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Werwelt 03 - Der Nachkomme

Werwelt 03 - Der Nachkomme

Titel: Werwelt 03 - Der Nachkomme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Stallman
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Laute singen, die er nicht verst e hen konnte. Sang er auf Navajo? Er vernahm, wie seine Finger der Trommel befahlen, was sie sagen sollte, hörte zu, wie die lebendig gewordene Haut zu dem Kreis la u schender Menschen sprach, in Worten, die ganz von selbst kamen und sich zu einem Lied formten. Er sang.
    Und dann wurde es plötzlich falsch, mühsam, und seine Finger wußten nicht mehr, was sie der Trommel sagen sol l ten. Die Trommel seufzte und verstummte. Ein Paar Hände nahm sie und ein neues Lied begann.
    Während in der Welt keine Zeit verstrich, suchten Barry und der andere einen Weg, den sie in Einssein beschreiten konnten, einen gesegneten Weg, der es erlaubte, in Ei n ssein zu wandeln, so daß die zwei sich als einer in einer a n deren Welt würden bewegen können, und alles, was seit Urbeginn der Zeit getrennt und gespalten und von Schme r zen gequält war, würde geheilt werden können. Barry spü r te den anderen an seiner Seite. Er wanderte mit ihm, sah ihn an wie einen Bruder, während sie einander mit müden Schritten umkreisten. Ihre Augen trafen sich, und Barry fühlte, wie eisige Furcht durch seine Füße emporströmte, an seinen Beinen herau f kroch, so als stünde er auf hohem Gipfel und bereitete sich zum Sprung vor. Die Kälte floß ihm durch die Adern wie eisiges Wasser, das seine Mu s keln und Nerven, seinen Magen, sein Herz und seine Lu n gen überschwemmte, so daß er nicht atmen konnte. Er b e gann innerlich zu gefrieren und sah, daß auch der andere sich in Todeskrämpfen wand. Gewaltsam öffnete er seine Lungen und sog einen langen, zitternden Atemzug ein.
    Beinahe hätte er mit seinem Ellbogen zugestoßen, um dem Indianer an seiner Seite zu sagen, daß er Hilfe brauc h te, daß er hinaus wollte, daß er in diesem engen Raum, wo zwei einer zu sein suchten und auch der andere im Sterben war, nicht atmen konnte. Er öffnete seine Augen und sah die Morgendämmerung wie weißen Dunst in der Türöf f nung des Hogans leuchten.
    Eine Indianerin, die er am Vortag kennengelernt hatte, schlurfte mit einem Eimer Wasser gebückt unter der Tür durch. Sich nach links wendend, schritt sie im Kreis herum, und jeder trank aus der Kürbisflasche. Als Barry trank, fühlte er sich wieder ganz, und sein Traum schrumpfte zu einem winzigen Lichtfunken und verglühte.

6

    G eorge!« Sie schüttelte ihn am Arm, so daß er sich nach ihr umdrehen mußte. »Du hörst mir nicht ei n mal zu. Ich frage dich jetzt, ob du das wirklich willst, das, was da auf dem Papier steht!« »Ja, das geht schon in Ordnung, Mary Louise.« Wieder schossen der hochgewachsenen Frau mit dem schimmernden blonden Haar die Tränen in die A u gen. Sie war dieser Tage ständig am Weinen, obwohl sie en t schlossen war, ihn für das, was er ihr angetan hatte, büßen zu lassen. Und er war so ve r sponnen in seine Gedanken an dieses Flittchen in Boston, daß er ihr auf ihre Fragen wegen des Ha u ses nicht einmal Antwort geben konnte. Lieber Gott, sie konnte ihm alles nehmen, und es würde ihn nicht einmal kümmern. Dieser Gedanke entfachte eine so rasende Wut in ihr, einen so l chen Haß auf ihn, daß sie beschloß, es zu tun. Sie würde alles nehmen.
    »Ich werde Mr. Morrisey sagen, daß ich alles haben will«, erklärte sie und wischte sich mit einer raschen B e wegung die beiden Tränen fort. »Alles, hast du mich g e hört, George?«
    »Ich habe nie gesagt, daß du nicht alles haben kannst«, erwiderte er, den Blick noch immer auf die Wand des kle i nen getäfelten Büros gerichtet. »Ich hab ’ dich schändlich behandelt, und das ist wenig genug dafür bezahlt.«
    Seine Zustimmung machte sie noch wütender, und einen Moment lang hätte sie ihn am liebsten geschlagen. Sie konnte sich vorstellen, wie sie aus ihrem Sessel aufsprang und mit irgend etwas auf ihn einschlug, mit einem der B ü cher auf dem Schreibtisch neben ihr, mit der eisernen B ü cherstütze. Ihr war ganz schwindlig vor Wut.
    »Ich lege dir nichts in den Weg, Mary Louise«, sagte er noch immer in diesem geistesabwesenden Ton.
    »Du wirst nie wieder eine Frau finden, die dich so liebt, wie ich dich geliebt habe«, stieß sie mit starrem Gesicht hervor. »Das kommt doch alles nur daher, daß du unb e dingt wieder jung sein willst. Die Männer von Rawlins h a ben mir erzählt, daß das Mädchen noch blutjung ist, nicht älter als neunzehn oder zwanzig. George, du bist ein Narr!«
    »Es tut mir leid, daß ich dir weh getan habe«, erwiderte er ruhig.
    Diese neue gelassene Art

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