer morgens lacht

Wer morgens lacht

Titel: Wer morgens lacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mirjam Pressler
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nur zusammen und ließ alles über mich ergehen, und als sie mir danach die Farbe auf den Kopf schmierte, dachte ich, das scheint mein großes Talent zu sein, alles über mich ergehen zu lassen. Zwanzig Minuten lang saß ich mit der grauroten Pampe auf den Haaren da, starrte meine Hände an und hob nur manchmal den Kopf, um einen Blick auf die Pampe zu werfen, die langsam dunkler wurde. Blauer Nagellack, dachte ich, ich muss mir noch blauen Nagellack besorgen.
    Und dann wusch sie die Pampe von meinem Kopf, meine Haare waren rot, aber nicht knallrot. Die richtige Farbe siehst du erst, wenn die Haare trocken sind, sagte die Grüne, jetzt fange ich an zu schneiden, und noch einmal fragte sie, bist du ganz sicher? Was ab ist, ist ab.
    Ich nickte und sah, wie sie eine lange Strähne ergriff, den Ansatz langsam durch die Finger gleiten ließ und sie abschnitt, bevor sie die nächste Strähne nahm. In dicken, langen Büscheln fielen meine Haare auf den Boden, zwar röter als früher, aber eindeutig meine Haare. Ich starrte hinunter und sah, wie sie immer mehr wurden, allmählich war der ganze Boden bedeckt, und ich hatte plötzlich Angst, sie würde mir eine Glatze schneiden, so viele Haare waren es, und mein Kopf fühlte sich unnatürlich leicht an.
    Ich schloss die Augen, ich wollte es nicht sehen, und außerdem war es sowieso zu spät, um es mir anders zu überlegen. Schnipp, schnapp, machte die Schere, und ich dachte, was ist bloß in mich gefahren, schnipp, schnapp, du brauchst dir bloß eine andere Anne auszudenken, sagte die Marie in meinem Kopf, schnipp, schnapp, und schon ist es passiert. Ich spürte, wie die Friseurin eine Strähne nach der anderen anhob, schnipp, schnapp, und am Schluss mit beiden Händen über meinen Kopf fuhr, und noch immer machte ich die Augen nicht auf, auch nicht, als sie mit dem Föhn meine Haare trocknete oder das, was von ihnen übrig war, falls etwas übrig war.
    Jetzt kannst du die Augen aufmachen, sagte sie.
    Ich machte die Augen auf, und aus dem Spiegel schaute mir Marie entgegen, Marie mit knallroten Haaren. Unwillkürlich fing ich an zu lachen, hallo, Marie, sagte ich, und Marie lachte auch und sagte, es ist sehr schön geworden, doch dann hörte ich, dass es die Friseurin war, die mit mir sprach, sieht doch toll aus, findest du nicht? Und jetzt noch ein bisschen Gel.
    Ganz benommen bezahlte ich und gab ihr zwei Euro Trinkgeld, Marie hätte das bestimmt getan, ich eigentlich nicht, ich war sparsamer als sie, aber nun war alles anders. Unterwegs zum Bus ging ich noch zum Drogeriemarkt und kaufte blauen Nagellack und Nagellackentferner, dann fuhr ich nach Hause.
    Unsere Mutter war schon da. Als ich die Haustür hinter mir zumachte, schoss sie aus der Küche. Ich sah, wie sich Erstaunen und die Freude auf ihrem Gesicht ausbreiteten, sie streckte mir die Hände entgegen und rief, da bist du ja endlich, und dann verschwanden das Erstaunen und die Freude ebenso schnell, wie sie gekommen waren, es war, als hätte jemand in ihrem Inneren das Licht ausgeknipst. Oh Gott, was hast du bloß gemacht, rief sie und fing an zu schimpfen, wie sie vor zwei Jahren mit Marie geschimpft hatte, und wie Marie damals reagierte auch ich nicht darauf, und als sie zu jammern begann, wie schade, deine schönen Haare, zuckte auch ich nur mit den Schultern und sagte, über Geschmack lässt sich nicht streiten. Nur unser Vater sagte nicht, wie er damals gesagt hatte, ich finde es gar nicht so schlecht, soll sie sich doch die Haare färben, wenn sie will, sie muss sich selbst gefallen, nicht uns. Warum hätte er das auch sagen sollen, er hatte mich nie unterstützt.
    Als unsere Eltern im Wohnzimmer vor dem Fernseher saßen, schlich ich mich, den Nagellack in der Hand, die Treppe hinauf in Maries Zimmer und schloss leise die Tür, bevor ich das Licht anknipste. Doch erst als ich mir die Fingernägel und die Fußnägel blau lackiert hatte, machte ich ihren Kleiderschrank auf und betrachtete mich in dem großen Spiegel auf der Innenseite der Tür.
    Warum wunderst du dich eigentlich, sagte die Marie aus dem Spiegel, wir haben uns doch immer ähnlich gesehen.
    Ja, stimmt, sagte ich, als wir klein waren, haben wir immer die gleichen Sachen anhaben müssen.
    Wir waren eben Schwestern, und jeder sollte das sehen, sagte Marie und lächelte, und ich merkte, wie sich auch meine Mundwinkel nach oben zogen.
    Unsere Sachen waren nicht immer gleich, korrigierte ich mich, du hast neue bekommen und ich habe deine alten geerbt,

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