Wer viel fragt
bitte?«
Sie schaute in den Umschlag.
»Wofür?«
»Vielleicht für
eine Kaution. Ich hab sie erst bekommen, als die Bank schon geschlossen
hatte, und es ist mir zu gefährlich, mit soviel Geld durch die Straßen
zu laufen.« Sie wußte, daß ich meinte: zu gefährlich,
falls ich verhaftet wurde.
»Rechnest du mit
Schwierigkeiten?«
»Nein, aber man sollte
immer auf alles gefaßt sein.« Das junge Paar gurrte und
gluckste. Sie hatten ein Freispiel gewonnen.
»In Ordnung, Junge.
Aber paß auf dich auf.«
»Ja, Ma.« Ich
gehe nicht oft zu Ma, nur um zu essen, aber wenn es mal passiert, dann
komme ich mir immer wie ein Polizist vor. Ich gehe, ohne zu zahlen.
10
Die Praxis von Dr. Fishman
erwies sich als ein moderner, ziemlich kleiner, eingeschossiger Bau an der
Hundertsten Straße in der Nähe des Nora-Einkaufscenters. Die nördlichen
Vororte von Indianapolis haben sich inzwischen bis zum Nora ausgedehnt.
Ich fuhr an dem Praxisbau
vorbei nach Westen und bog in das Einkaufszentrum ein. Jetzt am Abend
bestand das Problem nicht darin, einen Parkplatz zu bekommen, sondern den
Wagen so zwischen anderen abzustellen, daß er nicht allein übrigblieb,
wenn die Läden schlossen. Wenn ich zu lange aufgehalten würde, fände
ich mein Auto zwangsläufig nackt auf einem Präsentierteller aus
Asphalt vor. Und Streifenpolizisten haben ein Auge für so was, vor
allem, wenn sie ihre Runde schon eine Weile machen und wissen, welche
Wagen dem Personal der Geschäfte gehören. Und für eine
Verhaftung bekommt so ein Wachtmeister Pluspunkte, die für die Beförderung
zählen. Ich möchte mich eigentlich nicht unbedingt zum Pluspunkt
dieser Nacht mausern. Obwohl es auch keine Katastrophe wäre, erwischt
zu werden. Ich habe Freunde, die mich aus kleinen Schwierigkeiten befreien
können. Aber das Leben ist so viel einfacher, wenn man sich bei
seinen illegalen Aktivitäten gar nicht erst ertappen läßt.
Polizisten - außer den paar, die ich ganz gut kenne, wie zum
Beispiel Jerry Miller, mit dem ich zusammen zur High School gegangen bin -
sind in erster Linie Fremde, die Pistolen bei sich tragen.
Und ich mag keine Pistolen.
Ich selbst trage auch keine. Ich habe einmal auf einen Mann geschossen,
als ich 1957 für die Wachgesellschaft Tomgrove arbeitete. Ich hatte
damals die Nase ziemlich voll von denen - nach dreieinhalb Jahren-, und
ich war noch jung und dumm. Sie sagten mir dort, ich solle eine Pistole
tragen, also tat ich es.
Ich war beauftragt, einen
Mann dingfest zu machen, der nachts etwas von einer Baustelle geklaut
hatte. Als ich ihn stellte, schlug er mir ins Gesicht - mit einem
Holzbrett. Aber nicht kräftig genug, um mich außer Gefecht zu
setzen. Also habe ich ihm eine verpaßt. Er war nicht tot, aber tot
genug, um irgend etwas in mir sterben zu lassen. Ich kam zu dem Schluß,
daß von den verschiedenen Geschäften des NoraEinkaufszentrums
der Drugstore wahrscheinlich am längsten geöffnet sein würde.
Es dauerte zehn Minuten, bis ich endlich auf einem Parkplatz direkt davor
stand und meine Ausrüstung ausladen konnte. Fotoapparat,
Elektronenblitz, Handschuhe, Taschenlampe, ein paar einfache Haken und
mein kleiner Dreibeinstuhl, an dem ein dünnes Seil befestigt war.
Dann machte ich mich auf den Weg über den dunklen Parkplatz hinüber
zu der Praxis.
Ich ging auf die Rückfront
zu. Ich war ziemlich zuversichtlich. Die Praxis machte nicht den Eindruck,
als gingen dort die verschiedensten Arten von Drogenabhängigen ein
und aus; wahrscheinlich lagerten auch keine ansehnlicheren Vorräte
von Drogen in den Giftschränken, die Begehrlichkeiten wecken konnten.
Die Frage war jetzt, welche
Art von Sicherheitsvorkehrungen Fishman für erforderlich gehalten
hatte. Meine Kenntnisse der verschiedenen Alarmsysteme waren solide, aber
nicht mehr ganz auf dem neuesten Stand. Ich hatte recht gut Bescheid gewußt,
solange ich noch als Wachmann tätig war, aber wenn ich es hier mit
einem dieser technikbegeisterten, vorstädtischen Apparatemediziner zu
tun hatte, dann standen mir Schwierigkeiten bevor.
Während ich innerlich
schon zusammenschrumpfte, nahm ich die Fenster an der Rückseite des
Gebäudes in Augenschein. Ich entschied mich für eines, das ich für
ein Toilettenfenster hielt es saß höher als die anderen.
Mir kam zugute, daß das
Haus so viele Fenster hatte. Eine Alarmanlage, die sie allesamt
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