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Wer nichts riskiert, verpasst das Leben: Wie ich 365 Mal meine Angst überwand (German Edition)

Wer nichts riskiert, verpasst das Leben: Wie ich 365 Mal meine Angst überwand (German Edition)

Titel: Wer nichts riskiert, verpasst das Leben: Wie ich 365 Mal meine Angst überwand (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noelle Hancock
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sondern auch mit einem Sprung vom Sprungbrett. Sie wollte es unbedingt dem Präsidenten vorführen, weil er sagte, das glaube er ihr nicht. Also marschierte Mrs. R. aufs Sprungbrett, ging sorgfältig in die korrekte Position und landete dann einen Bauchklatscher, den man wahrscheinlich noch bis Poughkeepsie hören konnte! Ich dachte, der Präsident explodiert gleich vor Lachen, auf jeden Fall schlug er mir so heftig auf die Schulter, dass ich fast umfiel. Mrs. R. tauchte puterrot und mit grimmiger Miene wieder auf, ging schweigend erneut aufs Sprungbrett und tauchte mit einem perfekten Kopfsprung ins Becken.«
    Les lachte, als Bill und er zwanzig Minuten später wieder auftauchten. »Sie hätten dir die Hand abbeißen können!«, sagte er, als er wieder Luft bekam.
    Bill erzählte verlegen, was passiert war. Als sie ein paar Minuten unten waren, näherte sich ein zweieinhalb Meter langer Blauhai. Bill wollte ein Bild, wie er dem Hai High Five gab. Also gab er Les ein Zeichen, seine Kamera in Position zu bringen, und dann griff er durch die Gitterstäbe nach der Rückenflosse des Tieres. Er konnte gerade noch die Hand in den Käfig zurückziehen, denn der Blauhai drehte blitzschnell den Kopf und schnappte nach ihm.
    »Willst du noch mal tauchen?«, fragte mich Gus.
    »Nein, für mich reicht’s«, sagte ich schnell. Bevor ich den Blick senkte, sah ich die Enttäuschung auf Gus’ Gesicht.
    Auf dem Heimweg verfielen alle in das erschöpfte Schweigen, das das Ende jedes Urlaubs kennzeichnet. Bill und ich saßen nebeneinander an Deck und stießen jedes Mal kameradschaftlich zusammen, wenn das Boot von einer großen Welle getroffen wurde. Wenn ich daran dachte, wie ich einen weiteren Tauchgang abgelehnt hatte, versetzte es mir einen Stich. Neben dem draufgängerischen Bill kam ich mir erst recht wie ein Versager vor. Er war schließlich auch im Käfig gewesen, als wir unters Boot rutschten, aber das hatte ihn nicht davon abgehalten, noch einmal hinunterzugehen. Ich hatte meine zweite Chance bekommen, aber im Gegensatz zu Eleanor und Bill hatte ich es nicht noch einmal versucht. Beim ersten Rückschlag hatte ich gleich aufgegeben.
    »Wie machst du das?«, wollte ich von ihm wissen. »Wie kannst du bei allem, was du tust, bloß immer so mutig sein?«
    Bill zuckte mit den Schultern. »So mutig bin ich auch wieder nicht.«
    »Das sagst du nur, um mich zu trösten.«
    »Ich hab zum Beispiel noch nie nüchtern eine Frau angesprochen.«
    »Was?«
    »Ich bin dreiunddreißig und habe nicht den Mumm, eine Frau um ein Date zu bitten, wenn ich nicht betrunken bin«, sagte er. »Wir haben alle vor irgendwas Angst, verstehst du?«
    »Außer mir«, kicherte ich. »Ich hab vor allem Angst.«
    Bills Gesicht verfinsterte sich. »Was ist eigentlich mit dir passiert, Hancock?«
    »Was meinst du?«
    »Als du Praktikantin bei uns warst, bist du jeden Morgen mit einer neuen wilden Story reingeplatzt, die du am Abend zuvor erlebt hast. Zum Beispiel wie dich auf dem Heimweg in der U-Bahn ein Mädchen blöd angequatscht hat – und du hast dich nicht geduckt, sondern hast blöd zurückgequatscht. Sogar, als sie ihr Messer zog!«
    »Tja, das war wohl astreine Blödheit.«
    »Was ist bloß aus dieser Noelle geworden?«, fragte er ungeduldig. »Die hätte ich gern wieder zurück. Diese selbstverachtende Nummer, die du die letzten Jahre abgezogen hast, wird nämlich langsam langweilig.«
    Ich fühlte mich erstaunlich getroffen von seinen Worten. Ich hatte mich verändert. Man könnte meinen, nachdem ich das alles schon vermutet hatte, hätte seine Bestätigung mir nicht so wehtun dürfen. Aber solange man nur einen Verdacht hat, hat man noch Hoffnung, dass das Problem nur in der eigenen Vorstellung existiert. Sobald jemand anderes es bestätigt und ausspricht, ist es Wirklichkeit.
    Eine ganze Weile starrte ich nur aufs Meer. Ich musste an Matt denken. Von Kindheit an hatte er jeden Sommer im Strandhaus seiner Eltern in den Hamptons verbracht und war durch die rauen Wellen des Atlantiks getobt. Das erste Mal, bei dem es ihm gelang mich ins Wasser zu locken, blieb auch gleich das letzte. Ich war den Golf von Mexiko gewöhnt, wo die Wellen selten höher als einen halben Meter sind, wenn nicht gerade ein Hurricane tobt. Doch die atlantischen Wellen greifen im Rudel an, reißen das nichts ahnende Opfer von den Füßen und wirbeln es einmal kräftig durch. Es fühlt sich ungefähr so an, als würde man überfallen werden. Und wenn man sich wieder

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