Wettlauf mit dem Tod
einsammeln würde – eine ziemlich widerliche Angelegenheit –, und streichelte den seidigen Rücken des Hundes. »Los geht’s, Cash.«
Mit dem widerstrebenden Hund im Schlepptau trat Reese erneut auf den Flur hinaus und schloss hinter sich ab. Sein schweißnasses Hemd klebte ihm am Körper, und seine Krawatte hing schlaff herab. Außerdem machte ihm die alte Verletzung am linken Oberschenkel wieder zu schaffen.
Die anderen Bewohner des Hauses waren deutlich geselliger als Alice Soundso und grüßten ihn freundlich. Eine scharfe Blondine flirtete sogar mit ihm, wie sie es immer tat, doch Reese war nicht so dumm, sich in seinem eigenen Zuhause Ärger einzuhandeln.
Cash bildete in dieser Hinsicht allerdings eine Ausnahme.
Der Hund sprang einen ältlichen Nachbarn an, den das nicht sonderlich erfreute. Bevor Reese ihn dafür schelten konnte, hetzte Cash bereits einem anderen Hund hinterher, bis sich die Leine schließlich irgendwann straffte und er sich beinahe strangulierte. Draußen schnüffelte er an jedem Grashalm, weigerte sich jedoch, sein Geschäft zu verrichten, bis Alice Soundso plötzlich wieder auftauchte. Da entschied er sich dann doch, einen Haufen zu machen und starrte ihr dabei die ganze Zeit in die Augen.
Großartig.
Was soll’s
, dachte Reese und starrte sie ebenfalls an.
Trotz der unerfreulichen Tätigkeit, der der Hund nachging, lächelte sie Cash freundlich zu.
Reese dagegen ignorierte sie oder versuchte es zumindest.
Scheiß drauf. »Das ist mein neuer Hund«, sagte Reese zu ihr.
»Er hat den ganzen Tag, während Sie weg waren, gejault.« Direkt und sachlich.
Großartig. Warum sich mit Höflichkeiten aufhalten? »Das tut mir leid. Er wird noch ruhiger.« Hoffentlich.
Sie nickte und ging weiter. Reese bemerkte die Tüte Jelly Beans in ihrer Hand. War sie deswegen losgezogen? Nur um sich etwas Süßes zu besorgen? Kurios.
Cash war inzwischen fertig und rannte ihr nach, und – oh Wunder – sie blieb doch tatsächlich stehen, kniete sich hin und streichelte ihn.
Guter Hund,
dachte Reese. »Hat er Sie gestört?«
»Er tat mir leid. Er braucht Aufmerksamkeit. Schließlich ist er noch ein Welpe.«
»Na ja, wissen Sie, es ist so, dass ich ihn quasi gefunden habe. Oder besser gesagt: Er hat mich gefunden. Ich wollte mir eigentlich gar keinen Hund anschaffen, aber …«
»Das war aber nett von Ihnen, dass Sie ihn aufgenommen haben.« Sie setzte sich mit ihrem kleinen Po auf die Stufen, und Cash kroch ihr sofort auf den Schoß.
Sie lächelte nachsichtig und belustigt und ließ ihn tatsächlich gewähren.
Wer hätte gedacht, dass sich ein Hund als so praktisch erweisen würde? Alice kuschelte mit ihm und sah dabei ungemein friedlich aus. Ihr fades braunes Haar fiel ihr in ihr gewöhnliches Gesicht. Sie schien sich keine Gedanken darüber zu machen, ob ihre beige Hose womöglich schmutzig werden könnte oder ihr grünes Tanktop hinterher mit Hundehaaren übersät wäre.
Sie stellte die Handtasche und die Süßigkeiten ab und widmete sich mit voller Hingabe seinem Hund.
Wie konnte es sein, dass ein Streuner in so kurzer Zeit all das erreichte, was Reese bisher vorenthalten geblieben war?
Erpicht darauf, es herauszufinden, schickte Reese sich an, sich neben ihr niederzulassen, doch dummerweise begann sein Handy in dem Moment zu klingeln. Er zog es aus der Hosentasche und stellte stöhnend fest, dass Logan anrief.
Alice sah ihn an.
Er reichte ihr die Leine. »Würden Sie ihn vielleicht kurz übernehmen?« Er wartete ihre Antwort nicht ab, sondern wandte ihr den Rücken zu und ging in einigen Schritten Entfernung ans Telefon.
»Mach es kurz«, blaffte Reese. Jetzt, da Cash es endlich geschafft hatte, das Eis bei seiner Nachbarin zu brechen, wollte er nicht unhöflich erscheinen und sie zu lange warten lassen.
»Er hat vor, heute Nacht in meine Wohnung einzubrechen.«
Reese ging noch ein Stückchen weiter, damit Alice Soundso und der Hund ihn nicht belauschen konnten. Um Sicherheitslecks zu vermeiden, wussten stets nur so wenig Leute wie möglich über Undercovereinsätze Bescheid. Auf keinen Fall sollte eine Zivilistin mitbekommen, was sie zu besprechen hatten. »Rowdy Yates?«
»Genau der.«
Wie überraschend. »Und wie hast du davon erfahren?«
Logan schwieg kurz und erklärte dann: »Ich habe mitgehört, wie sie mit ihm telefoniert hat.«
»Sie hat sich direkt vor deiner Nase mit ihm unterhalten?«
»Nicht direkt.«
»Wie konntest du dann …«
»Ich habe sie durch
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