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Wer nichts riskiert, verpasst das Leben: Wie ich 365 Mal meine Angst überwand (German Edition)

Wer nichts riskiert, verpasst das Leben: Wie ich 365 Mal meine Angst überwand (German Edition)

Titel: Wer nichts riskiert, verpasst das Leben: Wie ich 365 Mal meine Angst überwand (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noelle Hancock
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können. Im Laufe der Zeit dressierte ich meinen Körper darauf, Müdigkeit einfach zu ignorieren. Das war toll zum Lernen, aber weniger toll, wenn ich schlafen gehen musste. Schlaftabletten standen gar nicht zur Diskussion, weil ich sowieso nur vier, fünf Stunden statt der benötigten acht schlafen konnte. Außerdem hätte die Gesundheitsstation uns Studenten niemals Schlaftabletten verschrieben. Das fand ich irgendwie immer witzig, weil sie einem jedes Mal kostenlose Kondome mitgaben. Wenn man mit jemandem schlafen wollte, lieferten sie das nötige Zubehör, aber wenn man einfach nur schlafen wollte, war man auf sich allein gestellt.
    Als meine Zimmermitbewohnerin vorschlug, vor dem Schlafengehen ein entspannendes Gläschen Rotwein zu trinken, holte ich mir eine Flasche Merlot aus dem örtlichen Spirituosenladen, in dem man nicht nach dem Ausweis gefragt wurde. Später goss ich mir den Wein in ein Plastikglas, das ich aus dem Speisesaal hatte mitgehen lassen. Ich nahm ein paar Schlucke und verzog das Gesicht. Eklig. Ich hasste Wein. Ich ging zum Kaminsims, auf dem unsere Schnapsflaschen wie Trophäen aufgereiht standen, nahm mir den Jack Daniel’s und goss mir ein Schnapsglas voll ein. Am besten bringe ich’s schnell hinter mich, sagte ich mir und kippte es hastig hinunter. Schon nach wenigen Minuten spürte ich, wie mir der Alkohol verführerisch durch die Adern rann, sich mein Puls verlangsamte, und ich fiel in einen traumlosen Schlaf. Bald genehmigte ich mir jeden Abend vor dem Schlafengehen ein Glas Jack Daniel’s. Und als ein Glas nicht mehr reichte, trank ich eben ein zweites. In meinem letzten Jahr am College bestand mein Schlummertrunk aus zwei Schnapsgläsern Everclear, einem Korn, der mehr als doppelt so stark war wie der Whisky. Ja, er war sogar so stark, dass ich tags darauf einen rauen Hals hatte. Aber wenn ich vor dem Schlafengehen zwei Gläser Korn trank, kam ich mir nicht vor wie eine Figur aus einem Eugene-O’Neill-Drama, während es sich schon grenzwertiger angefühlt hätte, vier Gläser Whisky zu kippen.
    Nach meinem Studienabschluss zog ich nach New York, wo es mehr als genug Ärzte gab, die gerne bereit waren, mir Schlaftabletten zu verschreiben. Ich hörte auf, vor dem Schlafengehen Alkohol zu trinken, und hatte eine Reihe von Terminen in einem Zentrum für Schlafstörungen. Sie schlossen das Restless-Legs-Syndrom und Schlafapnoe aus. Körperlich gab es also keinen Grund, warum ich nicht in der Lage sein sollte zu schlafen. Irgendwann hatte mein Körper sich an die Tabletten gewöhnt, so wie vorher an den Alkohol. Selbst wenn ich eine Schlaftablette genommen hatte, wachte ich noch zehnmal in der Nacht auf. Also nahm ich eben eine halbe Tablette mehr. Als mein Körper darauf dann auch nicht mehr reagierte, legte ich noch eine halbe Tablette drauf und noch eine halbe …
    Sieben Jahre später war ich bei fünf Tabletten pro Nacht, und sogar Jessica zeigte sich besorgt: »Machen diese Tabletten eine Prinzessin aus dir? Denn mir fällt sonst keine Erklärung ein, warum jemand so viel Scheiße schlucken sollte. Sogar einen Blowjob könnte ich eher nachvollziehen.«
    »Es ist ja nicht gerade so, als wäre ich nahe an der Überdosis«, wehrte ich ab. »Für eine Überdosis braucht man vierzig Tabletten.«
    Wenn die Leute hörten, dass ich Klatschjournalistin war, witzelten sie manchmal: »Oh, wie können Sie denn nachts noch schlafen?« – »Mit Tabletten«, erwiderte ich dann lakonisch. Aber das war nur die eine Seite. Die Ärzte konnten einem laut Gesetz nur dreißig Schlaftabletten pro Monat verschreiben (weil das Zeug anscheinend eben doch süchtig macht!), sodass ich mein monatliches Rezept nach einer Woche schon ausgebraucht hatte. Also fing ich an zu schummeln, und irgendwann war ich bei zwei verschiedenen Marken Schlaftabletten, die ich in drei verschiedenen Apotheken holte und mir von vier verschiedenen Ärzten verschreiben ließ, um nachts irgendwie schlafen zu können. Natürlich ist so etwas illegal, und teuer ist es obendrein. Solange ich noch die Vorzüge einer betrieblichen Krankenkasse genoss, ging es noch, doch als ich dort nicht mehr versichert war, wechselte ich zu einer billigen Freiberufler-Krankenkasse, deren Politik bei der Kostenübernahme sich ungefähr mit »Vergiss es, Mädchen!« umschreiben ließ.
    Am folgenden Wochenende übernachtete Matt bei mir. Als ich aus dem Badezimmer kam, beäugte er misstrauisch mein Fläschchen mit den Schlaftabletten.
    »Das ist eine

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