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Wer nichts riskiert, verpasst das Leben: Wie ich 365 Mal meine Angst überwand (German Edition)

Wer nichts riskiert, verpasst das Leben: Wie ich 365 Mal meine Angst überwand (German Edition)

Titel: Wer nichts riskiert, verpasst das Leben: Wie ich 365 Mal meine Angst überwand (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noelle Hancock
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»… Ihre Hände greifen. In dem Moment lösen Sie Ihre Beine vom Trapez, und er lässt Sie dann ins Netz fallen.«
    Ein nervöses Kribbeln machte sich in meinem Bauch breit. Der Ablauf dieses Kunststückchens war mir nicht so ganz klar. Was würde passieren, wenn er meine Hände packte und ich die Knie nicht rechtzeitig vom Trapez löste? Ich stellte mir vor, wie ich zerrissen wurde – Arme und Torso flogen mit Pepe davon, während meine Beine und Knie, die immer noch über dem Trapez hingen, zu Hank zurückschwangen.
    »Ich weiß nicht, ob ich das kann«, flüsterte ich. Jessica wirkte ebenfalls verunsichert.
    »Ich weiß nicht, ob ich mit jemand Händchen halten kann, der Pepe heißt«, meinte Chris.
    Die Kunstturnerin war die Erste. Da sie fortgeschrittener war, hatte Ted ihr eine kompliziertere Aufgabe gestellt. Statt sich mit den Kniekehlen einzuhängen, sollte sie über Kopf einen Spagat machen. Ich hielt die Luft an, als sie die Hände vom Trapez nahm und mit allem Selbstvertrauen Pepe entgegenstreckte.
    »Achgottachgott, was sind wir doch besonders«, ätzte Jessica, als das Mädchen mit einem Rückwärtssalto im Netz landete. »Okay, dann kann sie eben ein paar Kunststückchen, aber kann sie auch menstruieren?«
    Als ich ein letztes Mal die wacklige Leiter erklomm, war mein anfängliches Grauen zu bloßer Sorge zusammengeschrumpft. Es half auch, dass die Sonne inzwischen untergegangen war und das Gerüst von Scheinwerfern beleuchtet wurde. Der Effekt war festlich, wie bei einem richtigen Zirkus, aber was noch viel wichtiger war: Meine Welt war dadurch kleiner geworden, und der Anblick nahm mir nicht mehr den Atem. Statt mich umzusehen und mich darüber aufzuregen, wie weit der Erdboden weg war, sah ich nur das, was unmittelbar um mich herum war. Ich konzentrierte mich auf jede einzelne Sprosse der Leiter und den meditativen Rhythmus meiner Hände und war im Handumdrehen oben. Als ich auf die Plattform trat, wirkte Hank gebührend beeindruckt.
    »Du wirst schon noch eine richtige Trapezkünstlerin.« Er grinste, und ich grinste zurück. Dann nahm ich das Trapez von ihm. Pepe hing mit den Knien am anderen Trapez und holte langsam Schwung. Ich versuchte mir die Vorstellung zu verbieten, dass ich zufällig in ihn hineinrasen könnte. Stattdessen ging ich in Stellung, lehnte mich zurück und ließ die Zehen über den Rand der Plattform schauen.
    »Fertig!«
    Ich beugte die Knie. Die Spannung des Ganz-kurz-davor war fast unerträglich. Wie die Pause, wenn die Achterbahn ganz oben angekommen ist, wenn es nicht mehr weiter bergauf geht, aber man auch noch nicht hinunterrast. Der Moment, wenn die Sprinter in den Blöcken kauern, aber der Startschuss noch nicht ertönt ist. Ein Moment zwischen zwei Momenten, definiert von dem, was kurz davor passiert ist, und dem, was kurz danach passieren wird. Es war nichts, und gleichzeitig war es alles.
    » HOPP !«
    Ich sauste durch die Luft und genoss es, wie der Fahrtwind an meinen Ohren vorbeizischte.
    »Kniekehlen einhaken, Noelle!«, hörte ich Teds Stimme von unten. Mit den letzten Kräften meiner Bauchmuskeln zog ich die Beine an die Brust und legte die Kniekehlen über die Stange. Rücken durchstrecken! Arme ausstrecken! Und da war auch schon Pepe! Seine fleischigen Hände schlossen sich fest um meine. Ich streckte meine Beine, und meine Knie verließen das Trapez mit einer ganz natürlichen Bewegung. Ich hing jetzt nicht mehr über Kopf, sondern segelte auf die glitzernde Skyline von New York zu. Ich habe nie zu den Leuten gehört, die die Silhouette einer Stadt sonderlich schön finden, aber in diesem Moment war sie einfach umwerfend. Millionen von winzigen Fenstern leuchteten in der Dunkelheit. Die ganze Gruppe applaudierte mir – niemand lauter als Chris und Jessica –, und irgendjemand pfiff ganz laut. Ich fiel ins Netz und stolperte mit einem dümmlichen Grinsen an den Rand. Dabei merkte ich, wie sich in mir etwas rührte, was ich schon lange nicht mehr gespürt hatte: Stolz. Nicht die Art Stolz, die man empfindet, wenn man befördert wird und plötzlich mehr Geld verdient, sondern die Art, die einen befällt, wenn man sich selbst angenehm überrascht hat. Am Ende der Stunde verabschiedeten wir uns und sammelten unsere Sachen zusammen.
    »So, können wir jetzt was trinken gehen?«, fragte Jessica.
    »Absolut. Geht auf mich«, versprach ich.
    Als wir auf geschundenen Beinen hinausmarschierten, fragte Chris: »Und du möchtest dieses Jahr tatsächlich 365

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