Wer nichts riskiert, verpasst das Leben: Wie ich 365 Mal meine Angst überwand (German Edition)
nicht machen wollen.« Wie die Touristen, die nach New York kamen, uns nach dem Weg fragten und uns baten, ein Foto von ihnen zu machen, um dann mit den Worten heimzufahren: »New York ist echt toll für einen Urlaub, aber leben würde ich dort ja nicht wollen.« ( So ein Zufall! , dachte ich dann immer. Ich würde auch nicht wollen, dass ihr hier wohnt! )
»Und wie sind Sie zu Ihrem Rufzeichen gekommen?«
»Ich erzähle nur Geschichten, wenn ich einen Drink in der Hand habe.« Er zwinkerte.
»Das kann ich respektieren«, erwiderte ich. »Und, wenn ich das hinzufügen darf, ich bin ganz froh, dass Sie gerade keinen Drink in der Hand haben.«
Er lachte. Ich mochte ihn.
»Bekomme ich auch einen Rufnamen?«, fragte ich.
»Oh ja, Sie kriegen einen. Aber erst am Ende.«
Das Flugzeug taumelte leicht, wir fielen ein paar Meter und stiegen dann wieder. Mein Magen verkrampfte sich.
»Das sind nur die Wirbelschleppen«, verkündete Boom nüchtern. Wenn man im Windschatten eines anderen Flugzeugs flog, geriet man in Turbulenzen. Wie ich wusste, nachdem ich am Vorabend Top Gun gesehen hatte, war das Trudeln von Mavericks Maschine und das Ableben von Goose darauf zurückzuführen, dass sie durch die Wirbelschleppen von Iceman geflogen waren.
»Müssen wir uns auf mehr von denen gefasst machen?«, fragte ich nervös und beäugte den Schwimmring, den Boom mir »nur zur Sicherheit« an der Taille befestigt hatte, bevor wir abhoben.
»Nö, wahrscheinlich nicht«, meinte er, vergrößerte aber trotzdem den Abstand zwischen den Flugzeugen. Wir waren noch keine zehn Minuten in der Luft, als er sagte: »Okay, jetzt übernehmen Sie.« Er ließ seinen Steuerknüppel los und breitete die Hände in einer »Guck mal, Mami – freihändig!«-Geste aus.
»Was?! Oh Gott!« Die rechte Tragfläche senkte sich herab, und ich tastete nach dem Steuerknüppel. Mich packte dieselbe überraschte Empörung, die ich verspürt hatte, als mein Vater mir das Fahrradfahren beigebracht hatte. Er trabte neben mir her und hielt mich am Sattel fest, und dann ließ er auf einmal ohne jede Vorwarnung los. »Nein!«, schrie ich. »Nicht loslassen!« Aber ich hatte nicht viel tun können, weil ich meine ganze Konzentration brauchte, um nicht hinzufallen.
»Sehen Sie? Können Sie doch prima!«, sagte Boom, während ich versuchte, uns wieder in die Waagerechte zu bringen. Der Steuerknüppel reagierte so empfindlich, dass man ihn nur um Millimeter bewegen musste, um das Flugzeug zu bewegen.
Als ich noch klein war, spielte ich gerne auf den Wippen auf dem Spielplatz in unserem Viertel. Manchmal stellte ich mich in die Mitte und versuchte, die beiden Seiten auszubalancieren. Das war gar nicht so einfach. Am Ende verlagerte ich immer zu viel Gewicht auf den einen Fuß, und wenn die Wippe auf der Seite nach unten ging, verlagerte ich es wieder auf den anderen Fuß, und dann senkte sich diese Seite ab. So fühlte es sich auch beim Fliegen an. Ich versuchte, den Steuerknüppel ganz ruhig zu halten, aber irgendwie war das Flugzeug immer ein bisschen schief. Also zog ich den Steuerknüppel wieder einen Tick nach links. Zu viel! Also schnell wieder nach rechts. Das Flugzeug eierte. Jedes Mal, wenn ich meinen Steuerknüppel bewegte, sah ich, wie sich Booms wie von Geisterhand mitbewegte.
»Jetzt sind wir aber ein bisschen zu hoch«, warnte Boom. »Drücken Sie die Nase ein bisschen runter.« Ich schob den Steuerknüppel also nach vorn, und die Maschine begann zu taumeln. Daraufhin wollte ich ausgleichen und zog die Nase zu schnell wieder hoch. Irgendwann lagen wir wieder gerade. Völlig abwegiger Gedanke, dass ich in der Lage sein sollte, einen Luftkampf zu führen. Höchste Zeit, dass ich Boom das eröffnete.
»Äh, also, ich glaube nicht, dass ich irgendwelche Tricks ausführen oder über Kopf fliegen kann oder so was.«
Boom winkte ab. »Keine Sorge. Sobald Sie erst mal im Kampf sind, werden Sie es gar nicht merken, wenn Sie über Kopf fliegen.«
»Glauben Sie mir, das werde ich merken.«
»Ich möchte jetzt, dass Sie sich hinter Lenny bringen und üben, ihn ins Fadenkreuz zu nehmen. Während des Kampfes kann er überall sein, Sie werden ihn also nicht durch das Visier suchen, sondern irgendwo am Himmel. Dann manövrieren Sie Ihre Maschine hinter ihn und nehmen ihn ins Fadenkreuz.
Halten Sie immer Ausschau nach dem Feind«, fügte er hinzu. »Lassen Sie den Feind niemals aus den Augen. Wenn Sie ihn aus den Augen verlieren, verlieren Sie auch den
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