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Wetten, du küsst mich!

Wetten, du küsst mich!

Titel: Wetten, du küsst mich! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: METSY HINGLE
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Und es ist nicht einfach, als Kind so etwas mit ansehen zu müssen. Dass Menschen, die man liebt, sich gegenseitig verletzen, sich die übelsten Dinge an den Kopf werfen, dass sie selbstsüchtige Entscheidungen treffen, die ein Kind einfach nicht begreifen kann.“
    „Wenn Sie nicht darüber reden möchten, ist das schon in Ordnung“, sagte Laura verständnisvoll.
    Normalerweise hätte er nicht einmal das erzählt, was er ihr gerade anvertraut hatte. Er sprach so gut wie nie über diese Zeit, in der für ihn eine Welt zusammengebrochen war. Aber als er Laura so ansah und sich erinnerte, wie sie ihm vom Karussell erzählt hatte und von ihren Träumen – da konnte er plötzlich gar nicht anders. „Mein Vater hatte ein Bauunternehmen. Nichts Großartiges, aber es ernährte die Familie. Eines Tages zog er einen großen Auftrag an Land. Mehrere Bürogebäude und Hotels. Ein Glücksfall mit der Perspektive, wirklich sehr viel Geld zu verdienen. Ja, es hätte uns reich gemacht. Aber mein Vater brauchte vorher Kapital für Baugeräte, die er neu für den Auftrag anschaffen musste. Er wandte sich an einen alten Freund, der im Immobiliengeschäft sehr viel Geld gemacht hatte. Der versprach meinem Vater das Geld – aber er wollte dafür die Hälfte der Baufirma.“
    „Und Ihr Vater willigte ein?“
    „Ja. Und für ungefähr ein halbes Jahr lief auch alles wunderbar. Mein Vater war in dieser Zeit natürlich selten zu Hause, er musste sich ja um tausenderlei Dinge kümmern. Aber meine Mutter ist ein Mensch, der nicht allein sein kann. Nun ja, der Geschäftspartner meines Vaters war oft da, und nach einer Weile war er wohl nicht mehr damit zufrieden, die halbe Firma meines Vaters zu besitzen. Er wollte auch seine Frau. Und offenbar brauchte er bei meiner Mutter nicht viel Überredungskünste anzuwenden. Ihr Leben, das in ihren Augen aus Einsamkeit und Entbehrungen bestand, tauschte sie nur zu gerne gegen eins mit Spaß und Luxus ein.“
    „Aber was war mit Ihnen?“, fragte Laura. „Hat sie Sie einfach zurückgelassen?“
    „Ich wollte meinen Dad nicht im Stich lassen“, erklärte Jack. „Er brauchte mich. Außerdem war der reiche neue Mann meiner Mutter Witwer und hatte einen kleinen Sohn, der nur ein bisschen älter war als ich. Meine Mutter hatte sich auch schon um ihn gekümmert, als sie noch mit meinem Vater verheiratet war – eben weil er keine Mutter hatte. So hat sie es mir später jedenfalls mal erklärt. Wie auch immer, kaum war sie neu verheiratet, hat sie diesen Jungen adoptiert. Man könnte also sagen, sie hat ihn gegen mich ausgetauscht.“
    „Aber Sie waren doch immer noch ihr Sohn!“, sagte Laura empört.
    „Mein Stiefbruder sah das anders. Immer wenn ich zu Besuch kam, zeigte er mir deutlich, dass er mich dort nicht haben wollte. Und ehrlich gesagt war ich auch nicht gerne da. Ich gehörte nicht dazu, ich passte dort nicht rein, was mich mein Stiefbruder auch spüren ließ. Nachdem mein Vater seine Hälfte des Unternehmens dem ehemaligen ‚Freund‘ verkauft hatte, zogen er und ich nach New York. Durch die Entfernung wurden meine Besuche bei meiner Mutter natürlich noch seltener, und irgendwann ließ ich es ganz. Wir haben uns seit Jahren nicht gesehen oder auch nur gesprochen.“
    „Oh, das tut mir so leid, Jack“, sagte sie und ergriff seine Hand. „Jetzt verstehe ich so einiges. Ihre Mutter ist der Grund dafür, dass Sie schon als Kind unbedingt reich werden wollten. Weil sie Sie und Ihren Vater für einen reichen Mann verlassen hat.“
    „Ja“, gab er zu. „Ich dachte, wenn ich reich werde, käme meine Mutter zu uns zurück. Ganz schön doof, was?“
    „Nein, für einen Sechsjährigen eigentlich ganz schön clever“, antwortete sie. „Und es hat Ihnen ja auch etwas gebracht. Denn heute sind Sie reich.“
    Ja, er war reich, dachte Jack. Doch in letzter Zeit fühlte er sich so einsam, verlassen und arm wie mit sechs Jahren. Er sah Laura an und dachte an ihre verrückte Familie. Wie die Verantwortungslosigkeit ihrer Mutter Laura wahrscheinlich das Hotel kosten würde, das sie so liebte. Wie sie bereit war, alles, was sie besaß, und noch viel mehr zu riskieren, um das Familienerbe zu retten. Trotz der Sorgen, trotz der finanziellen Notlage, ihm war klar, dass sie sich reich fühlte und auf die Liebe ihrer Familie bauen konnte. Als sie versuchte, ein Gähnen zu unterdrücken, schlug er vor: „Wir sollten vielleicht versuchen, ein bisschen zu schlafen. Es ist schon fast ein Uhr

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