Whisky: Mord im schottischen Schloss (German Edition)
Aber zu diesem Zweck müsste sie in England zumindest jemanden kennen. Was nicht der Fall war. Anders herum: Wenn der Antiquitätenhändler sich nicht gemeldet hätte, um die Sache zu eruieren; wenn diese Touristin gleich zur Polizei gegangen wäre, wer also würde erfahren, dass sie krumme Geschäfte tätigte? McLeish und – er. Aber wer käme auf die Idee, ihm seine Frau zu vermiesen? Er durchpflügte sein Gehirn, ob es eine Freundin gab, die eifersüchtig sein könnte, aber so viele Freundinnen hatte Camilla nicht, und die sie hatte, wohnten in Hamburg; die Beziehungen waren allmählich eingeschlafen. Plötzlich schoss ihm seine Ex-Frau durch den Kopf. Aber sie wohnte doch in –
Axel sprang auf, nahm sich eine Flasche Bier aus dem Kühlschrank und setzte sich wieder neben das Telefon.
Nanna. Gianna.
Was hatte Georg während des Telefongesprächs aus London gesagt? Nanna ist auf den Strich gegangen. Er hatte ihn korrigiert, Gianna gesagt, aber Georg hatte den Versprecher gar nicht registriert.
Wie hieß diese Gianna mit Nachnamen? Er überlegte. Ach ja, Reiche. Reinicke. Das durfte doch nicht wahr sein. Er nahm den Telefonhörer und rief seine Dienststelle an.
„Horst, kannst du mal überprüfen, ob in Flensburg eine Nanna Reinicke sesshaft ist? Und bei der Gelegenheit auch Gianna Reiche?“
„Na klar! Ich weiß sowieso nachts nie, womit ich mir die Zeit vertreiben soll.“
„Ruf mich an, sobald du etwas gehört hast!“
„Ja, ist gut.“
„Danke.“
Zu gern wollte er Georg in London anrufen, fürchtete aber, dass er dann den Anruf seines Kollegen verpassen könnte. Auf die Antwort brannte er. So schnappte er sich ein Kissen, umarmte es vor seinem Bauch und wartete.
Isabelle wandte sich, nachdem sie den anfänglichen Schock überwunden hatte, wieder dem Pferd zu. Sie umarmte seinen Hals und flüsterte: „Bald bin ich hier Geschäftsführerin, stell’ dir das vor. Dass man mir das zutraut! Aber ich werde es schon schaffen. Wenn ich mir vorstelle, hier zu wohnen! Und das haben wir dem blonden Engel aus Deutschland zu verdanken.“ Wieder flossen einige Tränen. Dann ging sie aus dem Stall und in ihr Zimmer. Sie war die dritte, die in dieser Nacht nicht schlafen konnte.
Am nächsten Morgen winkte Camilla sie an ihren Frühstückstisch. Es war noch früh und sie waren, außer den Köchen, die einzigen, die sich im Speisesaal befanden.
„Ich hatte heute Nacht ein denkwürdiges Ereignis“, begann Camilla und erzählte dem Mädchen von dem Armband.
„Du denkst doch hoffentlich nicht, dass ich dich hier rausekeln will, weil ich deine Nachfolge in Betracht gezogen habe? So etwas hätte ich nicht einmal zu träumen gewagt.“
Belustigt sah Camilla sie an. „Natürlich nicht. Du weißt, wen ich im Verdacht habe. Aber McLeish will sie rausschmeißen. Lange brauchen wir uns um diese Frau, ob sie es nun war oder nicht, keine Sorgen mehr zu machen. Ich glaube, heute oder morgen ist ihr letzter Tag hier. Ach Gott, wenn man vom Teufel spricht.“
Camilla schlang hastig den Rest ihres Frühstücks herunter und sah zu, dass sie den Speiseraum verlassen konnte.
Am Vormittag kamen wieder einige Gäste an. Isabelle war mit Führungen und den Pferden beschäftigt und Camilla hielt ihre erste Gymnastikstunde ab. Beim Lunch stürzte eine hocherfreute Signora Bernatti vor versammelter Mannschaft auf sie zu und rief: „Ich habe es wieder! Es war in eine Ecke gefallen und Mr. McLeish hat es mir gerade gegeben. Mein Mann war wütend, dass ich so unachtsam war“. Sie warf einen schnellen Blick auf den inzwischen wieder besänftigten Signor Bernatti. „Aber in Zukunft werde ich meinen Schmuck in den Tresor im Zimmer legen. Das passiert mir nicht noch einmal.“
Das Ehepaar setzt sich und wiederholte vor den Tischgenossen die Geschichte.
Camilla hoffte, dass sie nicht zu erleichtert aussah.
Als die meisten Gäste sich zu einem Mittagsschläfchen begeben hatten, sattelte sich Camilla „ihr“ Pferd und ritt zur Küste und von dort aus zum Dorf. Vor dem Pub stieg sie ab, band das Tier an und ging hinein. Der Wirt, dem das Gejohle einiger Kinder vor seiner Tür auffiel, warf einen Blick hinaus und meinte: „Das ist ja wie im Wilden Westen! Jetzt kommen Sie sogar schon zu Pferd.“
„Ja, sehr romantisch, nicht?“
Er lachte, zapfte ein Draught und schob es Camilla vor die Nase. Danach schlurfte er in einen Raum hinter der Theke und kam mit einem Eimer Wasser heraus, den er dem Pferd
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