Wetterleuchten

gespürt und war zu dem Schluss gekommen, dass er nichts Gutes im Schilde führte hinsichtlich Langley, seiner Bewohner und der Robbe, die sie alle so liebten.
    Dabei wusste sie kaum etwas über ihn. Er hatte sein Boot verloren und gab der Robbe die Schuld. Und er war mit Sharla Mann verheiratet gewesen. Das war es auch schon. Nach der Versammlung wollte sie unbedingt mehr über ihn erfahren. Sie war nur noch nicht sicher, wie sie das anstellen sollte.
    »Hey, Ivar, wo kommt dieser Eddie eigentlich her?«, brachte sie nicht viel weiter, als sie das nächste Mal im Hühnerstall von Heart's Desire arbeitete.
    »Hat viele Jahre in Possession Point gelebt.« Mehr bekam sie von Ivar nicht zu hören, der seine Topfpflanzen untersuchte und die Lampen über ihnen ausrichtete. »Jetzt lebt er drüben in Glendale. Warum?«
    Weil er Nera töten will, schien Becca in diesem Augenblick keine schlaue Antwort. Deshalb schwindelte sie ein wenig und sagte stattdessen: »Sharla hat mir erzählt, dass sie mal mit ihm verheiratet war.«
    Ivar nickte. »Stimmt, ja. Sie waren mal verheiratet.« Nicht mehr ganz bei Trost ... lautete sein Gedanke.
    Aber Becca wusste nicht, ob sich sein Flüstern auf Eddie oder auf Sharla bezog. Sie wartete darauf, dass noch mehr kam, aber alles, was sie hörte, war Öl und Wasser ... und sie musste an das alte Sprichwort denken, dass sich Öl und Wasser abstoßen.
    Doch später, als sie allein in ihrem Baumhaus saß und der Wind an Kraft zunahm und sich zu einem Märzsturm auszuweiten drohte, fiel ihr eine andere Art von Öl ein. Sie musste an die Ölkatastrophe denken, von der sie auf der von Jenn McDaniels aufgerufenen Website gelesen hatte, als sie eigentlich Jeff Corrie googeln wollte. Das Öl hatte Possession Point verschmutzt. Ob sich Ivar darauf bezog?
    Während ihrer nächsten Tauchstunde beschloss sie, sich in die Höhle der Löwin zu wagen und Jenn McDaniels danach zu fragen. Nach dem Duschen hielt sie sich besonders lange im Umkleideraum auf und frisierte sich aufwendig die Haare, damit es nicht so auffiel. Als die Luft rein war und Jenn alleine neben den Spinden stand, schlenderte Becca in den Raum und tat so, als wolle sie ihre Sachen zusammenpacken. Dann fragte sie Jenn beiläufig: »Hey, Jenn, weißt du irgendwas über die Ölkatastrophe in Possession Point?«
    Es war, als hätte sie gesagt: »Hast du schon gesehen, dass sechs Aliens in der Tür zum Umkleideraum stehen?«, denn genauso reagierte Jenn. Sie drehte sich langsam um und musterte Becca und hatte dabei so viele Schimpfwörter im Kopf, dass Becca die AUD-Box aus ihrem Rucksack holte und sie sich an den Hosenbund klemmte. Dann steckte sie sich in aller Seelenruhe den Kopfhörer ins Ohr.
    »Was willst du eigentlich wirklich hier?«, entgegnete Jenn ihrerseits. »Außer Derric Mathieson, der - wie du vielleicht noch nicht bemerkt hast - total auf Courtney Baker abfährt.«
    Becca atmete ein paar Mal tief ein. Dann sagte sie: »Danke für die Information, aber wir beide sind Geschichte und er kann abfahren, auf wen er will. Von mir aus soll er sie heiraten. Und was ist jetzt mit der Ölpest? Weißt du was darüber? Du wohnst doch da, wo es passiert ist.«
    Jenn kniff die Augen zusammen. »Woher weißt du das denn schon wieder?«
    Becca musste ihrem prüfenden Blick ausweichen. »Keine Ahnung. Hat Derric sicher erwähnt. Ich weiß nicht mehr. Warum? Ist doch völlig egal, woher ich es weiß.«
    Jenn schlug ihre Spindtür zu. Sie hatte bloß ein Handtuch um den Körper gewickelt, das jetzt zu Boden fiel. Becca sah verlegen weg, und Jenn lachte höhnisch auf. Dann fing sie an zu erzählen.
    Ja, es hatte eine Ölpest gegeben. Und ja, die hatte sich in Possession Point ereignet. Es war Bilgenöl gewesen, und das war schlimm, denn es hatte viel Schaden für das Leben im Meer und am Strand angerichtet.
    So weit, so gut, dachte Becca. Dann fragte sie nach Eddie Beddoe. Er lebte doch auch dort, als das Öl auslief.
    Jenn zuckte mit den Schultern. »Er hat da noch einen Wohnwagen stehen. Vielleicht hat er mal darin gewohnt. Was weiß ich. Warum interessiert dich das überhaupt?«
    Becca fummelte an ihrem Rucksack herum, bis sie sicher sein konnte, dass sich Jenn etwas angezogen hatte. Dann sah sie hoch und sagte: »Es ist bloß ... weil er bei der letzten Versammlung so einen Aufstand gemacht hat. Der Versammlung im Gemeindezentrum, weißt du? Wo er sich so über die Robbe aufgeregt hat. Ich hab Ivar Thorndyke gefragt, und der sagte, er stammte