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Wer nichts riskiert, verpasst das Leben: Wie ich 365 Mal meine Angst überwand (German Edition)

Wer nichts riskiert, verpasst das Leben: Wie ich 365 Mal meine Angst überwand (German Edition)

Titel: Wer nichts riskiert, verpasst das Leben: Wie ich 365 Mal meine Angst überwand (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noelle Hancock
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durchaus gewollt. Aber ich hatte den Eindruck, dass er zu den Typen gehörte, denen alles in den Schoß fällt, und was man allzu leicht bekommt, wirft man auch allzu leicht wieder weg. Also sah ich ihn schalkhaft an und meinte: »Oh, dafür hatte ich bei Weitem noch nicht genug Scotch.«
    Er beugte sich vor, und ich spürte, wie die Wärme unserer Körper aufeinandertraf, als er sanft sagte: »Wie schade.« Dann drückte er mir zwinkernd sein Scotch-Glas in die Hand. »Zumindest weiß ich, dass er bei dir gut aufgehoben ist. War nett, dich kennenzulernen, Noelle.«
    Ich wartete drei Tage, bis ich seine Mailadresse auf der Website seiner Zeitung recherchierte und ihm eine Mail schickte.
    »Ich wusste, dass du mir mailen würdest«, schrieb er zurück. Seine Unverfrorenheit war ebenso ärgerlich wie anziehend.
    Die Regeln des Flirtens hatten sich in den hundert Jahren seit Franklins Werbung um Eleanor etwas gelockert. Matt und ich gingen in den nächsten Monaten miteinander aus und wurden zu Neujahr offiziell ein Paar. Als sich auf unserer Party eine Riesenschlange vor dem Klo gebildet hatte, stand er Wache, während ich in meinem Satincocktailkleid auf die Feuerleiter hinauskrabbelte und in einen Plastikbecher pinkelte. In dem Moment wusste ich, dass er wirklich etwas Besonderes war.
    »Und, was haben Sie dieses Wochenende vor?«, fragte Dr. Bob.
    »Ich glaube, die Smalltalk-Phase haben wir doch langsam mal hinter uns, oder?«
    »Ich meinte, was Ihr Angstprojekt angeht. Was steht als Nächstes an?«
    »Ich verreise mit meinen Ängsten.« Ich lehnte mich zurück und verschränkte die Hände hinter dem Kopf. »Matt und ich fahren dieses Wochenende zu einer Hochzeit auf Nantucket Island.«
    »Das klingt ja wirklich furchterregend«, scherzte er.
    »Glauben Sie mir, das ist es auch. Ich werde nämlich nicht mit ihm hinfahren, sondern nehme das Flugzeug. Ich habe richtig Angst vorm Fliegen.«
    Dr. Bob sah nicht besonders überzeugt aus. »Das hört sich für mich eher so an, als wollte sich jemand eine lange Autofahrt ersparen.«
    »Das ist nicht einfach irgendein Flugzeug. Es ist eines von diesen grässlichen Kleinflugzeugen, die in bemerkenswert regelmäßigen Abständen vom Himmel fallen. Ich habe mir immer geschworen, dass ich nie mit so einem Ding fliegen werde.«
    Er nickte bedächtig, als wollte er sagen: Nicht schlecht . »Und was ist am Samstag?«
    »Was ich am Samstag mache, weiß ich noch nicht. Wenn man zum ersten Mal an einem Ort ist, kann man schlecht vorausplanen, welcher Angst man sich dort stellen will. Ich werde einfach abwarten, was sich dort ergibt.«
    »Und das Paar, das da heiratet, sind das Ihre oder Matts Freunde?«
    »Ich bitte Sie!«, lachte ich. »Meine Freunde heiraten nicht. Die haben ihre Xbox.«
    Matts Freunde waren vier Jahre älter und befanden sich in einer vollkommen anderen Lebensphase. Die hatten Häuser und Knoblauchpressen. Die mussten nicht erst ihre Eltern fragen, wie sie ihre Einkommenssteuererklärung ausfüllen mussten. Meine Freunde hingegen interessierten sich noch immer für den New Yorker Sperrmüll und überlegten sich, welches Möbelstück man wohl in ihre Wohnung zwanzig Straßen weiter tragen könnte.
    Dr. Bob stützte sein Kinn mit dem Grübchen in die Hand. »Haben Matt und Sie jemals übers Heiraten gesprochen?«
    »Nie.«
    »Denken Sie übers Heiraten nach?«
    Natürlich hatte ich darüber nachgedacht, aber eben so, wie man in der achten Klasse übers College nachdenkt. Heiraten war mir immer unvermeidlich vorgekommen, aber es lag so weit in der Zukunft, dass es mir noch nicht real vorkam. Ich konnte mir mich nicht mal verheiratet vorstellen. Ich würde lächerlich aussehen mit einem Diamanten am Finger. Ich trug immer noch T-Shirts mit Dinoaufdruck. Wenn ich heiratete, würde ich mir eine komplett neue Garderobe zulegen müssen, bloß wegen dieses Rings an meinem Finger.
    »Ich schätze, ich hab immer gedacht, dass ich erst heirate, wenn ich über dreißig sein werde.«
    Meine Eltern waren miteinander durchgebrannt, als meine Mutter zweiundzwanzig war und mein Vater vierundzwanzig. Als sie dreißig war, hatte sie ein zweijähriges und ein fünfjähriges Kind. Jeden Abend saß sie rauchend auf der Veranda und las Liebesromane, bis die feuchte texanische Luft sie wieder ins Haus trieb. Manchmal saß ich bei ihr und sah zu, wie die Motten in unser Insektenlicht flogen, ihren sicheren Tod. Ein paarmal blickte meine Mutter von ihrem Buch auf, stieß seufzend eine

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