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Wer Wind sät

Wer Wind sät

Titel: Wer Wind sät Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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»Wir treffen uns um vier Uhr wieder hier.«
    *
    Â»Jetzt beruhig dich doch«, sagte Ricky, als Jannis zum zehnten Mal innerhalb einer Minute auf seine Armbanduhr schaute. »Die werden schon kommen.«
    Sie, Nika und ein paar andere Mitglieder der Bürgerinitiative, denen Jannis kurzfristig Bescheid gegeben hatte, hockten wie die Zugvögel auf dem Koppelgatter. Mark saß im Gras und kraulte die beiden Hunde, mit jeder Hand einen, die sich das mit genießerisch geschlossenen Augen gefallen ließen. Neben ihm lehnten die auf Pappkarton aufgeklebten Protestplakate und Grafiken, die Jannis selbst entworfen und getextet hatte. Besonders stolz war er auf das Logo, eine stilisierte Silhouette des Taunus mit einem Windrad, rot umrandet wie ein Verbotsschild.
    Â»Sie sind schon zehn Minuten zu spät«, erwiderte Jannis ungehalten und unterbrach seine rastlose Wanderung. Zeit spielte für dieses Fernsehvolk keine Rolle, für ihn allerdings schon. Denn wenn Ludwig Hirtreiter auftauchte, würde er sich vor die Kamera drängen und um den heißen Brei herumlabern. Jannis hatte sich genau zurechtgelegt, was er sagen wollte, er würde diese einmalige Chance nutzen und übers Fernsehen verbreiten, was er herausgefunden hatte. Einen Skandal sollte es geben, über den sämtliche Zeitungen berichteten! Um zu verhindern, dass Hirtreiter & Co. ihm die Tour vermasselten, hatte er den Hessenschau-Redakteur heimlich angerufen und den Drehtermin um anderthalb Stunden vorverlegt.
    Die Sonne schien, über den blauen Himmel zogen ein paar harmlose Wölkchen. Innerhalb der letzten drei Wochen war die Natur geradezu explodiert, aber Jannis hatte keinen Blick für blühende Büsche, sprießende Blumen und saftig grüne Wiesen. Endlich, eine Viertelstunde später als besprochen, sah er den himmelblauen Kombi vom Hessischen Fernsehen in den Feldweg einbiegen. Er ging ihm entgegen und winkte mit beiden Armen. Sie sollten sich bloß beeilen! Der Rabenhof von Hirtreiter lag nur ein paar hundert Meter entfernt hinter einer Baumgruppe, und wenn der Alte zufällig in dieser Sekunde aus dem Fenster glotzte, würde er das Auto sehen und in weniger als zwanzig Sekunden hier aufkreuzen. Jannis konnte die Langsamkeit, mit der jetzt der Reporter, ein zweiter Mann und schließlich eine Frau aus dem Auto kletterten, kaum ertragen. Am liebsten hätte er sie herausgezerrt.
    Â»Hallo!«, rief der Reporter und grinste. »Das ist ja idyllisch hier! Toll!«
    Scheiß auf die Idylle, dachte Jannis. Beeil dich gefälligst ein bisschen.
    Â»Hi.« Er zwang sich zu einem verkniffenen Lächeln. »Jannis Theodorakis. Wir haben gestern telefoniert.«
    Der Reporter gab ihm die Hand, dann latschte er zu Ricky, Nika und den anderen, die vom Zaun gestiegen waren, und schüttelte auch ihnen umständlich die Hände. Seine beiden Kollegen fummelten im Kofferraum des Autos herum, luden Kisten und irgendwelches Gestänge aus und hatten dabei die Ruhe weg. Der Reporter zog einen Block aus der Tasche und unterbreitete Jannis langatmig das Konzept, das er sich für den Dreh ausgedacht hatte.
    Â»Ja, super, super.« Jannis hörte überhaupt nicht zu, nickte nur und blickte immer wieder in Richtung Hirtreiter-Hof. Hoffentlich reichte die Zeit noch aus! Die Anspannung ließ seinen Puls rasen. Endlich war alles so weit. Die Kamerafrau hatte sich die Kamera auf die Schulter gewuchtet, der Tontechniker seine Kopfhörer aufgesetzt und alle Kabel eingestöpselt, der Reporter hielt das Mikro mit dem HR -Logo in der Hand. Das Licht stimmte, der Ton passte. Jannis holte tief Luft und antwortete auf die erste Frage.
    Er sprach über die Verschandelung der Natur, die großflächige Rodung von wertvollem Baumbestand, die heimliche Vernichtung geschützter Tierarten, die den Bau eines Windparks an dieser Stelle von vorneherein ausgeschlossen hätten. Zu seiner Erleichterung verhaspelte er sich nicht ein einziges Mal, obwohl es ihn ziemlich irritierte, wie dieser Reporter ständig kopfnickend grinste und ihm das Mikro fast zwischen die Zähne schob. Endlich, endlich kam die Frage, die Jannis am wichtigsten war und mit deren Beantwortung er der WindPro einen fetten Strich durch die Rechnung machen konnte. Gleichzeitig sah er den alten, grünen Jeep von Ludwig Hirtreiter den Hügel hinaufkriechen. Das Timing war perfekt gewesen.
    *
    Die Maisonne lachte vom strahlend blauen Himmel,

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