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Wer nichts riskiert, verpasst das Leben: Wie ich 365 Mal meine Angst überwand (German Edition)

Wer nichts riskiert, verpasst das Leben: Wie ich 365 Mal meine Angst überwand (German Edition)

Titel: Wer nichts riskiert, verpasst das Leben: Wie ich 365 Mal meine Angst überwand (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noelle Hancock
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gebaut und verliehen dem Ganzen ein Flair von kunterbuntem Durcheinander, als hätte der Architekt seiner fünfköpfigen multiplen Persönlichkeit freien Lauf gelassen.
    »Besucher hielten die Haustür immer für die Hintertür«, bemerkte unsere Führerin, während unsere zehnköpfige Gruppe über die Schwelle trat. Innen war das Haus mit Holz vertäfelt, was durch ein paar verglaste Vorbauten aufgelockert wurde.
    »Bei schönem Wetter begab sich Eleanor auf eine Schlafveranda im ersten Stock«, erläuterte unsere Führerin, »wo sie es genoss, einfach nur in den Sternenhimmel zu gucken.« Ich versuchte mir vorzustellen, wie sie auf dem Bett lag und in der frischen Morgenluft aufwachte (sie wachte jeden Morgen um acht Uhr auf, egal, wann sie zu Bett gegangen war). Doch wenn ich Wohnhäuser historischer Persönlichkeiten besichtigte, kann ich mir nie wirklich vorstellen, wie ihre berühmten Bewohner darin herumwirtschafteten.
    Die Zimmer waren wie Eleanor, einladend und ungezwungen. Das offizielle Schlafzimmer der First Lady bestand nur aus einem Doppelbett mit einem einfachen Überwurf, aber hier standen mehr Fotos und persönliche Gegenstände als im Schlafzimmer in Springwood. Nach Franklins Tod 1945 wurde Springwood der Regierung überlassen, und Eleanor zog sich nach Val-Kill zurück, wo sie weiterhin von Würdenträgern besucht wurde, die mit ihr im Wohnzimmer auf den gemütlichen Sesseln saßen und über Staatsangelegenheiten berieten.
    »Eleanor bewirtete hier Größen wie Winston Churchill und Gandhi«, sagte die Führerin, als wir uns vor dem zwanglos eingerichteten, abgesperrten Esszimmer drängten. »Das Servieren übernahm sie dabei oft selbst.« Außerdem schwamm Winston gern im Pool hinterm Haus, wobei er eine Zigarre rauchte – das machte ihn mir gleich noch sympathischer.
    Im Gegensatz zu Franklin, der sein Heim benutzte, um seine Hobbys zur Schau zu stellen, behängte Eleanor ihre Wände mit Fotos von Freunden und Verwandten, den Leuten, die sie im Laufe ihres Lebens kennengelernt hatte und die ihr wichtig waren. Neben ihren Enkeln hingen Staatssekretäre und ihre Sekretärin. Ihr Haus war völlig unprätentiös. Das Fernsehzimmer mit dem Fünfzigerjahre-Apparat und den Sesseln mit Armschonern diente gleichzeitig als Büro, wobei der Schreibtisch nur ein kleines Eckchen einnahm. Auf dem Namensschild stand ELANOR ROOSEVELT .
    »Wieso ist Eleanors Name falsch geschrieben?«, fragte eine bekannte Stimme. Der Familienvater, der sich schon in Franklins Haus zu Wort gemeldet hatte.
    »Das hat ihr ein kleiner Junge im Werkunterricht gemacht, und sie brachte es nicht übers Herz, ihm zu sagen, dass er ihren Namen falsch geschrieben hatte. Wenn Gäste sie fragten, warum sie es dann trotzdem so deutlich sichtbar aufhängte, antwortete sie: ›Für den Fall, dass er eines Tages zu Besuch kommt.‹«
    Sie hörte nie auf zu schreiben. Hier entwarf sie große Teile der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte , nachdem Truman sie zur US -Delegierten der Vereinten Nationen ernannt hatte. Als sie im Alter von achtundsiebzig Jahren an Knochenkrebs starb, arbeitete sie gerade an einem Buch: Tomorrow Is Now . Insgesamt schrieb sie siebentausenddreihundert Zeitungskolumnen und siebenundzwanzig Bücher. Eine derartige Produktivität überstieg mein Vorstellungsvermögen. Wenn ich mich nach meiner Heimkehr an den PC setzte und fünfzig Jahre nicht wieder aufstand, hätte ich wahrscheinlich immer noch nicht so viel geschrieben.
    Da das Haus so klein war, war die Führung viel kürzer als die in Springwood. Als Matt und ich wieder zum Parkplatz gingen, hakte ich ihn unter. Wir wussten zu genau, wie es sich anfühlt, in getrennten Haushalten zu leben. Nachdem Matts Vorgesetzte ihn vor zwei Jahren nach Albany versetzt hatten, war unsere Beziehung in eine Warteschleife geraten. Da er nicht in Manhattan lebte, mussten wir uns nicht mit der Frage auseinandersetzen, ob wir zusammenziehen wollten. Alles blieb genauso, wie es war, in der Zeit eingefroren wie Eleanors Haus. Aber wie lange konnten wir noch so weitermachen? Wie lange würde es dauern, bis sich auch eine emotionale Distanz zwischen uns einschlich? Was, wenn er zurückkam und wir auf einmal merkten, dass uns eine Teilzeitbeziehung angenehmer gewesen war?
    Am Ende kehrte Eleanor zu Franklin zurück. Sie wurde neben ihm und ihrem Hund Fala in Saras Rosengarten in Springwood beerdigt. Das Ehepaar hatte einen gemeinsamen Grabstein, einen bescheidenen, rechteckigen Stein,

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