Wer stiehlt schon Unterschenkel: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition)
Oder sagen Ihnen die Namen Spignow Andronelli, Albert Ping Me, Herbert Boone etwas?«
»Halt!« sagte Pike. »Boone? Wie ist sein zweiter Vorname, Ebenazer?«
»Hier steht nur ein E. Doktor Herbert E. Boone.«
»Ebenazer«, sagte Pike grübelnd. »Tatsächlich, ich hatte ihn schon völlig vergessen. Was ist mit ihm?«
»Keine Ahnung. Deshalb frage ich Sie.«
»Was mag aus ihm geworden sein? Wir haben zusammen studiert. Das heißt, er war ein paar Semester über mir, aber wir spielten beide in dem gleichen Basic-Ball-Team. Wenn es der ist, den Sie meinen. Ebenazer hatte dann einen Job bei der Regierung, an irgendeinem geheimen Institut. Danach war er eine Zeitlang Assistent bei Professor Hayfield. Erinnern Sie sich an Hayfield, den Wunderdoktor mit der Superspeed-Verjüngungsmethode, die sich wie alle anderen als Bluff und Geldschneiderei entpuppte?«
Timothy konnte sich nicht erinnern.
»Nun ja«, sagte Pike, »das ist bald zwanzig Jahre her. Und Sie hatten bestimmt nicht genug Geld, um sich bei Hayfield verarzten zu lassen. Seitdem habe ich von Ebenazer nichts mehr gehört. Warum fragen Sie?«
»Namen in alten Unterlagen faszinieren mich immer wieder.«
Kaum hatte Pike ihn verlassen, da entwickelte Timothy eine geradzu hektische Aktivität. Bei Josuah Trevers bestellte er Unterlagen über Modeärzte und Spezialkliniken; Napoleon bekam den Auftrag, die kompletten Zulassungslisten für alle Ärzte der gesamten Staaten aus den vergangenen zwanzig Jahren und darüber hinaus die zentrale Einwohnerdatei nach Hayfields und Boones zu überprüfen, außerdem Unterlagen über medizinische, biologische und zoologische Institute zu beschaffen, die sich mit Körperstrahlungen und Transplantationen und verwandten oder angrenzenden Gebieten befaßten.
»Wenn man keine Ahnung hat, wo der Hase im Pfeffer liegt«, brummte Timothy vor sich hin, »muß man halt mit Schrot in die Dunkelheit schießen.«
Dann rief er den Großen Bruder an und bat ihn herauszufinden, bei welchem Unternehmen und an welchem Thema Boone seinerzeit gearbeitet hatte, was daraus geworden und warum er von dort fortgegangen war.
»Warum interessierst du dich für ihn?« fragte der Große Bruder.
»Es könnte sein, er hat mit dem Dayton-Fall zu tun. Ein Boone gehörte zu dem Team, das seinerzeit die Identicat-Sicherung entwickelte.«
»Bist du sicher, daß es dieser war?«
»Ich bin nicht einmal sicher, ob überhaupt ein Boone mit meinem Fall zu tun hat. Es ist nur eine Intuition.«
»Bleib lieber im Bett und kurier dich aus.«
Als er sich endlich zur Ruhe legte, war der Tag herum und die Flasche leer, und Timothy stellte zu seiner größten Verblüffung fest, daß er nicht einmal angeheitert war. Er dachte schon daran, sich eine zweite Flasche zu holen, um diesem Phänomen auf den Grund zu gehen, verwarf den Gedanken aber wieder. Glatte Verschwendung, sagte er sich.
Der nächste Tag begann früh für Timothy. Der Große Bruder holte ihn um sechs aus dem Schlaf; kurz vor sieben, als Timothy gerade wieder eingeschlafen war, meldete sich Josuah Trevers. Timothy entschloß sich, nun auch gleich noch Napoleon abzufragen. Schriftlich. Nachdem er zwei Stunden mit ihm diskutiert hatte, begannen seine Augen derart zu brennen, daß ihm nichts anderes übrigblieb, als den Snarr wieder einzubauen und Napoleons arrogante Reden über sich ergehen zu lassen.
Nach dem Mittag bestellte er Smiley Hepburn zu sich. Er kochte einen extrastarken türkischen Mokka, den Smiley mit sichtlichem Wohlbehagen schlürfte. Timothy beteuerte ein paarmal, daß er ihn für den besten Rechercheur der Staaten halte und für den verschwiegensten dazu und für den teuersten leider auch. Er erreichte, daß Smiley versprach, sofort alles andere stehen- und liegenzulassen und für Timothy zu arbeiten, und das sogar zu einem Freundschaftspreis.
»Nur soweit es meine eigene Börse betrifft«, sagte Timothy dankbar. »Ich werde versuchen, soviel wie möglich auf die LIFELONG zu buchen. Bring ein paar frisierte Rechnungen mit, die Versicherungen leben schließlich auch nur von Betrug.«
Smiley legte die Liste, die Timothy ihm gegeben hatte, auf das Bett. »Bei wem soll ich beginnen?«
»Ich weiß es nicht, jeder könnte es sein. Ich verlasse mich ganz auf deine Nase.«
»Und wenn keiner der gesuchte Boone ist?«
Timothy antwortete nicht. Er lag mit geschlossenen Augen, die Hände wie zum Gebet gefaltet. Smiley störte ihn nicht. Da die Mokkakanne leer war, bediente er sich von der
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