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ich gar nicht verstehen, dass die jetzt so braun-gelblich schimmert. Ach ja – stimmt. Das letzte Mal habe ich vor zwei Wochen alles geputzt.
Hmmm … nein. Da drauf kann man sich nicht mehr setzen! Sonst müsste ich mich danach duschen und das wollte ich erst in drei Tagen machen, wenn ich wieder zur Arbeit gehen muss.
So was aber auch! Desinfektionsmittel ist auch keines mehr da. Was mache ich denn jetzt bloß?
Ein letztes Fünkchen Hygienegefühl habe ich doch hoffentlich noch? Im Stehen kann ich hier nicht pinkeln. Sonst müsste ich den klebrigen Fußboden obendrein reinigen. All die grässlichen Urinspritzer sollte man im Hinterkopf behalten. Obwohl die Fliesen eine Reinigung ohnehin nötig hätten.
Ach, ich bin aber auch ein Genie. Das Waschbecken hängt doch eigentlich in passender Höhe. Wozu brauche ich hier überhaupt ein Urinal? So ein Blödsinn.
Puhhhh … das tut aber gut. Welch Erleichterung. Fast wäre meine Blase geplatzt. Bier treibt aber auch immer so und der Kasten ist bereits leer. Morgen sofort einen neuen holen. Diese 20er Kästen Bitburger gehen weg wie warme Semmeln. Ich werde nachher im Internet gucken, ob die Zahl 20 in der Zahlenmystik eine Rolle spielt. So ähnlich wie die biblische Nummer 12 , die unter anderem für die Anzahl der Apostel Jesu steht. Zahlen sind schon was ganz Faszinierendes.
Die 13 zum Beispiel kann gar KEINE Unglückszahl sein! Denn so viele Tage ist es her, dass ich Lea meine Gefühle offenbart habe.
Ich fühle mich so befreit – endlich ist alles raus.
Also, ich meine jetzt meinen Blaseninhalt. Die andere Sache belastet mich doch mehr als mir lieb ist. Momentan lebe ich recht einsiedlerisch. Ein bisschen so wie der Typ dieser schlechten 70er Jahre TV-Serie Der Mann in den Bergen .
Grizzly Adams war allerdings auf der Flucht vor dem Gesetz. Ich hingegen entfliehe nur der Wirklichkeit und habe auch keinen echten Bären namens Ben , sondern nur einen gepiercten Teddy mit dem Namen Barrie, der zur Zeit mein ständiger Begleiter ist. Ich fühle mich wieder so jung wie mit sieben Jahren, als ich den kleinen Meister Petz von meinen geliebten verstorbenen Eltern geschenkt bekommen hatte. Mein Seelenverwandter ist fast so faul wie ich. Gerade spielt er unter dem Kopfkissen mit einer Spinne verstecken.
Apropos: Barries fast-Namensvetter Perry hat gestern versucht mich anzurufen. Neben dem behaarten Rücken und der Namensähnlichkeit, haben die beiden noch eines gemeinsam. Sie offenbaren ein hohes Maß an Fürsorge für mich. Perrys Anruf zu beantworten, wäre jedoch albern gewesen. Nachher denkt er noch, dass ich unter den Lebenden weile. Dafür hat er es sich nicht nehmen lassen, mir auf die Mailbox zu quatschen.
Lea habe ihn angerufen und nach meinem werten Befinden gefragt. Ebenso Jan, der viele Grüße ausrichten wolle. Natürlich musste Perry den Zweien sicherlich mitteilen, dass er gar nicht sagen kann, wie es mir ergeht. Immerhin habe ich ihn bis dato auch nicht zurückgerufen.
Wusch.
Scheinbar bin ich geistig umnachtet. Denn mein kleines Geschäft versuche ich zu beseitigen, indem ich die WC-Spülung betätige. Dabei muss ich doch den Wasserhahn vom Becken aufdrehen … so das tut’s. Alles ist weg.
Beim Verlassen der Toilette stolpere ich über eine der leeren Ravioli-Dosen, die im Flur liegen. Meine abwechslungsreiche Ernährungsweise der letzten zwei Wochen hat mich auf ein neues Spiel gebracht. Seit Ewigkeiten bin ich nicht mehr auf der Kirmes gewesen. Aber Dosenwerfen habe ich dennoch immer sehr gerne gemacht. Also habe ich in meinem Flur eine schöne Pyramide errichtet, die es gilt zum Einsturz zu bringen.
Da ich keine Bälle habe, um Shiva – dem indischen Gott der Zerstörung – zu huldigen, schmeiße ich einfach mit den CDs meiner Lieblingsbands auf den Dosenstapel.
Auch Preise gibt es bei dem lustigen Wettbewerb zu gewinnen. Jede umgeworfene Weißblechkonserve belohne ich im Gegenzug mit dem Öffnen einer Cola-Dose aus meiner großen Sammlung. Gleichwohl musste ich feststellen, dass das braune Gesöff nach zwanzig Jahren eine Menge an Geschmack verliert. Mit einem Schuss Rum wurde die Sache jedoch erträglicher.
Um das Bild der Kirmes abzurunden, lasse ich immer lustige Karussellmusik vom CD-Player laufen. Wolfgang Petry macht aber auch echt anspruchsvolle Songs!
Die längste Single der Welt passt zu jedem Wurf, den ich mache. Und die Sozialkritik seiner Texte ist nicht zu vernachlässigen. Bronze, Silber und Gold ist sicherlich
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