Wer viel fragt
woran ich arbeitete. Sie
konnte nicht viel hinzufügen, außer daß sie am 14.
September 1954 eingezogen war und der Vormieter vieles zurückgelassen
hatte. Viel nicht, falls es die gesamte Ausstattung des Hauses gewesen
sein sollte, aber viel dafür, daß er es einfach zurückgelassen
hatte. Betten, und zwar jeweils eins in zweien der Zimmer, ein paar Möbel,
Essen, Töpfe und Pfannen, Geschirr, Besteck, Laken und Bettzeug.
Es klang stark nach der Liste
der Dinge, die Leander nach dem Ankauf des Hauses hergebracht hatte.
»Was haben Sie damit
angefangen?« fragte ich sie. »Ich habe den ganzen Kram
weggegeben. Der Heilsarmee. Bevor er ging, hat Mr. Crystal mir noch
gesagt, daß ich mit dem Zeug machen könne, was ich wolle, daß
es mir gehöre. Und weggeben war genau das, was ich damit machen
wollte.«
»Und das Ausländeramt
hat sich nur nach dem Mädchen erkundigt?«
»Ja.«
»Ich habe mit Ihrem
Nachbarn auf der anderen Seite der Gasse gesprochen.«
»Der alte Mann. Sitzt
den ganzen Tag vorne am Fenster und sieht zu, daß ihm nur ja nichts
entgeht, was in dieser Straße passiert.«
»Seine Frau ist vor
kurzem gestorben.«
»Ich weiß. Ich
kannte sie nicht, aber wahrscheinlich war es die Anstrengung, all seine
Ferngläser zu säubern und seine Bleistifte anzuspitzen.«
Ich verabschiedete mich.
Als ich die Treppe hinunter
zu meinem Wagen ging, machte ich dem alten Mann das versprochene Zeichen
mit dem Daumen.
An der Tür blieb ich
stehen und ging dann zurück, um noch ein paar Worte mit ihm zu
wechseln.
»Sie mag mich also
wirklich, hm?« Sein Gesichtsausdruck kam einem lüsternen
Grinsen so nahe, wie es ohne Zähne möglich war.
»Das habe ich nicht
gesagt. Ich habe sie bloß gefragt, ob sie jemals darüber
nachgedacht hätte, noch mal zu heiraten, und sie sagte, das hätte
sie.«
»Junge, Junge«,
sagte er.
»Ich wollte Sie noch
was anderes fragen. Sie führen nicht zufällig Buch über die
Vorgänge hier in der Straße, oder? Wie zum Beispiel über
Autos, die hier entlangfahren, und so weiter?«
»Na und ob! Warten Sie
'n Augenblick, mein Junge.« Ich wartete, halb ungläubig, halb
hoffnungsvoll. Es würde ziemlich langwierig sein, Listen von vor fünfzehn
Jahren registrierten Autos durchzugehen, aber ich konnte die Arbeit jemand
anderem aufhalsen. Geld ist ein wunderbares Schmiermittel.
Er kam mit einem alten
Hauptbuch und zeigte mir die erste Seite.
»Angefangen habe ich
1935. Mir war klargeworden, daß es Krieg geben würde. Ich
dachte, irgend jemand könnte sich vielleicht für das Kommen und
Gehen hier in der Gegend interessieren. Könnte doch nützlich
sein. Sie wissen schon, wenn in jeder Straße einer war, der die
Dinge im Auge behielt, dann ließ sich so vielleicht der eine oder
andere Spion dingfest machen.«
»Könnte ich
vielleicht etwas spätere Eintragungen sehen?«
»Sagen Sie ›Halt!‹,
mein Junge.«
Er blätterte langsam
weiter. Als er ungefähr drei Viertel des Buches hinter sich hatte,
kam eine leere Seite. »Das war s.«
»Mehr haben Sie nicht?«
Die letzte Seite trug die Überschrift: »21. Dezember bis 31.
Dezember 1949«
»Was wollen Sie, junger
Mann? Da war der Krieg schon lange vorbei. Und meine Augen sind auch nicht
mehr, was sie mal waren. Hilft Ihnen das irgendwie weiter?«
»Ich fürchte,
nein. Aber trotzdem vielen Dank. Ich bin Ihnen wirklich dankbar.«
»Ach, das geht schon in
Ordnung. Hätte nie gedacht, daß es irgend jemandem viel nützen
würde. Da hätte es schon ein ganzes Netzwerk von Leuten wie mir
geben müssen.«
»Da haben Sie wohl
recht. Aber machen Sie sich nichts draus.«
»Sagen Sie mal, junger
Mann, jetzt, wo die Zeiten lockerer werden, meinen Sie nicht, daß da
vielleicht sechs Monate Trauerzeit reichen würden?«
»Besser ist immer noch
ein Jahr. Wer was auf sich hält, respektiert die Traditionen.«
»Das denke ich auch.
Denke ich auch.« Ich wandte mich zum Gehen, und er blieb zurück
und kratzte sich das Kinn.
33
Es war halb zwölf. Ich aß
zu Mittag und verbrachte den Löwenanteil der verbleibenden Bürostunden
damit, Vorladungen zuzustellen. Das machte ich sehr geschickt, sehr
effizient. Ich hatte einen Vier-Tage-Job in weniger als zwei Tagen fast
zur Hälfte bewältigt. Ich bedauerte es wirklich, daß ich
den Job übernommen hatte, aber was soll man machen?
Um halb fünf war ich im
Ostteil
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