Wer viel fragt
seine Frau geschwängert hatte.
Um elf Uhr dreißig kam
er heraus. Ohne Aktenmappe.
Natürlich hatte er auch
keine gehabt, als er hineinging. In die Garage, das Auto holen. Ich war
froh, daß wir jetzt ein wenig herumfahren würden.
Crystal war ein geduldiger
und höflicher Fahrer. Er fuhr in Richtung Norden, und eine Zeitlang
dachte ich, er ginge zum Mittagessen nach Hause. Nicht gerade typisch für
einen Geschäftsmann aus Indianapolis, aber als Millionär genießt
man eben gewisse Privilegien.
Aber dann ging es nicht mehr
nach Norden, sondern nach Nordwesten und schließlich zum Broadland
Country Club.
Nicht die Gegend dort, an die
ich Kindheitserinnerungen hätte.
Mit diskretem Abstand folgte
ich ihm auf den Parkplatz. Ich stellte den Wagen so weit wie möglich
von seinem entfernt ab.
Es gibt dort keine Wachen und
niemanden, dem man seinen Mitgliedsausweis zeigen müßte, aber
einen Parkplatzwächter haben sie. Nach einer Weile kam er rüber,
um mir das Leben schwerzumachen. Ich erklärte ihm, daß ich auf
meine Schwägerin wartete, die nach dem Schwimmen dort zu Mittag aß.
Er kaufte es mir ab. Fürs erste wenigstens.
Normalerweise wäre ich
ein bißchen herumgeschlendert, da ich bisher noch nie einen Country
Club in Indianapolis mit denen verglichen hatte, von denen ich im Osten
umworben worden war. Aber ich wollte das Risiko, Crystal zu verpassen,
wenn er rauskam, möglichst gering halten. Gegen zwölf Uhr
vierzig fuhr ich auf die Hauptstraße zurück.
Nachdem ich am Straßenrand
bis ein Uhr zwanzig gewartet hatte, war ich einigermaßen sicher, daß
da mehr als ein Mittagessen im Gange war. Das bedeutete Saufen, Baden,
Schwimmen, Golf, Karten oder Nutten. Ich blieb, wo ich war.
Das war der härteste
Teil des Tages. Ich stellte fest, daß ich eins der Bücher, die
ich mir am Vorabend eingepackt hatte, bereits kannte.
Er hätte mich fast
bemerkt. Der Wagen stand ungefähr fünfhundert Meter vom Tor des
Country Clubs entfernt am Straßenrand. Eine sichere Entfernung. Aber
nur ungefähr zehn Meter von einem Abschlag entfernt. Wenn mir das
klar gewesen wäre, hätte ich ihn vielleicht darauf zukommen
sehen. So aber entdeckte ich ihn erst mitten in seinem Schlag. Purer
Zufall.
Und purer Leichtsinn. Man muß
immer wissen, wo man sich selbst und wo sich das Ziel der Beobachtung
befindet, wenn man jemanden auch nur halbwegs professionell beschatten
will.
Statt dessen hörte ich
das Sausen eines Übungsschlags und blickte gerade rechtzeitig nach
links, um den Mann in voller Aktion zu sehen. Sein Gang und sein Auftreten
daheim mochten ja ganz schön sein, ließen aber von seiner tatsächlichen
Eleganz und Beweglichkeit nichts ahnen. Es war ein echtes Vergnügen,
ihn zu beobachten. jedenfalls ,die eine Sekunde lang, die mir zur
Beobachtung blieb. Noch während mir diese Gedanken durch den Kopf
gingen, ließ ich mich tief in den Fahrersitz sinken und wartete -
allzu lange -, um absolut sicher zu sein, daß er weggegangen war.
Bei dieser Art von
Beschattung ›auf Verdacht‹ - wenn man nur feststellen will,
was jemand mit seiner Zeit anfängt - ist es von größter
Wichtigkeit, daß der Betreffende nicht weiß, daß man da
ist. Die bloße Kenntnis meiner Gegenwart würde schon ändern,
was er tut. Das ist das grundsätzliche wissenschaftliche Problem. Phänomene
zu beobachten, ohne diese Phänomene zu beeinflussen. Es ist das
Problem, das die grundsätzlichen Grenzen des Beobachtens setzt.
Es gibt noch andere Arten der
Beschattung. Manchmal strengt man sich gewaltig an, damit ein Bursche auch
wirklich weiß, daß man ihn beschattet. Bei Scheidungssachen
zum Beispiel kriegt man manchmal nicht ohne weiteres raus, wo es einer mit
seiner Zweitfrau treibt. Also läßt man ihn wissen, daß
man ihm folgt, und wartet dann ab, welchen Ort er meidet. Falls der
Bursche helle genug ist, um zu bemerken, daß er verfolgt wird.
Bei einer Beschattung hat man
jede Menge Zeit, über das Beschatten im allgemeinen nachzudenken.
Gegen drei Uhr fünfzehn
war ich dem Heulen nahe, so langweilig war es. Mein Eis war geschmolzen,
meine Salami stank. Ich hörte immer wieder dieselben Nachrichten und
dieselbe Musik. Ich war nicht in Stimmung, darüber zu spekulieren,
was mein Ziel gerade tat oder mit wessen Hilfe ich demnächst dem
Country Club mal einen Besuch abstatten konnte. Ich schätze,
Beschattungen
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