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Wer viel fragt

Wer viel fragt

Titel: Wer viel fragt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Z. Lewin
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geworden sein mußte, ohne selbst davon zu wissen,
     das heißt, ohne sich des Geschlechtsaktes im Augenblick seines
     Vollzuges und kurz danach bewußt gewesen zu sein. Fleur mußte
     also irgendwie und irgendwo bewußtlos geschlagen oder unter Drogen
     gesetzt worden sein (zufällig oder mit Absicht) und in diesem Zustand
     sanft vergewaltigt worden sein. Danach kommt sie mit so starken
     Kopfschmerzen wieder zu sich, daß sie die anderen Symptome nicht
     bemerkt.
    Das mochte zwar denkbar sein,
     schien aber mit allem, was sonst bekannt war, schwer vereinbar. Vor allem
     nicht mit Leander. Wo bleibt denn der werte Ehemann, während all das
     passiert? Treibt er sich aushäusig herum? Liegt er, ebenfalls bewußtlos
     geschlagen, neben ihr?
    Alles in allem war das viel
     zu phantastisch, als daß ich es lediglich aufgrund des Ausschlusses
     anderer Möglichkeiten annehmen konnte.
    Womit ich wieder am
     Ausgangspunkt war: eine Affäre oder eine bewußt erlebte
     Vergewaltigung.
    Die Wahrscheinlichkeit für
     eine Affäre belief sich auf eins zu eine Million - nach Einschätzung
     von Florence, ihres Zeichens Landpomeranze aus Indiana. Ich teilte ihre
     Einschätzung, nachdem ich Fleur kennengelernt hatte. Sie war zwar
     attraktiv, aber was sie antrieb, hatte mit Sinnlichkeit nichts zu tun. Sie
     suchte Liebe, aber eine Art liebe, in der Sex keine Rolle spielt.
    Also Vergewaltigung. Das kann
     jeder Frau passieren, nehme ich an. Die entscheidende Frage dabei war
     nicht, ob es passiert sein konnte, sondern wie Leander darauf reagiert hätte.
    Was wußte ich also von
     Leander Crystal? Hätte er ein Kind als sein eigenes aufgezogen, von
     dem er wußte, daß es von einem anderen Mann sein konnte?
    Der Mann aus Ames, Iowa,
     sagte nein. Der Weltkriegsheld sagte nein. Estes Grahams »Schwiegersohn«,
     der einen auf der Geburtstagsparty mit Alkohol ertappten Reporter
     hinauswarf, sagte nein. Mrs. Forebush sagte nein. Und der Mann, der Fleurs
     Anteil am Nachlaß ihres Vaters wieder in die
     Zehn-MillionenDollar-Klasse gebracht hatte, sagte: »Nur, wenn damit
     etwas zu verdienen ist.«
    Etwas zu verdienen. So wie
     die fast zwei Millionen, mit denen er herumspielen konnte. Also war Eloise
     für ihn knapp zwei Millionen Dollar wert.
    Der Gedanke faszinierte mich.
     Der glatzköpfige Mann mit der faltigen Stirn, der mich auf höflichste
     Weise aus seinem Haus komplimentiert hatte. Der übermächtige,
     treusorgende Vater.
    Verkaufte das Fleisch seiner
     Frau um des guten, alten, uramerikanischen Profitstrebens willen.
    Die Jahreszahlen aus meinem
     Notizbuch sprangen mich regelrecht an. Heirat 1949. Erstes Kind 1954.
     Bedeutete das vier Jahre, bis sie begriffen hatten, daß es nicht
     klappte? Fleur war zuletzt zur Feststellung ihrer Fruchtbarkeit bei Dr.
     Fishman gewesen, und sie hatte diese Untersuchung abgebrochen.
    Vielleicht hatten ähnliche
     Untersuchungen auch bei Leander angestellt werden sollen. Vielleicht aus
     Angst vor den Resultaten war er vom Hausarzt, von Estes' Arzt, zu einem
     anderen gewechselt, zu jemandem, bei dem das Geheimnis besser aufgehoben
     war?
    Und dann? Nach einigen Tests
     mit unbekanntem Ausgang auf nach Europa, angeblich zum Zweck, »Joshis
     Grab zu besuchen«.
    Wie lange hätten sie
     dazu gebraucht? Fast sieben Monate?
    Und was geschah dort? Leander
     sorgt dafür, daß irgend jemand seiner Frau ein Kind macht.
     Entspricht nicht ganz bürgerlichprotestantischer Moral, zeigt aber
     eine kerngesunde Profitorientierung.
    Und es verlangte nur eine
     einfache Voraussetzung. Daß nämlich Leander und Fleur die
     Klausel in Estes' Testament kannten. Der Rest ergab sich von allein. Von
     Vergewaltigung keine Spur. Fleurs extreme Hingabe an ihren Mann konnte so
     asexuell sein, daß sie ihr jede sexuelle Aktivität gestattete.
       
    Ich verordnete mir eine Pause
     in meiner tagesfüllenden Tätigkeit. Ich hatte mich
     vergaloppiert. War viel zu übereilt vorgegangen.
    Meine Theorie war unhaltbar.
     Das Fundament, das sie trug, zerstörte sie gleichzeitig. Fleurs jüngste
     Fehlgeburt. Man mußte sicher davon ausgehen, daß Leander der
     Vater dieser Zwillinge war. Aber auch das müßte erst noch bestätigt
     werden.        
    Eins jedenfalls wurde mir
     mehr als klar. Ich wußte nicht viel über Leander Crystal, und
     es wurde Zeit, daran etwas zu ändern.
    Noch vor dem Zubettgehen traf
     ich Vorbereitungen, um genau das zu tun.

18
    Der Wecker klingelte um fünf
     Uhr dreißig. Ich

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