Wer viel fragt
anfordern.«
»Vielleicht kriege ich
einen Betrug für dich. Und alles, was ich kriege, gehört dir.«
»Du führst mich
wirklich in Versuchung.« Er seufzte. »Wie dem auch sei, es
wird auf jeden Fall interessant festzustellen, ob irgend jemand überhaupt
merkt, worum ich da bitte.«
»Und ich brauche auch
die Filme, die ich heute nacht verschossen habe.«
»Dachte ich mir schon.
Kannst du nicht kriegen.«
»Ich muß sie
haben.«
»Ich werde sehen, was
sich machen läßt. Aber verlaß dich nicht zu fest darauf.«
Ich ging still und leise von
dannen. Zu meinem nächtlichen Ruhelager.
Gegen ein Uhr morgens tätigte
ich den mir zustehenden Anruf. Ein Privileg, das mir Taube Nuß, der
Diensthabende, schließlich und endlich gewährte. Ich war
langsam ziemlich sauer. Miller hatte mich identifiziert, aber seine
Schicht war kurz nach Mitternacht zu Ende. Man hatte mich nicht bei
irgendwelchen Gewalttätigkeiten erwischt. Ich dachte, sie könnten
mich aufgrund einer schriftlichen Verpflichtung meinerseits entlassen.
Taube Nuß ließ sich auf nichts ein.
Wie um sein offensichtliches
Unvermögen, mir zu vertrauen obwohl Miller sich für mich verbürgt
hatte -, wettzumachen, kam Nüßchen wohl zu dem Schluß,
das ich mit einem einzigen Telefonanruf der Gesellschaft kaum dauerhaften
Schaden zufügen konnte. Also gab er mir sein Telefon. Ist ihm
wirklich sauer angekommen, das muß ich sagen. Er wollte mich nicht
gehen sehen.
Womit ich ein Problem am Hals
hatte. Ich konnte mich auf die Kaution am Morgen verlassen, aber ich
konnte von meiner Mutter wohl kaum erwarten, daß sie mitten in der
Nacht zum Kittchen gerannt kam. Wenn ein Kind siebenunddreißig ist,
kennt die Mutterliebe gewisse Grenzen.
Ich konnte meinen Anwalt
anrufen, aber ich hatte ihm nichts zu sagen, was nicht warten konnte.
Also beschloß ich, die
nächtliche Gastfreundschaft der Stadt anzunehmen. Die
Kautionssheriffs kann ich ohnehin nicht riechen, genausowenig wie ihre
zehn Prozent Provision, die ich sowieso nicht dabeihatte.
Womit mir immer noch ein
Telefongespräch zustand, das ich, so wahr ich Albert Samson hieß,
nicht verschwenden würde. Ich beschloß, es auf mein
zweitwichtigstes Bedürfnis zu verwenden - die Nächte im Gefängnis
sind ziemlich lang.
»Haben Sie ein
Telefonbuch?« fragte ich meinen fröhlichen Cop.
»Scheiße«,
sagte er, »Sie meinen, so'n schräger Vo gel wie Sie kennt nicht
mal die Telefonnummer seines Sprachrohrs auswendig?«
Schaudernd nahm ich das
Telefonbuch in Empfang. Seine Ausdrucksweise hatte was. Ein alter
Kinoausdruck wie ›Sprachrohr‹ in unmittelbarer Nähe
eines rührenden Erstkläßlerworts wie ›auswendig‹.
Ich schlug das Telefonbuch
auf. Das Polizeirevier und das Gefängnis gegenüber, auf der
anderen Straßenseite, liegen in meinem Territorium. Ich kann von zu
Hause aus zu Fuß hin. Ich kenne mich hier aus. Ich suchte die Nummer
des von mir bevorzugten, die ganze Nacht geöffneten Hähnchengrills,
wählte und holte tief Luft.
»Würden Sie bitte
ein ganzes Hähnchen und eine Portion Pommes frites ins Stadtgefängnis
liefern? Die Bestellung geht auf den Namen Duck, D. Duck.«
Das gab Nüßchen
endgültig den Rest. Er schlug mir mit dem Handrücken ins
Gesicht; er warf mir den Blick zu, der eigens für Leute reserviert
war, die sein Telefon schänden.
Ich lachte innerlich, lachte
den ganzen Weg hinüber auf die andere Straßenseite.
Das Gefängnis ist nicht
direkt ein gemütlicher Ort, aber wenn man weiß, was einen
erwartet, und wenn man ein gewisses Maß emotionaler Reserven hat, können
einem ein oder zwei Nächte nicht viel anhaben. Ich würde Ihnen
empfehlen, so viel zu schlafen wie möglich. Das ist zweifellos die
schnellste Art und Weise, die Zeit rumzukriegen.
Es war zwar nicht direkt das
erste Mal, daß ich im Gefängnis von Indianapolis landete. Aber
ich war lange nicht mehr dagewesen. Es hatte sich nicht im mindesten verändert.
Sie müßten da wirklich noch mal einen Dekorateur verhaften.
Mein Hähnchen habe ich
übrigens nie bekommen.
21
Miller kam eigens wegen mir
um halb elf auf einen Sprung vorbei. Das war das Netteste, was jemand seit
einer ganzen Weile für mich getan hatte. Es bedeutete, daß er
mich nicht vergessen hatte.
Er ist in der High School mit
mir in die gleiche Klasse gegangen. Aber ich habe ihn erst gegen Ende des
Sommers nach unserem
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