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Wer nichts riskiert, verpasst das Leben: Wie ich 365 Mal meine Angst überwand (German Edition)

Wer nichts riskiert, verpasst das Leben: Wie ich 365 Mal meine Angst überwand (German Edition)

Titel: Wer nichts riskiert, verpasst das Leben: Wie ich 365 Mal meine Angst überwand (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noelle Hancock
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sollte wie damals, als er 1882 geboren wurde. Wir eilten weiter in seine geräumige Suite am Ende des Korridors. Das Schlafzimmer war nach seinem letzten Besuch, zwei Wochen vor seinem Tod, nicht mehr verändert worden. Das Telefon mit der Direktverbindung zum Weißen Haus stand immer noch erwartungsvoll auf dem Nachttischchen. Franklins Bücher und Zeitschriften lagen überall verstreut, wie er sie liegen gelassen hatte. Irgendwie ein unheimlicher Anblick, als würde man einen Tatort besichtigen. Ich versuchte mir vorzustellen, wie mein Zimmer wohl aussehen würde, wenn ich plötzlich sterben und Meg Führungen durch meine Wohnung veranstalten würde. (»Und hier sehen Sie auch noch genau den Abdruck ihres Hinterns auf dem Sofakissen …«)
    Als ich in Eleanors kleines Zimmer nebenan blickte, gab es nicht viel zu sehen. Die Kahlheit war bestürzend: nur eine Liege, nicht mal ein privates Badezimmer.
    Der dritte Stock war für die Öffentlichkeit gesperrt, also gingen Matt und ich auf die Veranda und bewunderten den Ausblick. Das Haus steht auf einem Hügel und erhebt sich stolz über das Grundstück mit seinen zweieinhalb Quadratkilometern. Dann gingen wir die Außentreppe hinunter und wieder zur Vorderfront des Hauses, wo Meg auf uns wartete. Eleanor hatte einmal gesagt, Franklins Polio sei »trotz allem eine glückliche Fügung, denn sie gab ihm Kraft und Mut, wie er sie vorher nie besessen hatte. Er musste über die wichtigen Dinge im Leben nachdenken und die wichtigste Lektion von allen lernen: unendliche Geduld und nie erlahmende Beharrlichkeit.«
    Als wollte Meg das noch einmal unterstreichen, bevor wir das Gelände wieder verließen, zeigte sie auf die langgezogene Auffahrt. »Wenn Sie wissen wollen, was nötig ist, um Präsident zu werden, denken Sie mal über Folgendes nach: FDR kam jeden Tag auf seinen Krücken hier raus und versuchte, die vierhundert Meter bis zur Hauptstraße zu gehen. Wenn er stürzte, blieb er bäuchlings auf der Straße liegen, bis zufällig jemand vorbeikam und ihm wieder aufhalf. Den kompletten Weg hat er nie geschafft, aber er hat es immer wieder versucht.«
    Die meisten aus unserer Gruppe gingen zurück zur Bibliothek, aber Matt und ich streiften durch den Garten und genossen die Spätherbstsonne.
    Nach ein paar Minuten blieb Matt stehen und sah sich um: »Wo geht es denn nun zu Eleanors Haus?«
    »Vielleicht sollten wir lieber fahren. Das ist vier Kilometer weit von hier.«
    »Vier Kilometer?«, wiederholte er, während wir zum Parkplatz gingen. »Na, das sagt ja viel.«
    Als Franklin Polio bekam, war er schon seit zehn Jahren politisch aktiv, als Senator und Staatssekretär im Marineministerium, und war einmal mit der Kandidatur als demokratischer Vizepräsident bei den Wahlen im Jahre 1920 gescheitert. Da er sich nicht mit seiner Lähmung abfinden wollte, verbrachte er in den Zwanzigerjahren viel Zeit mit Physiotherapie. Damit Franklin in dieser Zeit nicht von der politischen Bühne verschwand, musste Eleanor seine Beine und seine Stimme sein. Sie wurde aktiv in diversen Organisationen und hielt Reden. Als sie sich für die Frauengruppe der Demokratischen Partei meldete, freundete sie sich sehr eng mit den politischen Aktivistinnen Marion Dickerman und Nancy Cook an, die lange Jahre ein Liebespaar waren. Franklin mochte die beiden ebenfalls. Einmal, als die vier zusammen am Fall Kill Creek picknickten, schlug er vor, an dieser Stelle ein Cottage zu bauen, in dem die drei Frauen zusammenleben könnten.
    »Das ist ein bisschen …« Matt überlegte, während er den Buick auf die Hauptstraße lenkte. »… unorthodox, oder?«
    »Er wusste, dass sie sich Sara irgendwie entziehen musste. Ich schätze, er hatte die ständigen Spannungen in seinem Haus auch satt.«
    Er heuerte also einen Architekten an, und 1925 hatten die Frauen ein Natursteinhaus mit Blick auf den Creek. Franklin ließ sogar einen Damm konstruieren, der Wasser für einen Pool staute. Eleanor nannte Stone Cottage ihr »Liebesnest«. Die Frauen teilten sich alles, vom Badeanzug bis zum Lippenstift. Ihre Initialen – EMN – wurden auf Bettwäsche und Handtücher gestickt.
    »Ich kann reinen Gewissens behaupten, dass ich noch nie einen von meinen Kumpels angeschaut und mir gedacht habe: ›Komm, wir machen das jetzt offiziell auf unseren Frotteehandtüchern‹«, witzelte Matt.
    Ich erzählte ihm, wie die Frauen noch ein zweites Gebäude auf dem Grundstück errichten ließen, Val-Kill Cottage, in dem sie eine

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