Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wer viel fragt

Wer viel fragt

Titel: Wer viel fragt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Z. Lewin
Vom Netzwerk:
dann habe ich
     Leander geheiratet. Er ist ein guter Mann, ein wunderbarer Mann. Ich
     glaube, wenn er sich von mir trennen würde, würde ich sterben.«
    »Gibt es denn
     irgendeinen Grund zu der Annahme, daß er sich von Ihnen trennen könnte?«
     Andere hätten mich für eine solche Frage hinausgeworfen. Sie
     dagegen antwortete mir mit einem Lächeln, das ihrem Gesicht ein
     ernstes Aussehen verlieh. »Nun, man weiß ja nie, wie das Leben
     spielt, oder?«
    »Das ist wohl wahr. Ich
     habe gehört, daß Sie kürzlich eine Fehlgeburt hatten. Das
     tut mir leid.«
    Ihr Gesicht blieb ernst.
     »Es war nicht ganz so schlimm, außer für meinen Mann. Er
     hat sich so sehr weitere Kinder gewünscht.
    Wirklich sehr. Aber das
     Risiko einer Fehlgeburt ist eben hoch bei einer Frau über dreißig.«
     Sagen wir vierzig.
    Sie fuhr fort: »Es
     waren Zwillinge.« Ein tapferes Lächeln. »In letzter Zeit…«,
     sie hielt kurz inne, »… jedenfalls habe ich allerlei an
     Krankheiten mitgemacht. Und auch psychisch ging es mir schlecht. Ich war
     wirklich völlig hypo… dingsbums…«
    »… chondrisch?«
     schlug ich vor.
    »Richtig. Genau das.
     ›Eine Zigarre für den Herrn. Man bringe dem Herrn eine
     Zigarre!‹ Wieso wissen Sie davon?« Sie stellte die Frage
     nicht mit der Härte einer Frau, die nichts von sich preisgeben will.
     Ich hätte ihr sagen können, daß sie es mir gerade erzählt
     hatte. Statt dessen erwiderte ich: »Ich habe mit einer Frau
     gesprochen, die früher für Ihren Vater gearbeitet hat.
    Mit einer Mrs. Forebush.«
    Jäher Stimmungswechsel.
     Von überschwenglicher Kumpelhaftigkeit zu mißtrauischer
     Aufmerksamkeit. »Und was hat die Ihnen erzählt?« Ich war
     auf den Umschwung nicht vorbereitet. Ich hatte keine Zeit, auf die Nuancen
     zu achten.
    »Eigentlich nicht mehr,
     als Sie selbst mir gerade erzählt haben.«
    Das Mißtrauen blieb.
     »Und hat sie Ihnen auch erzählt, daß sie alles ihr Mögliche
     getan hat, um meinen Vater dazu zu bringen, sie zu heiraten? Hat sie Ihnen
     das erzählt, Herr Zeitungsfritze?«
    »Nein, das hat sie
     nicht.«
    »Und hat sie Ihnen erzählt,
     daß sie nie verheiratet war und daß sie sich nur Mrs. nennt,
     weil sie eine Tochter hatte? Und daß ihre Tochter starb, was ihr nur
     recht geschah? Hat sie Ihnen das erzählt?«
    »Nein.«
    »So.« Dieses Wort
     kündigte das Finale an. Sie lehnte sich zurück, um Raum zu
     schaffen für den folgenden Wortschwall.
    »Also, eins muß
     man Papa lassen, er hatte eine untrügliche Menschenkenntnis. Die
     sogenannte Mrs. Forebush hielt seinen Ansprüchen nicht stand. Wissen
     Sie, daß sie, während Papa im Sterben lag, die Frechheit hatte
     vorzuschlagen…«
    Aber ich hatte nicht mehr die
     Gelegenheit zu erfahren, was Mrs. Forebush die Frechheit hatte
     vorzuschlagen, und auch nicht mehr die Chance, mich zu entschließen,
     all meinen Mut zusammenzunehmen und die Frage zu stellen, die mich
     eigentlich interessierte.
    Ein gepflegter, kahlköpfiger
     Herr stand in der Tür, ungefähr eins siebzig groß, in
     einem modisch geschnittenen Anzug, der ihm genauso gut stand wie seine
     Armeeuniform auf den Fotos.
    Die Fotos hatten ihn nicht
     entstellt, ihm eher etwas geschmeichelt. Kein gutaussehender Mann, aber
     ein Mann mit Haltung und Ausstrahlung.
    Mitten in ihrer Rede
     ermattete Fleur. Sie sprang von der Couch auf und ging an mir vorbei zu
     einer Tür in der Wand zu meiner Rechten. Und verschwand dahinter. Während
     sie die Tür hinter sich schloß, wandte ich meine Aufmerksamkeit
     wieder der anderen Hälfte des Raumes zu. Dort stand Leander Crystal.
    »Wer sind Sie?«
     Angespannte, herausfordernde Haltung, aber Feindseligkeit nur im Blick,
     nicht in der Stimme. Er tat nichts anderes, als sich einer notwendigen
     Aufgabe zu stellen, als ein Problem zu lösen. Während er sprach,
     formten sich Falten über Falten auf seiner Stirn und verschwanden
     wieder. Es war faszinierend, ihm zuzusehen. Aber seiner Stimme nach zu
     schließen, war es mit dem zusehen nicht getan. Ich erzählte ihm
     also von dem Zeitungsartikel.
    »Bitte nennen Sie mir
     irgend jemanden bei der Zeitung, von dem ich mir bestätigen lassen
     kann, was Sie sagen.« Ich nannte ihm Maudes Namen und Stellung und hätte
     ihm auch ihre Telefonnummer gegeben, aber er unterbrach mich, weil er die
     Nummer selbst aus dem Telefonbuch heraussuchen wollte. Ein mißtrauischer
     Bursche. Ich hätte ihm natürlich ihren gewöhnlichen Büroanschluß
    

Weitere Kostenlose Bücher