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Werwelt 01 - Der Findling

Werwelt 01 - Der Findling

Titel: Werwelt 01 - Der Findling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Stallman
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mehr zur Bande.«
    »Aber, Willie«, begann Robert. Doch er brach ab, als Willie sich umdrehte, um das Haus herum nach rückwärts zu gehen. Er hatte das Gefühl, daß jetzt alles kaputt war, aber er wußte es nicht genau. Vielleicht würde auch alles wieder gut werden. Er würde Anne überreden, mitzukommen, das Spiel würde ihr Spaß machen, Willie würde auch Spaß haben, und alles würde wieder gut sein.
    Er drehte sich um und rannte aus dem Garten, rutschte auf der glitschigen Nässe des Grases aus, lief weiter nach Hause. Aber es wurde nicht wieder gut. Anne hatte keine rechte Lust, doch sie mochte Robert mehr, als selbst er vermutete, und so ging sie mit, blickte staunend auf den alten Hochwasserabfluß, in dem an diesem Nachmittag das Regenwasser des Wolkenbruchs noch knietief floß. Barfuß marschierten sie in die Dunkelheit des Rohrs hinein, lauschten dem fernen Plätschern kleiner Wasserfälle weit hinten in der Schwärze, wo die Abflußrohre des ganzen Orts sich in den Hauptkanal ergossen. Anne hatte Angst und hielt sich mit beiden Händen an Roberts Hemd fest, wodurch es für ihn doppelt mühsam wurde, die Höhle zu erreichen, was ihm aber gleichzeitig einen Vorgeschmack darauf gab, wie es war, Führer und Beschützer zu sein. Es war ein angenehmes Gefühl.
    Als sie zu der Einbruchstelle kamen, wo die Höhle war, sahen sie Kerzenlicht. Willie war vor ihnen angekommen und hatte vier Kerzen aufgestellt, eine an jeder Ecke der kleinen Höhle. Robert meinte, sie nie so gemütlich und verborgen gesehen zu haben, obwohl durch das Gewitter alle möglichen alten, verrottenden Abfälle aus den Abflüssen hereingespült worden waren, und der Gestank im Tunnel so widerlich war, daß sich einem Erwachsenen der Magen umgedreht hätte.
    »Hier ist es. Schau, Willie hat Kerzen mitgebracht«, sagte Robert, während er Anne hochschob, um ihr über die Mauerbrocken in die Höhle zu helfen.
    Willie blickte unwirsch auf die beiden Kinder. Sein Gesicht hatte sich unter dem linken Auge violett verfärbt.
    »Du darfst keinem Menschen etwas von unserem Versteck verraten«, fuhr er Anne grob an, »sonst passiert dir was ganz Schlimmes.«
    Anne starrte den größeren Jungen mit ängstlichen Augen an, aber sie war fest entschlossen, sich nicht einschüchtern zu lassen. »Ich hab’ Robert versprochen, daß ich nichts verrate, wenn du nett zu mir bist.«
    »Schau«, rief Robert aufgeregt, »das ist unser Bandenversteck, und wir gehen auf Raub aus und bestehlen die Reichen, damit wir was in unserer Höhle haben.« Er malte ihr in allen Einzelheiten aus, daß sie wie die Vogelfreien leben würden, von denen die Hörspiele im Radio immer handelten, bis schließlich Willie ihn unterbrach.
    »Jetzt kommt die Aufnahmeprüfung«, sagte er.
    Aber diesmal war es nicht das gleiche. Sie zogen sich aus und untersuchten Anne so, wie Robert untersucht worden war, aber Robert hatte den Eindruck, daß Willie viel unsanfter war als nötig gewesen wäre, und ein paarmal kniff er, anstatt zu kitzeln, so daß Anne Tränen in die Augen schossen, doch sie preßte die Lippen aufeinander und sagte nichts. Etwas später mußte sie lachen, und Robert glaubte, es würde doch wieder alles gut werden. Doch als er das Sandwich-Spiel spielen und herumtanzen wollte, wie sie das immer getan hatten, schien Willie keine Lust zu haben. Er wollte sich zuerst niederlegen. Schließlich aber setzte Robert seinen Kopf durch, und sie machten ihr Spiel und tanzten, hopsten lachend auf und nieder, umarmten einander, verteilten klatschende Klapse und kitzelten einander, bis ein sehr harter Hieb Robert direkt auf die Nase traf, so daß ihm schwarz vor Augen wurde. Einen Moment lang glaubte er, das Bewußtsein zu verlieren, und hockte sich auf den Boden nieder. Willie, der ihn geschlagen hatte, hörte auf zu spielen, und Anne drehte sich um, ihn voller Entsetzen anzusehen. »Oh, Robert!« rief sie. »Du blutest ganz schrecklich.«
    Robert führte seine Hand zu seiner schmerzenden Nase, und als er sie wieder wegzog, war sie blutverschmiert. Ungläubig starrte er auf das Blut. Es tat weh, aber so schlimm fühlte es sich auch wieder nicht an. Das sah ja aus, als würde ihm in ein paar Minuten das Blut ausgehen, wenn es weiter so lief. Willie hob einen Lumpen vom Boden auf und reichte ihn ihm; er solle eine Zeitlang sitzen bleiben, sagte er, während er und Anne das Spiel zu Ende spielten. Robert blieb sitzen und sah zu, während er sich das schmutzige Stück Stoff auf die Nase

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