Wetten, du küsst mich!
Ich weiß vielleicht nicht, wie man ein Hotel führt, aber mit diesen Blicken kenne ich mich aus. Und das Knistern zwischen euch war deutlich spürbar.“
Laura hatte gehofft, dass der Kuss im Park nur eine flüchtige Episode gewesen war und die Gefühle nicht von Dauer. Aber im Gegenteil, sie waren nur noch stärker geworden. Eben deshalb war sie früher aus Kalifornien zurückgekommen. Sie hatte ihn vermisst, hatte sich gefragt, ob sie ihm vielleicht Unrecht tat, ihn falsch einschätzte. Sie hatte sogar gehofft, dass es ihm ähnlich ging – dass zwischen ihnen mehr war als nur körperliches Begehren. Doch dann hatte sie ihn zusammen mit Chloe gesehen, war instinktiv davon ausgegangen, dass er ihrer Schwester ihre Anteile abschwatzen wollte. Und ihr war klar geworden, dass sie sich nur etwas vormachte. Sicher, Jackson Hawke wollte Sex mir ihr, aber vor allem anderen wollte er das Contessa. In genau zwanzig Tagen. Darauf hatte er sie im Restaurant ja noch einmal überdeutlich hingewiesen.
„Hör zu, Laura. Ich habe ein Angebot von zwei Millionen Dollar abgelehnt, nur weil das Hotel dir so viel bedeutet. Da habe ich doch wohl eine Antwort verdient.“
Also erzählte Laura von der Wette, die sie mit Jack in der Hitze des Gefechts abgeschlossen hatte. Sie erzählte von dem Abend, den sie mit ihm im Park verbracht hatte. Sie erzählte von dem Kuss und von den Gefühlen, die er in ihr ausgelöst hatte.
„Das hört sich ja ganz danach an, als hättest du dich in den Typen verliebt“, kommentierte Chloe. „Aber das ist doch in Ordnung. Du hast mir ja erzählt, dass du und Matt nicht wirklich zusammen seid. Und du kannst drauf wetten, dass dieser Möchtegern-Kongressabgeordnete seine Nächte nicht allein verbringt. Oder hat er dich vom Gegenteil überzeugen können, als du ihn in Kalifornien besucht hast?“
„Hat er nicht, weil ich ihn gar nicht besucht habe. Ich war bei Papa Vincenzo und seiner Familie, weil ich für Thanksgiving abgesagt hatte.“ Papa Vincenzo war einer ihrer ehemaligen Stiefväter.
„Wo ist dann das Problem? Dann kannst du dich doch mit Jack zusammentun.“
„Ich stehe aber nicht auf One-Night-Stands und unverbindlichen Sex. Und genau das wäre es mit einem Mann wie Hawke.“
„Das weißt du doch gar nicht“, sagte Chloe.
„Aber was ich weiß: Der Mann ist ein Geldhai. Nicht nur eine Heuschrecke, sondern eine ganze Heuschreckenplage. Er kauft Unternehmen auf, zerlegt sie und verkauft die Einzelteile.“
„Ich finde vor allem, liebstes Schwesterlein, dass du viel zu viel nachdenkst.“ Chloe ging auf Lauras Seite des Schreibtischs, zog eine Schublade auf und holte eine Tüte mit schokoladenüberzogenen Nüssen aus ihrem Süßigkeiten-Geheimversteck. Als Laura sie ihr wieder wegnehmen wollte, verzog sie sich in eine andere Ecke des Zimmers. „Und ich glaube, Jackson Hawke ist verdammt scharf auf dich. So wie du verdammt scharf auf ihn bist. Mein Rat: Gib dem einfach nach und gönn dir deinen Spaß. Im Ernst, Laura, es gibt bestimmt Schlimmeres, als morgens in Hawkes Bett aufzuwachen.“
Ja, es gibt bestimmt Schlimmeres, als morgens in Hawkes Bett aufzuwachen, dachte Laura. Zum Beispiel das Contessa zu verlieren. Aber darüber wollte sie jetzt nicht nachdenken. Und über Hawke auch nicht. Sie gönnte sich einen Schokoriegel als Nervennahrung und machte sich an die Berge von Unterlagen, die in ihrer Abwesenheit liegengeblieben waren.
Irgendwann stieß sie auf einen Brief der Rechtsanwaltskanzlei Jardine. Ihr Magen krampfte sich zusammen: Hawkes Kanzlei! Hastig riss sie den Umschlag auf.
„Mit dem Erwerb obengenannter Schuldverschreibung fällt Hawke Industries und/oder ihrem ernannten Repräsentanten mit sofortiger Wirkung das Recht zu, besagtes Hotel zu betreten. Hawke Industries und/oder ihr ernannter Repräsentant haben bis zum Ablauf der oben näher ausgeführten Dreißig-Tage-Frist nicht das Recht, weitergehende Entscheidungen bezüglich des Hotels oder des Personals zu treffen. Diese Befugnis tritt erst in Kraft, wenn die Anteile rechtswirksam an Hawke Industries übertragen worden sind. Hawke Industries und/oder ihr ernannter Repräsentant bekommen ausreichende Büroräumlichkeiten innerhalb des Hotels zur Verfügung gestellt. Sie sind befugt und berechtigt, in alle das Hotel betreffenden Vorgänge Einsicht zu nehmen.“
Laura las gar nicht erst weiter. Wütend zerknüllte sie das Anwaltsschreiben und sprang auf. Der Aufzug war quälend langsam, was ihre Rage nur noch
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