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Wer stiehlt schon Unterschenkel: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition)

Titel: Wer stiehlt schon Unterschenkel: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gert Prokop
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»Medizinflasche«. Timothy testete gerade »King’s Label«.
    »Weißt du, Smiley«, sagte Timothy schließlich, »ich vertraue einfach darauf, daß einer der Richtige ist und daß er mit dem Dayton-Fall zu tun hat. Die ganze Sache ist derart verrückt, daß nur eine völlig absurde Lösung denkbar bleibt.«
    »Und die hast du gefunden?«
    »Vielleicht. Die Chancen stehen eins zu tausend.«
    Die nächsten Tage widmete Timothy ganz seiner Gesundheit. Er faulenzte, hörte Musik, ließ sich auf keine Gespräche mit Dayton, Armstrong oder Sniders ein, sondern bestätigte nur, daß er intensiv an dem Fall arbeitete, und fragte, ob seine Prämien eingeleitet seien – sie waren es.
    Für Daisy Dayton hatte er Zeit. Sie rief jeden Mittag an und hinterließ jedesmal einen glücklichen, versonnen lächelnden Timothy, der mit zusammengepreßten Lidern versuchte, ihr Bild so lange wie möglich festzuhalten. Timothy ließ sich viel vorlesen, ein langes Stück aus den »Pickwickiern«, seine Lieblingsstellen aus »Gullivers Reisen« und den gesamten »Tom Sawyer«. Er freute sich wieder einmal diebisch, daß es ihm gelungen war, sich die Aufzeichnungen dieser Bücher zu verschaffen und den Communicator als Vorleser einrüsten zu lassen.
    Doktor Pike war sehr zufrieden mit Timothy. Und mit sich. Es war ihm gelungen, das Virus zu isolieren, und nun, so versicherte er, würde sich auch bald eine Therapie finden.
    »Solange werde ich die Versuche mit meinen Hausmitteln fortsetzen«, sagte Timothy und bot Pike einen Schluck seiner Medizin an. Prophylaktisch. Falls der Doktor sich bei ihm angesteckt hätte.
    Da es ihm von Tag zu Tag besser ging, schlug Timothy dem Großen Bruder vor, sie wollten sich wieder nur noch im Bedarfsfall anrufen.
    »Da müßte ich mich jede Stunde melden«, antwortete der Große Bruder. »Oder hast du schon vergessen, wie bedürftig wir sind?«
    »Ganz im Gegenteil. Ich habe sogar schon eine Idee, wie wir zu Geld kommen können, zu sehr viel Geld.«
    5.
    Smiley meldete sich verblüffend schnell zurück. »Der in Süd-Kentucky ist es«, berichtete er. »Ein Glück, daß ich gleich bei ihm angefangen habe.« Er deutete dabei auf seine beeindruckend spitze und lange Nase. »In der Nähe von Southwark. Kennst du Southwark, Tiny? Ich hoffe, nicht. Ein Drecknest. Nur Bergbau, Titan- und Molybdänerze. Sie kratzen sie fast noch mit der Hand ’raus. Wie zu Urgroßvaters Zeiten. Das kommt sie billiger, hat mir der Chefingenieur erzählt, Leute gäbe es genug, Nigger und Digger – das ist da ihr Slogan –, weiße und schwarze Nigger, das Erz macht ihre Haut grünschwarz und faltig, daß man kaum den einen vom anderen unterscheiden kann. Und das Nest selbst – so muß das berüchtigte Klondike im Goldrausch ausgesehen haben, aber vielleicht haben sie es auch absichtlich so hingebaut, Saloons, Spielsäle –« Er sah Timothy erstaunt an.
    »Klondike ist gut«, kicherte der. »Sehr gut sogar.«
    Smiley schickte ihm einen verständnislosen Blick ins Bett. »Bitte weiter«, forderte Timothy ihn auf.
    »Dreißig Kilometer südlich liegt Boonesburg. Aufgemacht wie ein Westernfort –. Sag mal, Tiny, ist er etwa ein Nachkomme jenes legendären Daniel Boone, der mal Kentucky entdeckt hat?«
    »Keine Ahnung.«
    »Na, er tut zumindest so. Wachen in Trapperkleidung am Tor, Blockhäuser, Wachtturm, Palisadenzaun – ’ne richtige Festung. War gar nicht so leicht, da hineinzukommen.«
    »Du läßt dich doch sonst nicht von einem Zaun abschrecken.«
    »Die Palisaden sind wohl nur Show – oder daß die Kranken nicht abhauen. Das Gelände ist elektronisch gesichert, und nachts laufen Streifen mit Hunden draußen um den Zaun herum. Aber ich hatte schnell ’raus, daß der Turm nie besetzt war. Ich habe mich in der Dunkelheit aus ’nem Gleitjet auf den Turm abgeseilt. Und so auch wieder abholen lassen. Von da oben hatte ich ganz Boonesburg wie auf ’nem Tablett. Ich weiß ja nicht, was du suchst, Tiny, aber nach dem, was ich gesehen habe, ist es ein Crimematorium 5 wie andere auch, keine reine Sterbeklinik, dazu waren zuwenig Alte da, aber eine Menge Süchtige, die er in aller Stille zu heilen versucht oder denen er sterben hilft; dann hat er einen Trakt, den ich für ’ne Überlebenslangstrecke halte. Du weißt, was ich meine? Leute, die eigentlich schon tot sind, deren Körper aber künstlich am Leben erhalten werden, weil da irgendwelche Erbfragen eine Rolle spielen.«
    Timothy nickte.
    »Dann gibt es ein langes Blockhaus,

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