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Wer stirbt Palmen ... 1: Der Vater

Wer stirbt Palmen ... 1: Der Vater

Titel: Wer stirbt Palmen ... 1: Der Vater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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sein Leben wegwirft, muß er schon verdammt verzweifelt sein.
    Ich aber werde ins Meer springen müssen mit klarem Verstand, und davor zittere ich …
    Er nahm den Lappen von seinen Augen, setzte sich wieder auf, ergriff das Paddel und stieß den Einbaum durch das ruhige Meer. –
    Im Mondlicht sah er die Rückenflossen von vier Haien. Sie schwammen neben ihm her wie Schlepper, die ein Schiff in den Hafen ziehen. Als eine der Dreieckflossen in Griffnähe kam, schlug er mit dem Paddel zu. Der große Fisch machte eine elegante Wendung und schoß davon. »Du Mörder!« knurrte Bäcker. »Du gottverdammter Mörder! Ich werde Shirley bitten, er soll mich vorher töten und dann ins Meer werfen. Lebend zerreißt ihr mich nicht wie Vicky und die Kinder.«
    Er paddelte eine Stunde, nur um nicht grübelnd und allein mit seiner Angst in der Nacht zu sitzen, zog dann das Paddel ein und weckte Shirley, als er glaubte, seine zwei Stunden Wache seien vorüber.
    Shirley schüttelte sich wie ein nasser Hund. Er fror und schlug die Arme um seinen Körper. Als er Bäcker ansah, war sein Blick eisig. Eine glänzende Starrheit hatte seine Augen verwandelt.
    »Was ist?« fragte er frostig.
    »Ablösung, Paul.«
    »Lecken Sie mich am Arsch mit Ihrer Ablösung. Das Meer ist still, der Wind schläft … lassen Sie mich auch schlafen.«
    »Wie Sie wollen.«
    Shirley knurrte etwas Unverständliches, drückte den Kopf wieder an den Mast, umarmte den knorrigen Stamm und schlief rasch wieder ein. Er wachte erst auf, als sich das Meer blutrot vom Morgenrot färbte und rund um die Sonne der Himmel in einem grandiosen Violett strahlte, das schnell in Orange und Gelb überfloß. Im gleichen Augenblick, als sie die Sonne sahen, fiel auch die Hitze wieder über sie her.
    Ein weicher Wind hing in dem Segel, das Meer kräuselte sich, sie machten – verglichen mit den vergangenen Tagen – eine deutlich schnellere Fahrt. Shirley und Bäcker halfen mit den Paddeln nach. Am Stand der Sonne sahen sie, daß sie nach Südwesten trieben. Sie brauchten die Seekarte wirklich nicht mehr, um zu wissen, daß Sie sich immer weiter von den bewohnten Atollen entfernten.
    Anne verteilte frisches, saftiges Kokosfleisch. Sie hatte mit dem Beil eine Nuß gespalten und die Milch in einen Plastiksack geschüttet. Bald würde die Zeit kommen, wo ein einziger Schluck über Leben und Tod entscheiden würde.
    Shirley aß sein Nußfleisch wie ein Raubtier. Mit beiden Händen umklammerte er sein Kokosstück und hieb die Zähne in das weiße Fleisch. Es knisterte laut, als er kaute, und sein Hals zuckte heftig, wenn er es runterschluckte. Bäcker beobachtete ihn stumm. Ab und zu trafen sich seine und Annes Blicke. Sie verstanden sich.
    Er löst sich auf, dachten sie gleichzeitig. Er beginnt, den Menschen abzuwerfen. Was dann noch übrigbleibt von Shirley, war im Augenblick nicht denkbar, aber man würde es erleben.
    Die Sonne brannte. Der Wind, eine Stunde lang erwacht, schlief wieder ein. Auch er kapitulierte vor der Glut, die vom Himmel fiel. Bäcker tauchte sein Paddel wieder ins Meer. Selbst in der Sinnlosigkeit liegt noch ein Sinn: nicht kampflos untergehen!
    Die Haie umkreisten den Einbaum. Bäcker zählte zehn Rückenflossen. Die tödliche Anhänglichkeit der Fische war fast rührend.
    Shirley schien Bäckers Gedanken zu erraten; er zeigte auf die Haie.
    »Das nennt man Ausdauer! Sie geben nicht auf!« Er lachte, und es war wieder dieses böse, hämische Lachen. Er warf seine leere Kokosnußschale ins Wasser und klatschte in die Hände, als zwei silbern glitzernde Leiber zu ihr hinschnellten und ein schrecklicher Rachen aufklappte. »Fehlanzeige!« schrie er. »Die Fütterung erfolgt später, wird noch bekanntgegeben –«
    »Halten Sie das Maul, Shirley!« sagte Bäcker. »Paddeln Sie!«
    »Zu Befehl, Sir!« Shirley starrte Bäcker haßerfüllt an. Dann drehte er den Kopf zurück zu Anne. »Wie lange reicht das Wasser?«
    »Ich weiß es nicht. Der Kanister ist noch voll.«
    »Das sind zehn Liter«, sagte Bäcker. »Bei täglich einem halben Liter pro Person reicht das zusammen mit der Kokosnußmilch für gut neun Tage.«
    »Sieh an, sieh an, neun Tage!« Shirley stützte den Kopf in die Hände. Sein roter Bart hing ihm bis zum Brustbein. »Wenn man anders rechnet, könnten es auch vierzehn Tage werden …«
    »Sie sollen das Maul halten!« schrie Bäcker. Er machte eine heftige Bewegung, das Boot schwankte stark, und Anne stieß einen hellen Schrei aus, Shirley und Bäcker

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