Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wer wir sind

Wer wir sind

Titel: Wer wir sind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Friedrich
Vom Netzwerk:
Schellhase von Haubachs Verhaftung erfahren hat, ist sie von Garmisch sofort nach Berlin gezogen. Sie gilt nun offiziell als Haubachs Verlobte. Freya muss bei ihr anrufen und mit ihr besprechen, wie man Haubach wissen lassen kann, was Helmuth über ihn und Carlo Mierendorff gesagt hat und was er bei der Verhandlung zu sagen gedenkt. Anneliese schmuggelt einen Kassiber in Haubachs Zelle. Freya backt Törtchen für die Männer in der Lehrter Straße, und in die Törtchen backt sie Kassiber ein. Theodor Steltzer hat seinen Kassiber aber nicht bekommen. Offenbar hat er ihn aufgegessen.
    Dann muss Freya die Abwehr kontaktieren. Sie soll mit Bürkner reden, mit einem Kollegen Helmuths namens Haus, mit Oxé. Die sollen ein paar hochrangige Leute beauftragen, als Beobachter an Helmuths Prozess teilzunehmen. Helmuthfindet außerdem, man sollte eine Bittschrift an Kaltenbrunner schicken, den Chef des Reichssicherheitshauptamts. Und ein Gnadengesuch an Adolf Hitler muss aufgesetzt werden. Es stellt sich natürlich die Frage, wer ein solches Gesuch direkt ins Führerhauptquartier bringen könnte.
    Da ist es wieder, das alte Problem: Wie kommt man an den Führer heran? Wer hat Zugang? Wer genießt Hitlers Vertrauen und könnte trotzdem für diese Tat gewonnen werden?
    Helmuths Onkel Carl Viggo von Moltke könnte versuchen, Hitler über Keitel zu erreichen. Das muss aber vorher mit Poelchau besprochen werden. Carl Viggo soll sich außerdem an Dr. Carl Sack wenden, den Chef der Heeresjustiz. Der ist allerdings selbst seit August in Haft. Unter diesen Umständen soll Carl Viggo eben direkt zu Freisler gehen. Kann Freya das bitte mit CV besprechen?
    Die Verhandlung soll jetzt am 3. November stattfinden, jedenfalls nicht vorher.
    Freya liest einen Vortrag, den Freisler neulich gehalten hat. Alles darin ist diabolisch und wirr. Schlagartig kehrt die Klarheit zurück: All ihre Bestrebungen, all ihre Mühen sind umsonst. Man wird Helmuth nicht am Leben lassen. Freya muss Helmuth wieder in diese Klarheit zurückführen. Es ist doch etwas Großes, so bewusst Abschied nehmen zu dürfen. Es ist eine Gnade. Sie dürfen diese Gnade nicht verwässern, sie dürfen sie nicht mit dummen und kleinlichen Hoffnungen zerstören.
    Auch Ursula Schleichers Mann Rüdiger ist nun verhaftet. Ursulas Vater Karl Bonhoeffer hat einen Schwächeanfall erlitten: Zwei Söhne und zwei Schwiegersöhne sind in Haft, außerdem Just Delbrück, der Bruder seiner Schwiegertochter Emmi.
    Emmi ist nach Berlin zurückgekehrt. Sie ist entschlossen zukämpfen. Es ist wie früher beim Schlagballspiel vor den Villen der Delbrücks und der Harnacks in der Kunz-Buntschuh-Straße. Emmi konnte das Ziehen in ihren Muskeln spüren, wenn Just oder Klaus zum Schlag ausholten. Es war, als liehe sie ihnen ihre eigene Kraft, als hätte sie selbst diesen Schlag zu führen. Dann flog der Ball. Emmi rannte. Sie rannte an Hans von Dohnanyi, Just Delbrück, Klaus und Dietrich Bonhoeffer vorbei, entschlossen, diesen Punkt zu holen: Nur dass sie gar nicht um Punkte spielten. Sie waren ja viel zu wenige. Sie waren gar keine ganze Mannschaft.
    Ernst von Harnack ist ebenfalls in Haft. Er hat um Papier und Stift gebeten: Er schreibt nun ein Schuldbekenntnis. Wozu kämpfen? Er wird hier nicht mehr lebend herauskommen. Und wenn er gesteht, enden die Quälereien, und er bekommt Hafterleichterung. Dann muss er sich nicht mehr grübelnd zermartern. Dann kann er seine letzten Tage in Frieden verbringen. Er hat sich in der Haft einen Vollbart stehen lassen, der ihn seinem Vater sehr ähnlich macht. Er verbringt viel Zeit damit, aus Verdunkelungspapier Schattenrisse anzufertigen. Die wundervollsten Schattenrisse.
    Christel Dohnanyi, Emmi Bonhoeffer, Maria von Wedemeyer, Ursel Schleicher und Ursels Tochter Renate Bethge sitzen im Wohnzimmer in der Marienburger Allee bei den Eltern und bessern die Wäsche ihrer Männer aus. Auch Eberhard Bethge ist inzwischen verhaftet. Er sitzt in der Lehrter Straße, ebenso wie sein Schwiegervater Rüdiger Schleicher und wie Rüdigers Schwager Klaus Bonhoeffer. Immerhin dürfen die Gefangenen in der Lehrter Straße von Zeit zu Zeit besucht werden. Christel dagegen erhält fast niemals Nachricht von Hans, der sich nach wie vor im KZ Sachsenhausen befindet. Und Dietrich istins Hausgefängnis der Gestapo in die Prinz-Albrecht-Straße verlegt worden, zu Oster, Canaris, Fabian von Schlabrendorff, Carl Goerdeler und all den anderen.
    SS-Standartenführer Huppenkothen vom

Weitere Kostenlose Bücher