Wetterleuchten
herauszufinden, was mit Eddie Beddoe los war. Sie wühlte sich wieder einmal durch die diversen im Stall befindlichen Gegenstände und versuchte, Ordnung zu schaffen. Da entdeckte sie unter einem Haufen Decken, die rochen, als hätten sie einst als Pferdedecken gedient, eine alte mit Messing eingefasste Truhe. Diese zog sie in die Mitte des Raums, wo es heller war. Obwohl die Decken auf ihr gelegen hatten, war sie völlig verdreckt, und da die Truhe kein Schloss hatte und Becca neugierig war, machte sie sie auf.
Ganz oben lag ein Haufen Fotos, einige davon eingerahmt, einige nicht. Sie nahm sie heraus und sah sie langsam durch. Sie sah Eddie Beddoe und Sharla Mann. Es waren Hochzeitsfotos, die schon sehr alt waren, aber Eddie Beddoe war nicht zu verkennen. Er war groß wie ein Hüne und Sharla neben ihm war jung und hübsch. Es war traurig, wie sich alles verändert hatte, dachte Becca, und sie fragte sich, ob nur die Ölkatastrophe schuld daran gewesen war.
Also suchte sie weiter. Sie wusste zwar, dass es eigentlich nicht in Ordnung war, Sharla Manns alte Sachen durchzuschauen, aber sie tat es trotzdem, denn Sharlas Flüstern verriet ihr, dass es noch mehr Wissenswertes herauszufinden gab. Und dieses Wissen könnte wichtig sein, sagte sie zu sich. Vielleicht könnte sie damit Eddie Beddoe von seinem wie auch immer gearteten Plan abbringen und verhindern, dass er den Inselbewohnern schadete.
Als sie die Truhe halb durchwühlt und alte Kleider,Tischdecken und Handtücher herausgezogen hatte, fand sie es schließlich. Drei kleine Latzhosen, drei kleine T-Shirts, drei Paar Socken und ein Paar Schuhe. Sie hätten einem Kleinkind gepasst. Aber Sharla hatte doch nie Kinder gehabt.
Während Becca zurück zu ihrem Versteck fuhr, dachte sie über ihre Entdeckung nach. Sie versteckte ihr Rad zwischen den Bäumen und lief zu der Lichtung, wo ihr Baumhaus auf sie wartete. Während des Marsches ging sie im Kopf noch einmal ihr neu erlangtes Wissen durch: über die Ölpest, über Eddie Beddoe, über Sharla Mann und die Kindersachen. Sie dachte auch an Ivar Thorndyke und fragte sich, ob er ebenfalls zu den Leuten gehörte, die etwas verheimlichten.
Da sah sie die Lichtung - in abendliche Schatten gehüllt - vor sich. Doch sie sah auch, wie eine Gestalt langsam ihren Weg kreuzte. Rasch versteckte sie sich hinter einem dicken Baumstamm. Ihr Herz klopfte laut, während sie wartete. Vorsichtig spähte sie um den Baum herum, um zu sehen, wer auf der Lichtung herumlief.
Sie kannte den alten Mann, der scheinbar den Boden absuchte. Es war Seths Großvater Ralph Darrow. Sie war ihm zwar noch nie persönlich begegnet, aber sie hatte ihn mit Seth gesehen: einmal durchs Fenster, als sie draußen im Dunkeln stand und Großvater und Enkel beobachtete, wie sie vor einem riesigen Kamin in Ralph Darrows Wohnzimmer Schach spielten, und einmal alleine bei der Gartenarbeit. Aber sie hatte noch nie gesehen, dass er so weit in den Wald hineingekommen war, und ahnte, dass es Ärger geben würde.
Er untersuchte die unmittelbare Gegend um das Baumhaus herum. Und sie wusste genau, was er dort entdeckt hatte. Ihre Fußspuren waren überall, ebenso wie die von Seth. Sie sah zu, wie er unter das Baumhaus lief und die Falltür über sich betrachtete, die Becca zum Glück geschlossen hatte, bevor sie gegangen war. Sie war auch froh, dass sie nichts auf dem Vorbau hatte liegenlassen, das sie hätte verraten können. Das galt jedoch nicht für den Zinkeimer, die Schaufel und die Harke, die sie hinter einem Baum versteckt hatte, der etwa zehn Meter von Ralph Darrow entfernt stand. Außerdem befand sich dort noch ein Haufen Holzscheite, den Seth von Ralph stibitzt hatte, damit Becca ihren Holzofen betreiben konnte. Doch die Holzscheite waren ebenfalls versteckt, und wenn er nicht zu genau hinsah, würde er sie nicht finden.
Er legte die Hand auf die Leiter, und Becca hielt den Atem an. Wenn er hochsteigen und das Baumhaus betreten würde, wäre sie erledigt. Und Seth hätte eine Menge Ärger am Hals.
Sie konnte sich nur zu gut vorstellen, was dann geschehen würde. Ralph Darrow würde sie entdecken und erst einmal fragen: »Wer bist du, verflixt?« Dann würde er fragen: »Wissen deine Eltern, wo du bist?« Und falls sie diese Frage einigermaßen wahrheitsgemäß beantwortete, würde er weiter fragen: »Was machst du dann hier auf der Insel?« Und dann müsste sie von ihrer Mutter, San Diego und dem ganzen Rest erzählen.
Auf der Lichtung setzte Ralph
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