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Wer nichts riskiert, verpasst das Leben: Wie ich 365 Mal meine Angst überwand (German Edition)

Wer nichts riskiert, verpasst das Leben: Wie ich 365 Mal meine Angst überwand (German Edition)

Titel: Wer nichts riskiert, verpasst das Leben: Wie ich 365 Mal meine Angst überwand (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noelle Hancock
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Sebastian trat die Tür auf, und eiskalter Wind drang ins Flugzeug. Die beiden gingen vor dem gähnenden Loch in Position, wo eben noch die Tür gewesen war. Ein paar Strähnen von meinem Haar sprangen enthusiastisch in die Höhe, als wollten sie Bill zum Abschied winken. Sollte ich zuschauen, wenn sie hinaussprangen? Ich wusste nicht, ob das eine gute Idee war. Also drehte ich mich weg, schielte dann aber doch aus dem Augenwinkel hinüber. Letztlich konnte ich nicht widerstehen und drehte mich gerade noch rechtzeitig um, um zu sehen, wie Bill und Sebastian sich vorbeugten und mit beängstigender Geschwindigkeit aus dem Flugzeug gerissen wurden.
    »Jetzt wir! Los, los, los!«, drängte Timothy. Ich kroch auf den Knien zur Tür und zog ihn mit.
    »Okay, Noelle, jetzt den Fuß auf die Stufe!«, schrie er.
    Ich setzte meinen Fuß auf die Metallplatte, starrte nur auf meinen Schuh und blendete alles andere aus. Es hatte etwas sehr Beruhigendes, diesen Sneaker zu sehen, der auch 3000 Meter über dem Erdboden noch so vertraut war.
    »Gut!«, rief Timothy. »Und jetzt streck den Kopf raus! Ich zähl bis drei!«
    Ohne die Augen von meinem Schuh zu nehmen, streckte ich den Kopf in den Wind hinaus, der mir mit 150 km/h um die Ohren pfiff. Bei der Theoriestunde hatte mir Timothy erklärt, dass wir beim Countdown vor und zurück schaukeln würden, um uns dann auf Drei aus dem Flugzeug zu stürzen.
    »Eins!« Wir lehnten uns vor.
    »Zwei!« Wir lehnten uns zurück.
    »Drei!« Timothy ließ uns in den Himmel hinausrollen, und dann stürzten wir kopfüber mit einer Geschwindigkeit von 60 Metern in der Sekunde.
    In den ersten Augenblicken schossen mir zwei Dinge durch den Kopf. Erstens hatte mir jeder Skydiver erzählt: »Der Magen sackt einem nicht so weg wie in der Achterbahn. Man fühlt sich nicht so, als würde man fallen, es ist eher ein Schweben.« Mein erster Gedanke war also: Sie haben gelogen . Der Magen sackt einem sehr wohl weg. Zwar nur ein, zwei Sekunden, aber trotzdem. Das war der Erwähnung wert. Ich war auch ein bisschen böse auf Chris und Jessica, weil sie mich nicht vorgewarnt hatten. Und auch wenn ich mich nicht so fühlte, als würde ich mit 60 Metern pro Sekunde stürzen, war »Schweben« doch eine leichte Untertreibung. Ich spürte sehr deutlich, dass mein Körper auf die Erde zustürzte. Mein zweiter Gedanke war: Mein Gott, ist das hoch. Ich kann nicht glauben, dass ich zweimal so hoch über dem Meeresspiegel sein werde, wenn ich auf dem Gipfel des Kilimandscharo stehe .
    Dann konnte ich überhaupt nichts mehr denken. Meine Sinne waren so überstimuliert. Himmel und Erde drehten sich vor meinen Augen. Ich hatte keine Ahnung, wo Bill war. Das Geräusch des Windes war ohrenbetäubend, während ich durch die Luft stürzte. Der Wind verformte meine Wangen und Lippen zu einem idiotischen Grinsen, das wohl ziemlich gut widerspiegelte, wie ich mich gerade fühlte. Timothy drehte uns einmal rundum, damit ich einen 360-Grad-Ausblick bekam. Vorhin war es bedeckt gewesen, doch jetzt war der Himmel ganz klar, und zwischen den Wolken blitzte die Sonne hervor. In der Ferne konnte ich Fire Island und die Bucht funkeln sehen. Der Horizont war wie ein glühender Kreis, der mich umgab und einen blassen, fast ätherischen Lichtschimmer über die Erde warf. Keine Spur von dem kräftigen Waldgrün und tiefen Meeresblau, wie man es aus dem Flugzeugfenster sieht. Kein geometrisches Flickenmuster, das die Erde unterteilte. Es sah eher so aus, als wäre die Erde mit Pastellkreiden neu gemalt worden. Alles ging harmonisch ineinander über.
    »Wow«, keuchte ich immer wieder. An meinen Lippen zerrte der Wind so stark, dass ich kaum ein Wort bilden konnte. »Das. Ist. Wun. Der. Schön.«
    Als Timothy mich antippte, um mir zu signalisieren, dass er jetzt die Reißleine ziehen würde, konnte ich gar nicht glauben, dass die 45 Sekunden schon vergangen waren, sie waren mir eher wie fünf vorgekommen. Ich hatte mir Sorgen gemacht, dass es einen schmerzhaften Ruck geben würde, wenn der Fallschirm aufging, aber es war eher wie ein ganz leichter Zug von oben. Ein paar Sekunden lang hörte das Tosen des Windes auf, und ich war von der tiefsten Stille umgeben, die ich jemals erlebt hatte. Diese Ruhe war absolut. Wieder schnappte ich vor Ehrfurcht nach Luft. Dann kam das Geräusch des Fallschirms im Wind, und der Augenblick war wieder vorüber.
    »Was sagst du jetzt zu der Aussicht?«, fragte Timothy. Ich hatte schon fast vergessen, dass er da

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