Wetterleuchten
wie sie hinter der Fassade wirklich sind, all das.«
Er sah sie an. Redete sie von ihm? Von ihm und Courtney? Es klang fast so.
Sie blinzelte ihn an und wurde rot, als wäre ihr plötzlich klar geworden, dass ihre Worte auf verschiedene Arten interpretiert werden konnten. Sie fuhr schnell fort: »Manchmal habe ich nicht die Geduld, darauf zu warten, wie sich die Dinge entwickeln werden. Ich möchte, dass sie sich genau so entwickeln, wie ich es will. Das ist mit Tod passiert. Er hat in die eine Richtung gezogen, und ich in die andere.«
Ihm kam der Gedanke, dass es mit den Briefen an seine Schwester Freude genauso gewesen war. Becca hatte ihm diese Briefe in der Praxis an den Kopf geworfen, um ihn dazu zu bringen, etwas zu tun, weil sie beschlossen hatte, dass jetzt der richtige Zeitpunkt dafür war. Nicht weil er so weit war, nicht weil er es wollte, sondern weil sie es wollte. Bei dem Gedanken spürte er, wie sich sein Herz ein wenig verhärtete, als sie plötzlich sagte: »Weißt du, was in der Praxis passiert ist, tut mir leid, Derric. Das mit den Briefen tut mir wirklich sehr leid. Es war völlig falsch von mir. Ich wollte dich zu etwas drängen. Genau wie Tod. Das ist mir jetzt klar.«
»Ja«, erwiderte er. »Geschenkt.« Aber er konnte sie nicht ansehen, weil die Wut, die er an jenem Tag empfunden hatte, wieder in ihm aufstieg. Deshalb fuhr er fort: »Jedenfalls wollte ich dir nur sagen, dass es mir wegen Tod leidtut.«
»Danke«, antwortete sie, »und viel Glück für deins, okay? Viel Glück.«
Er dachte: Meins?
Sie stellte es schnell klar: »Für dein Geschichtsreferat.«
Es war kein befriedigendes Gespräch gewesen, aber er hatte nicht viel Zeit, darüber nachzudenken. Kurze Zeit später stand er mit seiner Mom zu Hause in der Auffahrt und fragte sich, warum sie ihm verdammt noch mal die Augen verbinden wollte. Sie sagte, sie hätte eine Überraschung für ihn. Eine kleine Aufmunterung, erklärte sie ihm, und er wusste, sie meinte, dass er nach seiner Trennung von Courtney etwas brauchte, um die Dinge wieder positiver zu sehen. Er glaubte zwar nicht, dass die Überraschung seiner Mom das bewirken könnte, spielte aber mit.
Sie führte ihn ins Haus, und er wusste, dass sie auf sein Zimmer zugingen. Sie stellte ihn in die Tür und nahm die Augenbinde ab. »Tada!«, rief sie. »Wie gefällt’s dir, mein Schatz?«
Er betrachtete ungläubig, was er vor sich sah. Seit er am Morgen zur Schule gegangen war, hatte seine Mom sein Zimmer komplett renoviert. Wenn sie nicht gleich ein ganzes Team engagiert hatte, wusste er nicht, wie sie es hinbekommen hatte, aber in den paar Stunden, in denen er weg gewesen war, war das Zimmer neu gestrichen, ein neuer Teppich verlegt, neue Vorhänge aufgehängt und seine Möbel durch neue ersetzt worden. Es war unglaublich. Es war der Hammer. Es sah maskulin und in jeder Hinsicht perfekt aus. Außer in einer.
»Was ist mit dem Sitzsack passiert?«, fragte er schnell.
»Sitzsack?«, sagte sie, »Mehr hast du nicht dazu zu sagen?«
»Wo ist der Sitzsack, Mom?«
»Gefällt dir dein Zimmer nicht?«
»Hast du ihn weggeschmissen?« Er hörte, wie er die Stimme hob, und versuchte vergeblich, sie wieder unter Kontrolle zu bringen. »Mom, hast du ihn weggeschmissen? Wo ist der Rest der Sachen? Was hast du mit ihnen gemacht?«
»Der Wohltätigkeitsverein hat die Möbel geholt. Sie haben heute Morgen einen Transporter geschickt.«
»Wohin?« Seine Stimme wurde heiser.
»Was meinst du? Hierher.«
»Du weißt, was ich meine!«, schrie er. »Wohin haben sie ihn gebracht? Ich will den Sitzsack wiederhaben!«
Derric sah, wie sich der Gesichtsausdruck seiner Mutter veränderte. Kein Wunder. Sein Verhalten war völlig daneben. Sie sagte: »Derric, der Sitzsack war schon alt, als Dave Junior in deinem Alter war. Er hat ihn behalten, weil er seiner Mutter gehört hat. Sie hat ihn darauf gestillt, Herrgott noch mal. Nur das Klebeband hat ihn noch zusammengehalten und die Kügelchen sind schon rausgefallen, du kannst doch nicht im Ernst glauben ...«
»Wohin bringt der Verein die Möbel?«, wollte er wissen.
»Schatz, das weiß ich nicht.«
»Du musst es herausfinden. Sofort.«
»Jetzt red keinen Unsinn«, gab Rhonda Mathieson zurück. Sie klang verärgert. »Ich muss mich ums Abendessen kümmern. Außerdem war dieser Sitzsack reif für die Mülltonne. Ich weiß gar nicht, ob sie ihn überhaupt zum Weiterverkauf behalten haben, so wie sie ihn angesehen haben ... Ich glaube, sie
Weitere Kostenlose Bücher