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Wernievergibt

Wernievergibt

Titel: Wernievergibt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friederike Schmöe
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Frau aufgekreuzt, ziemlich spät, und hätte Clara eine Szene gemacht. Diese Frau, halt dich fest, war Isolde.«
    Juliane runzelte die Stirn. »Zwei Tage später fährt Clara nach Sighnaghi, zu einer alten Freundin, bei der sie es dringend macht. Kommt nie an. Ist seitdem unauffindbar. Weitere drei Tage später verlässt Mira das Hotel und taucht nicht wieder auf.«
    »Gefühlsmäßig hängt beides zusammen«, gab ich zum Besten. »Weißt du was?« Ich hatte meine Entscheidung getroffen. Ich stand auf, riss das Fenster auf und ließ die kühle feuchte Luft ins Zimmer. Es hatte aufgehört zu regnen, aber von den Bäumen troff immer noch Wasser. »Ich rufe Lynn an. Gleich morgen früh. Ich will wissen, was da los ist. Ich lasse mich nicht verarschen.«
    »Warum sie dich wohl hierher geschickt hat?«
    »Vielleicht, damit die Tarnung nicht auffliegt.« Das kam mir selbst unwahrscheinlich vor. »Oder, weil sie wirklich einen Kunden hat, der diese Tourismusgeschichte haben will. Und Mira sollte das nebenbei abliefern. War vielleicht einfach eine nützliche Geldquelle für sie.«
    »Who knows«, sagte Juliane kryptisch.
    »Egal, was Lynns Absichten sind«, knurrte ich wütend und sah in die Nacht hinaus. Die Berge lehnten sich nachlässig an den heller werdenden Himmel. Ich hörte den Fluss Geschichten erzählen. »Sie hat uns damit in eine ziemlich unschöne Situation bugsiert. Es muss ihr doch klar sein: Wenn Mira was passiert ist, wird es für uns auch nicht allzu gemütlich werden.«
    »Habe mich sowieso gewundert, warum sie so bereitwillig zwei Tickets sponsert.«
    »Genau!« Ich nickte. »Weißt du, was Beso gesagt hat? Sie hat schon am 6. April, genau an dem Tag, als er sie von Miras Verschwinden benachrichtigte, das Zimmer auf meinen Namen weiterreserviert. Obwohl sie mich erst einen Tag später gefragt hat, ob ich fliegen will. Am 7.« Ich erschrak, weil mir einfiel, dass der 7. April für Juliane immer der Tag sein würde, an dem sie ihre Schwester beerdigen musste. Sie schien das locker zu nehmen.
    »Also war sie sich sicher, dass du nicht absagen würdest.«
    »Diese Schlampe!«
    »Häng es nicht so hoch. Irgendwen hätte sie sicher gefunden, der ihr diese Reportage schreibt.«
    Ich fühlte mich dumpf vor Müdigkeit. »So schnell? Von einem Tag auf den anderen? Als hätte sie gerochen, dass ich Ja sage!«
    »Setz dich mal her. Ich massiere dir deinen Nacken.«
    »Kannst du hellsehen? Woher weißt du, dass mir der Nacken wehtut?«
    »So schief, wie du deinen Kopf hältst …«
    Sie begann, mit ihren knochigen Fingern mein Genick zu kneten. Ich japste.
    »Hab dich nicht so. Also: Was machen wir? Nach Mira forschen?«
    »Vielleicht ist Mira längst in einem anderen Land. Der Boden könnte ihr zu heiß geworden sein. Da ist sie abgehauen.«
    Juliane summte leise vor sich hin. Ich fing an, mich zu entspannen. Vielleicht schlug auch nur die Müdigkeit zu.
    »Lass uns ein paar Stunden schlafen«, bat ich. »Mir fällt nichts mehr ein.«
    Wie ein altes Ehepaar rollten wir uns Seite an Seite zusammen. Ich schloss die Augen. Im Halbschlaf hörte ich mein Notebook aufseufzen. Der Akku soff ab. Ich schlief sofort ein.

20
    Beim Frühstück erklärten wir Sopo unser Anliegen. Ob sie eine Möglichkeit sähe, herauszufinden, ob Mira in Georgien war oder das Land verlassen hatte. Ich versuchte, mir den Globus vorzustellen. Aus Georgien kam man nur nach Armenien und Aserbaidschan, im Westen in die Türkei. Im Norden lag Russland, und die Beziehungen standen schlecht.
    »Ich kenne jemanden bei der Ausländerbehörde«, sagte Sopo. Sie sah verkatert aus. Die Schminke klebte wie eine Maske auf ihrem schönen Gesicht. Es war kalt in Bordschomi. Sie fror, hatte sich in ein dickes Schultertuch gekuschelt.
    Während Sopo telefonierte, probierte Juliane es bei Cologne Concertos. Halb zehn in Georgien hieß halb acht in Deutschland, aber dort fing ja der frühe Vogel den Wurm. Frau Asmus war am Platz.
    »Clara Cleveland residiert in Tbilissi im Marriott, an der Rustaweli-Avenue. Beste Lage und vermutlich unbezahlbar«, berichtete Juliane zufrieden.
    Ich nahm ihr das Handy ab und rief im Marriott an. Stellte mich als Journalistin vor, die ein Interview mit der Diva machen wollte.
    »Wir haben jede Menge Anfragen von der Presse«, sagte die Rezeptionistin. »Hinterlassen Sie Ihre Nummer. Frau Cleveland meldet sich, wenn sie Zeit hat.« Ich diktierte meine Handynummer und fragte weiter. Nein, Clara Cleveland sei seit dem 30. März nicht

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