Wetterleuchten
finanzielle Situation von Rentnern in San Diego zu verbessern. Dann fand sie Artikel über ihre wohltätigen Aktionen in der Stadt, um ihr Geschäft anzukurbeln, ihren Ruf zu verbessern und das Vertrauen der Bürger in sie zu stärken. Dann gab es die ersten Verdachtsmomente. Und schließlich verschwanden Menschen.
Inzwischen waren drei Menschen verschwunden, zu denen Jeff laut einer Zeitung aus San Diego - befragt wurde. Jeff Corries Frau und Stieftochter waren verschwunden, ebenso wie sein Geschäftspartner Connor. Und wie es in solchen Situationen üblich war, wurde der Letzte, der noch übrig war, als Erster verdächtigt. Jeff war der gemeinsame Nenner im Leben der drei Menschen, die verschwunden waren. Und für die Polizei war das Grund genug, nachzuhaken. Ebenso wie für das FBI und den IRS.
Jeff war clever gewesen. Außer mit seinem Anwalt hatte er mit niemandem gesprochen. Trotzdem sah es nicht gut für ihn aus. Seine Investmentfirma hatte ihre Türen geschlossen, und seine Geschäftsbücher wurden geprüft. Was Jeff selbst betraf, so war er zwar noch nicht festgenommen worden. Aber dass er kein Wort sagte, machte ihn nur umso verdächtiger.
Nehmt ihn fest, nehmt ihn fest, dachte Becca. Aber weswegen? Falls sie nicht vorhatte, nach San Diego zu fahren und mit der Polizei zu sprechen, würden sie keinen Grund haben, ihn zu verhaften. Und selbst wenn sie zurückginge, was sollte sie ihnen sagen? »Ich kann Gedanken lesen«, würde sie sagen. »Und als ich seine Gedanken gelesen habe, habe ich gehört, dass er Connor umgebracht hat, und deshalb sind wir geflohen.«
»Und wo ist deine Mom?«, würden sie dann fragen und einander anschauen, als würden sie jeden Augenblick die Jungs mit den Zwangsjacken rufen, um sie abzuholen.
»Sie hat mich auf Whidbey Island zurückgelassen und ist noch nicht wiedergekommen.«
»Wann hat sie dich dort gelassen?«
»Im letzten September.«
»Was? Und du musstest ganz alleine zurechtkommen? Ein Kind? So verzweifelt kann man doch gar nicht sein, dass man sein eigenes Kind im Stich lässt! Weißt du eigentlich, dass das gegen das Gesetz ist? Wo ist diese Frau? Wir müssen sie unbedingt finden.«
»So war das nicht. Wir wussten, was Jeff getan hat. Das wussten wir.«
»Und warum habt ihr ihn dann nicht angezeigt?«
Und dann würden sie wegen des Gedankenlesens nachhaken.
Becca schloss aus ihrer Internetrecherche, dass trotz Dianas beruhigender Worte Jeff Corrie immer noch auf freiem Fuß war. Er suchte, und er wartete. Und bis sich seine Situation änderte, würde er alles daran setzen, sie zu finden.
Wenigstens war das Wetter besser geworden, dachte Becca resigniert. Zumindest ein bisschen. Es war Mitte Mai, und man hätte meinen sollen, dass der pazifische Nordwest-Regen bis dahin ein wenig nachgelassen haben würde. Das hatte er zwar nicht, aber immerhin waren die Temperaturen gestiegen. Und wenn sie noch ein paar Monate im Baumhaus wohnen bleiben müsste, bräuchte sie wenigstens nicht den Ofen von morgens bis abends anzulassen.
Nachdem das Schuljahr zu Ende war, würde es allerdings schwierig werden, einen Platz zum Duschen zu finden. Doch wenn sie weiter für Ivar arbeitete, bestand vielleicht die Möglichkeit, auf Heart's Desire zu duschen, wenn sie es dafür übernahm, das Bad sauberzumachen. Oder vielleicht könnte sie auch bei Derric duschen. Nein. Das könnte immer noch ein Problem darstellen wegen seines Dads. Zwar hatte sie Derric endlich verraten, wo sie lebte, aber er hatte ihr hoch und heilig versprechen müssen, dass er es seinen Eltern nicht weitererzählen würde. Und wenn sie auf einmal anfangen würde, regelmäßig bei ihnen zu duschen, würden sie zwangsläufig Fragen stellen.
Sie musste sich also etwas einfallen lassen. Inzwischen hatte sie gelernt, dass Einfallsreichtum die wichtigste Eigenschaft war, wenn man sich alleine durchschlagen musste.
Während sie durch den Wald ging, dachte sie über all das nach. Von der Bibliothek war sie nach Heart’s Desire gefahren, um dort zu arbeiten, und abends war sie müde und freute sich auf ihre Pritsche. Ihr Fahrrad hatte sie an ihrem üblichen Versteck zwischen den Bäumen verstaut, und während sie den Weg von der Newman Road bis zu ihrem Baumhaus entlanglief, sah sie überall frisches Grün sprießen. Es begann bereits, den Weg zu überwuchern, und sie würde sich eine Heckenschere von Ivar ausleihen müssen, um die Salal-, Brombeer- und Heidelbeerbüsche zurückzuschneiden. Ralph Darrow würde das
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