Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wetterleuchten

Wetterleuchten

Titel: Wetterleuchten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
Vom Netzwerk:
diesmal ließ sie sich nicht davon locken. Sie hob ihren schwarzen Kopf und betrachtete sie, doch sie bellte nicht. Stattdessen schwamm sie fünf Mal um das Schlauchboot herum. Dann hob sie ihren Kopf ein letztes Mal, tauchte und verschwand.
    »Ich glaube, das war ein Abschied«, murmelte Becca.
    Derric dachte das auch. Aus irgendeinem Grund machte es ihn traurig. Schließlich brachte er hervor: »Das will ich nicht.«
    »Was?« Becca wandte sich vom Wasser ab, und als sich ihre Blicke trafen, sah er, dass ihre Wangen leicht gerötet waren.
    »Abschied nehmen. Von dir. Ich dachte, das hätte ich bereits getan. Ich dachte, ich bräuchte dich nicht und das, was da zwischen uns ist und das ich nicht mal benennen kann. Aber ohne dich, Becca ...« Er fuhr sich mit der Hand durchs Haar, und da fiel ihm ein, dass er es eigentlich wieder abrasieren wollte, und dass er wieder der sein wollte, der er vorher war: ein Junge aus Kampala. Er wollte der echte Derric sein. Keine Imitation seiner selbst, sondern der Junge, der ein Versprechen gegeben hatte, das er nicht gehalten hatte. Er sagte: »Jemand hat meinem Vater die Briefe gebracht. Ein Künstler hat sie gefunden, der eigentlich nur die Füllung von dem Sitzsack brauchte. Den Rest hat er sich zusammengereimt. Wem sie gehören, meine ich. Dad hat ihren Namen gelesen.«
    »Freude?«
    »Er glaubt, sie sei ein Mädchen aus Kampala. Meine Freundin. Er weiß nicht, dass sie meine Schwester ist.«
    Becca nickte und sah ihm tief in die Augen. »Und was machst du jetzt?«
    Seine Lippen verzogen sich zu einem schwachen Lächeln. »Danke der Nachfrage.«
    »Was?«
    »Danke, dass du mich fragst, anstatt mir zu sagen, was ich tun soll. Das hast du sonst immer gemacht.«
    »Tut mir leid«, sagte sie. »Ich arbeite daran. Es nicht zu tun, meine ich.«
    »Ich auch. Mir tut es auch leid. Der ganze andere Kram ... Courtney und ... Ach, was weiß ich ...« Er fragte sich, ob er Becca davon erzählen konnte. Vor allem davon, was er über sich selbst gelernt hatte in den fieberhaften Momenten, die er mit Courtney zwischen den Bäumen erlebt hatte. Seitdem hatte er noch mal mit Courtney gesprochen und ihr gesagt, wie durcheinander er war und wie schlecht er sich fühlte, und dass es ihm total, total, total leidtun würde, wie sich die Dinge entwickelt hatten, nämlich viel zu weit, doch selbst da ...
    »Schon gut, schon gut«, sagte Becca beschwichtigend, und es sah aus, als würde sie sich am liebsten die Ohren zuhalten. Als er schwieg, schien sie sich zu beruhigen. Sie sagte: »Jeder hat seine persönlichen Angelegenheiten. Du und Freude zum Beispiel, das ist deine persönliche Angelegenheit, die du irgendwann einmal angehen musst. Und es geht mich nichts an, und das weiß ich jetzt. Nur manchmal ist es schwer, weißt du? Immer zu wissen, was wohin gehört. Echt schwer.«
    »Zum Teil schon. Aber manchmal ist es auch ganz leicht.« Er zögerte. Er wusste nicht, wie es herauskommen würde, aber er dachte sich: »jetzt oder nie«, und sprach es schließlich aus. »Ich will, dass du wieder zu meinem Leben gehörst, Becca. Und ich will es jetzt.«
    Da lächelte sie, und es war das strahlendste Lächeln, das er je gesehen hatte. Sie antwortete: »Das will ich auch. Wirklich. Genau wie du.«
    Die Erleichterung, die er spürte, war kolossal. Derric hatte das Gefühl, nach Hause zu kommen. An einen Ort, wo er hingehörte. Und als er ihr Gesicht zu sich drehte und sie küsste, wurde ihm klar, dass das Ziel den langen Umweg wert gewesen war, den er gegangen war.

Kapitel 47
    J enn hatte keine Ahnung, worüber Squat Cooper mit ihr reden wollte, aber sie machte mit. Sie gingen zum Ende der Second Street, doch unterwegs sagte er kein Wort. Erst nachdem sie die Cascade Road überquert hatten und zu einer Bank kamen, von der aus sie den weit entfernten, makellosen Gipfel des Mount Pilchuk betrachten konnten, machte er den Mund auf.
    Zu diesem Zeitpunkt war sie schon ein wenig ungeduldig. Als er auf sie, Becca, Ivar und Sharla zugekommen war, hatte er sehr ernst gewirkt. Als würde er ihr gleich mitteilen, dass seine Mutter gestorben war oder dass er in einen anderen Bundesstaat ziehen würde. Wie sich herausstellte, war es keines von beiden. Er wollte über etwas sprechen, das er »uns« nannte.
    Er fing an mit: »Ich verstehe nicht, was mit dir los ist.«
    Und sie antwortete: »Hä?«
    »Ach, komm, Jenn. Du weißt genau, wovon ich spreche. Ich meine ...« Und dann wurde er rot. »Das warst du doch bei mir zu

Weitere Kostenlose Bücher