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Wer nichts riskiert, verpasst das Leben: Wie ich 365 Mal meine Angst überwand (German Edition)

Wer nichts riskiert, verpasst das Leben: Wie ich 365 Mal meine Angst überwand (German Edition)

Titel: Wer nichts riskiert, verpasst das Leben: Wie ich 365 Mal meine Angst überwand (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noelle Hancock
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Stufe? Wenn ihr springt, müsst ihr zuerst aus dem Flugzeug da raufsteigen. Aber schaut nicht nach unten. Wenn die Leute nach unten schauen, flippen sie meistens aus. Schaut stattdessen auf den Propeller.«
    Auf den Propeller ?, dachte ich, als ich mich ins Flugzeug hievte. War das die beste Alternative, die ihnen einfiel? (»Wenn Sie merken sollten, dass Ihnen der Anblick des Erdbodens dreitausend Meter unter Ihnen zu schaffen macht, entspannen Sie sich einfach, indem Sie den Blick auf die rotierenden Blätter drei Meter neben sich richten.«)
    Wieder gab es keine Sitze, nur ein paar schlaffe Sicherheitsgurte, die am Boden befestigt waren. Ich kauerte mich auf meinem Platz mit dem Rücken zum Piloten. Timothy rollte sich direkt vor mir auf dem Boden zusammen. Wir waren so dicht beieinander, dass unsere Schienbeine gegeneinandergedrückt wurden. Ich saß Schulter an Schulter mit Sebastian, während Bill auf dem Boden neben dem Pilotensessel hockte, wo normalerweise der Copilot gesessen hätte. Man hatte ihn gewarnt, auf keinen Fall irgendwelche Schalter am Armaturenbrett anzufassen, sonst könnten wir nur zu leicht die nächste Zeitungsschlagzeile abgeben. Als ich aus dem Fenster zu meiner Rechten blickte, sah ich Chris und Jessica winken. Dann hoben wir ab und stiegen schwankend in die Lüfte.
    Ich wartete immer noch darauf, dass ich in Panik geriet. Dass ich anfing zu heulen und die Leute bat, doch noch umzukehren. Doch ich war schockierend gefasst, als ich in diesem winzigen Flugzeug hockte – mein drittes kleines Flugzeug in diesem Jahr –, obwohl ich doch wusste, dass ich gleich hier rausspringen würde. Angst schien irgendwie fast … sinnlos. Mir fiel Eleanors Erzählung ein, wie Franklin sie zu seiner Zeit als Staatssekretär im Marineministerium losgeschickt hatte, um Irrenhäuser zu besichtigen und ihm über die dortigen Verhältnisse Bericht zu erstatten.
    »›Das kann ich nicht‹, dachte ich. Geisteskrankheit jagte mir schreckliche Angst ein«, schrieb sie. »Dann wurde mir klar, dass ich die Frau des Staatssekretärs war. Es war mein Job, und den musste ich erledigen, ob ich nun wollte oder nicht.« Im Moment war Angst mein Job. Das war quasi der Arbeitsplatz, an dem ich mich jeden Tag einfinden musste, warum sollte ich mich also damit aufhalten, zu jammern und Widerstand zu leisten?
    »Wir sind schon 1500 Meter hoch«, rief Timothy über das Dröhnen der Motoren hinweg. »Jetzt dauert’s nicht mehr lang.«
    Es war ein windiger Tag, und das Flugzeug schlingerte wie leicht beschwipst, während der Pilot sich bemühte, uns gerade zu halten. Abgesehen vom Poppmobil kam mir dieses Flugzeug vor wie der unsicherste Part der ganzen Unternehmung. Bei einem besonders schwungvollen Absacken griff ich unwillkürlich nach Sebastians Knie. Und als wir eine Minute später kräftig nach rechts schlingerten, schlang ich meinen Arm gleich um sein ganzes Bein.
    »Mann, ich liebe dieses Mädel!«, krähte Sebastian, und alle lachten.
    Tatsächlich war ich jetzt richtig scharf auf den Skydive. Wenn ich bloß irgendwie aus diesem Flugzeug rauskam. Ich rief mir ins Gedächtnis, dass in zehn Minuten alles vorbei war, dann war ich wieder bei Chris und Jessica auf dem Boden.
    »Wir sind jetzt auf 2500 Meter«, informierte mich Timothy.
    Das war mein Stichwort. Ich drehte mich auf den Knien um, sodass er hinter mich rutschen und sich bei mir einhaken und die Gurte festziehen konnte. Bill manövrierte sich auf alle viere, wobei er panisch darauf achtete, ja keines der Instrumente am Armaturenbrett zu berühren. Als Sebastian sich über ihn lehnte, um sich festzuschnallen, tat er so, als würde er ihn heftig von hinten nehmen.
    »Ja, ja, ja !«, rief Sebastian bei jedem gespielten Stoß. »Das gefällt dir, was, Kumpel?«
    »Noch ungefähr dreißig Sekunden«, sagte Timothy. Er kauerte hinter mir auf den Zehenballen.
    Einfach atmen , sagte ich mir und erinnerte mich daran, was Dr. Bob mir einmal über das Verhalten in Angstsituationen gesagt hatte. »Wenn die Leute Angst haben, halten sie den Atem an«, sagte er. »Sie versuchen, sich von der Angst abzukapseln, aber das funktioniert nie. Ich möchte, dass Sie in die Angst hineinatmen. Tauchen Sie richtig darin ein. Beim Einatmen stellen Sie sich vor, wie Sie die ganze Angst in sich einsaugen.«
    »So, wir sind auf 3000 Meter!«, flötete Timothy fröhlich. »Jetzt geht’s dann mal los!«
    Bill und Sebastian sollten als Erste springen, weil sie näher an der Luke waren.

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