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Wetterleuchten

Wetterleuchten

Titel: Wetterleuchten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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»Mach dich nicht verrückt. Das ist ganz menschlich und heutzutage kann man sich ja schützen.« Doch seine Seele riet ihm: »Hey, Derric ... Lass es lieber.«
    Er hatte keine Ahnung, warum das so war. Nur, wenn er ehrlich mit sich war, wusste er es schon. Aber er wünschte, es wäre nicht so, denn dann wäre das Leben so viel leichter.
    Was die Sache noch komplizierter machte, war die Tatsache, dass Courtney sich im Gebetskreis nicht getäuscht hatte. Keiner von ihnen sagte auch nur ein Wort. Oder zwinkerte ihm zu. Oder warf ihm anzügliche Blicke zu. Oder sagte: »Boah, ihr beide seid ein heißes Paar.« Nirgendwo tauchte auch nur der geringste Hinweis darauf auf, dass Courtney Baker im Gebet um Kraft bat, nicht zuzulassen, dass Derric Mathieson ihr das nahm, was sie sich für ihren künftigen Ehemann aufbewahren wollte. Sie hatte also recht gehabt und er unrecht, und auch deshalb verstand er die Welt nicht mehr.
    Er wollte darüber sprechen. Er wollte die Sache aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten. Doch der einzige Mensch, mit dem er darüber hätte sprechen wollen, war Becca. Und das war völlig unmöglich.
    Zwei Tage später wurde ihm endlich der Gips abgenommen. Und zwei Tage danach schlug Courtney vor, nach der Schule in ein Cafe tief im Wald zu fahren, der westlich von Langley lag. Mukilteo Coffee war eine Kaffeerösterei, die einen eigentümlichen Geruch nach verbranntem Toast in die Luft abgab. Und da man nur mit dem Auto dorthin gelangte, traf man für gewöhnlich nicht viele Schüler in dem Waldcafe an.
    »Um zu feiern, dass du den Gips los bist«, sagte sie. »Du bist sicher froh darüber.«
    Er war einverstanden, und als sie bei dem Cafe ankamen, das von Bäumen umgeben war, sahen sie, dass sie die einzigen Gäste waren. Sie bestellten Getränke und setzten sich an eines der großen Fenster mit Blick auf die Bäume. Courtney fing als Erste an zu sprechen.
    Sie begann: »Ehrlich gesagt wollte ich mit dir reden. Und zwar nicht nur darüber, dass dein Gips ab ist.«
    »Okay«, sagte er und wartete darauf, was als Nächstes kam.
    »Es ist so ... Ich habe mich hinreißen lassen. Aber ich dachte halt, es wäre richtig. Und ich dachte, du fändest es auch okay. Aber offenbar habe ich mich getäuscht.«
    Derric rührte in seiner heißen Schokolade. Er hatte eigentlich gar keine Lust darauf, aber er hatte ein schlechtes Gewissen gehabt, einfach nur im Cafe zu sitzen, ohne etwas zu bestellen. Also hatte er sich einen Kakao genommen. Stattdessen hätte er lieber etwas zu essen kaufen sollen. Sein Magen knurrte. Aber er wollte die Sache zwischen ihnen klären. Und als sie anfing zu sprechen, war er erleichtert, weil er hoffte, dass sie nun endlich eingesehen hatte, dass es nicht okay war, vor den anderen über ihre privaten Probleme zu sprechen.
    Er sagte: »Danke für dein Verständnis, Court. Weißt du, es ist ja nicht so, als ob ich überhaupt nicht beten würde. Und ich habe auch nichts dagegen, dass du betest. Aber als du ihnen erzählt hast, dass wir ...«
    »Hey, nein, warte.« Sie setzte sich in ihrem Stuhl kerzengerade hin. »Ich spreche nicht vom Gebetskreis.«
    »Nicht?«
    »Nein. Ich glaube noch immer ...«, dabei sah sie auf ihren Kaffee und auf den Teller daneben. Sie hatte einen Muffin bestellt und brach ein Stück ab. Er nahm sich auch etwas, aber es schmeckte wie extrem trockenes Sägemehl mit ein bisschen Zucker oben drauf. Sie fuhr fort: »Egal. Nein, ich meinte die Blumen.«
    Oh, dachte er. Jetzt müsste er doch noch die >Ich-bin-ein-Typ<- Entschuldigung bemühen. Er sagte: »Tut mir leid, Court.«
    »Es tut dir leid?«
    »Dass ich dir nur zwei Nelken geschickt habe. Was soll ich sagen? Ich bin ein Typ. Und manchmal denken wir nicht so ...«
    »Darum geht es nicht«, unterbrach sie ihn. »Na ja, irgendwie schon auch. Aber ich meinte eher, dass ich dir siebenunddreißig geschickt habe. Das war völlig übertrieben; ich war irgendwie total drüber. Ich wusste eigentlich, dass es bekloppt ist, aber ich habe es trotzdem gemacht. Ich glaube, ich dachte, du würdest dich total darüber freuen oder so. Dass du so viele Blumen und Nachrichten von mir bekommst.«
    »Aber das habe ich doch«,gab er ein wenig zu hastig zurück.
    Sie legte den Kopf schief. »Nein, hast du nicht.«
    Ihre Reaktion nervte ihn. »Woher willst du das wissen?«
    »Weil du sie nicht dabei hattest, als ich dich in der Kantine gesehen habe. Was hast du mit ihnen gemacht? Hast du sie weggeworfen? Oder jemand anders geschenkt?

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