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Werwelt 01 - Der Findling

Werwelt 01 - Der Findling

Titel: Werwelt 01 - Der Findling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Stallman
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das so plötzlich einsetzte, daß beide Jungen erschreckt zusammenfuhren. Donner war das nicht. Eine Sekunde lang wollten sie ihren Augen und Ohren nicht trauen, Schlagbälle schienen da durch die Luft zu sausen, schlugen krachend aufs Hausdach, prallten schmetternd auf die am Bordstein geparkten Autos, rissen Zweige von den Bäumen, vollführten auf Straßen und Bürgersteigen einen wilden, kollernden Tanz, der Hunde unter die Veranden und schreiende Menschen in den Schutz von Bäumen und Häusern trieb. Wütend trommelten sie auf die Dächer der Stadt und zertrümmerten auf der anderen Seite des Orts jede einzelne Glasscheibe dreier großer Gewächshäuser, zerstörten jede einzelne Pflanze, die in ihnen wuchs.
    Draußen im irrwitzig tobenden Hexentanz der Eisbrocken lag Mr. Duchamps bäuchlings in seinem Vorgarten, dem schlimmsten Hagelsturm, den diese Gegend je erlebt hatte, hilflos ausgeliefert. Schon der erste dicke Hagelbrocken war ein Volltreffer gewesen, war mit Wucht direkt auf dem Scheitel von Mr. Duchamps’ kahlem Schädel gelandet, worauf Mr. Duchamps besinnungslos über der Zeitung zusammenbrechen war, die zu holen er hinausgegangen war. Der Hagelschauer war nur kurz, doch die eisigen Brocken malträtierten wie harte Fäuste seinen ganzen Körper, wie er später, als er von Blutergüssen übersät aufwachte, feststellen sollte, richteten aber nicht mehr Schaden an als jener erste Treffer.
    Als die Jungen sich von ihrer Entgeisterung erholt hatten, war der Hagelschauer schon vorbei. Der Boden war allenthalben mit Eis bedeckt, das nicht in diese Jahreszeit gehörte und schon zu schmelzen begann; die Schlagbälle schrumpften zu Golfbällen zusammen. Willie und Robert stürzten in den Garten hinaus zu dem reglos daliegenden Duchamps, auf dessen Kopf eine blutige Wunde und mehrere kleinere Schrammen zu sehen waren.
    »Papa! Papa!« kreischte Willie, als wäre sein Vater der beste Vater der Welt.
    Der magere Junge ließ sich neben seinem Vater nieder. Zur gleichen Zeit kam der Mann wieder zu Bewußtsein und richtete sich auf Händen und Knien auf. Heftig schüttelte er den Kopf, so daß Blut auf Willies Gesicht spritzte, als dieser versuchte, seinem Vater auf die Beine zu helfen.
    »Du lieber Gott«, stöhnte der ältere Duchamps, während er sich auf die Seite wälzte und sich ins Gras fallen ließ und dann mit vorsichtigen Fingern seinen Kopf betastete. »Was, zum Teufel?« Er blickte erst zum Himmel hinauf, dann auf das Geröll schmelzender Hagelbrocken hinunter, inmitten derer er wie ein alter Seelöwe an einem verlassenen steinigen Strand hockte.
    »Papa, ist dir auch nichts passiert?« fragte Willie und wischte sich das Blut seines Vaters vom Gesicht.
    »Wofür hältst du mich? Natürlich nicht«, versetzte Duchamps, während er sich hochrappelte. »Los, steh auf, du dämlicher kleiner Scheißer.«
    Willie stand auf, hatte aber noch immer nicht zu seiner gewohnten Kaltblütigkeit zurückgefunden.
    »Ich hab’ gesehen, wie du hingefallen bist, und dachte, du wärst tot«, stammelte er den Tränen nahe.
    Robert stand ein Stück hinter Willie, doch als Mr. Duchamps Willie knallend ins Gesicht schlug, war es Robert, als hätte die große Hand sein eigenes Gesicht getroffen. Der Knall der Ohrfeige schallte hinaus auf die Straße, so wie der Zusammenprall zweier Autos in einem ganzen Häuserblock gehört wird. Willie fiel ins wäßrig werdende Eis, hob die Arme über seinen Kopf und krümmte seinen Körper zusammen. Er war sehr schnell in die Wirklichkeit zurückgeholt worden.
    Duchamps torkelte ins Haus zurück, wobei er wütend vor sich hin brummte, er wünschte, der Junge wäre tot, und er würde ihm die Flötentöne schon noch beibringen. Auf der anderen Straßenseite schrie eine Frau, die hinter einem Verandaspalier stand, der entschwindenden Gestalt nach: »Duchamps, Gott wird Sie strafen, Sie scheußlicher, verdorbener Mensch!« Sie hätte noch weiter geschrien, wenn nicht aus der Haustür ein Arm herausgelangt und sie zurückgezogen hätte.
    Robert blieb neben Willies zusammengekrümmter Gestalt stehen, bis sie sich lockerte und aufstand. Brennendrot leuchtete der Abdruck von seines Vaters Hand auf Willies linker Wange. Willie drückte vor Schmerz das linke Auge zu, dann wischte er sich mit einer schnellen Bewegung die Tränen ab.
    »Wir treffen uns in der Höhle, wenn du Anne mitbringst«, stieß Willie mit verzerrtem Gesicht hervor. »Und wenn du sie nicht mitbringst, dann gehörst du auch nicht

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