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Whisper (German Edition)

Whisper (German Edition)

Titel: Whisper (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandy Kien
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den Stall, hatten zwar keine Ahnung, um was es genau ging, bemerkten aber die Aufregung, die entstanden war. Kinsky war es, der die Situation mit einem Atemzug erkannte und richtig einordnete.
    „Markus, du bringst Judith zu Susanna“, ordnete er hart an. „Janina soll die Tiere fertig füttern und wir werden Jasmin suchen. Und Gnade dir Gott, Judith, wenn du ihr noch etwas gesagt hast, von dem wir nichts wissen, und was sie tief getroffen oder vielleicht zu dieser Flucht bewegt hat. Ich reiße dir eigenhändig den Kopf ab.“
    Stefan strich Tom noch einmal sanft über den Kopf. Es war bemerkenswert. Egal, was das Tier so in Aufregung versetzt hatte, er war wieder völlig ruhig.
    Markus schnappte nach dem Mädchen und zog sie aus dem Stall hinaus. Kinsky nahm Patrick und Edith, schickte sie beide hinters Haus, während er selbst Christina an der Schulter nahm.
    Stefan blieb kurz zurück, betrachtete den sonst so teilnahmslosen, einfältigen Tom.
    „Wenn du sprechen könntest, was würdest du jetzt wohl sagen.“
    Langsam wandte ihm das Tier seinen Kopf zu und stupste ihn mit der Nase an. Stefan wollte nicht recht glauben, was er gerade dachte, aber er war sich fast sicher, dass Tom um Hilfe gerufen hatte. Wohlweislich behielt er den Gedanken für sich und ließ das Pferd zurück. Sie mussten Jasmin finden.
    Kinsky, Patrick, die Mädchen und er schwärmten aus. Irgendeiner glaubte eine Gestalt im Wald gesehen zu haben, weswegen man den Frontbereich der Bäume durchsuchte. Kinsky glaubte im Grunde nicht wirklich daran, dass sich Jasmin weit entfernen würde. Vielleicht hatte sie sich erschrocken, hatte irgendwas geglaubt, was nicht war, und war in den Wald gelaufen, um für eine Weile allein zu sein. Gott, verfluchte er Judith für ihre dummen Bemerkungen. Totsicher hatte sie ihm etwas verheimlicht, bestimmt noch etwas angefügt, was Jasmin in Angst versetzt hatte. Den Hals würde er ihr umdrehen, wenn er dahinter kam, was sie Jasmin noch vor die Füße geworfen hatte. Vermutlich baute Judith auf den Schutz, dass Jasmin kein Sterbenswörtchen sagen würde. Verdammt, ja, würde sie auch nicht. Jasmin sprach schließlich mit niemandem! Kinsky begann sich ernsthaft Sorgen zu machen. Jasmin hatte bei der Wanderung schon bewiesen, dass sie weit über ihre Grenzen hinauszugehen vermochte. Ihre zerriebenen Füße hatte ihm das gezeigt. Es war definitiv notwendig, besser auf sie aufzupassen, Handlungen, auch jene der Jugend, vorauszuahnen, denn sonst würde Jasmin eine Gefahr für sich selbst werden.
     
    Jasmin hörte, wie man nach ihr rief. Aber sie war nicht gewillt, stehenzubleiben, geschweige denn umzudrehen oder sich bemerkbar zu machen. Sie lief einfach weiter. Die Tränen brannten in ihren Augen, heftiger Schmerz tobte in ihren Eingeweiden. Schmerz, der den Druck in ihren Schuhen mit Leichtigkeit überlagerte. Wimmernd lief sie weiter, ohne Hirn, ohne Gedanken, einfach blind. Wenn sie stolperte, stolperte sie eben, fiel sie, stand sie wieder auf und lief weiter. Ihren Sweater zerriss sie sich an einem Ast, ihre Hand wurde fast gefühllos, als sie sich beim Hinfallen einmal kurz abstützte. Aber sie hielt sie nur fest und rannte weiter. Irgendwo zerkratzte sie sich auch noch den Unterarm, ihre Finger waren sowieso schon beleidigt. Und noch immer rannte sie weiter, immer tiefer in den Wald, ohne genau zu wissen wohin. Sie registrierte nicht, dass die Schreie hinter ihr leiser geworden waren und schließlich gänzlich verstummten, und sie bemerkte auch nicht, dass sie längst die Orientierung verloren hatte. Begriff nicht, dass der Wald viel zu groß war, um ihn zu durchlaufen. Sie hastete, stolperte und lief einfach irgendwohin, so wie sie es getan hatte, als Whisper abgeholt worden war. Damals war sie barfuß gelaufen. Diesmal hatte sie Schuhe an, weswegen ihre Füße aber nicht weniger schmerzten.
    Irgendwann, Jasmin hatte keine Ahnung, wie weit sie gelaufen war, wurde sie langsamer, da sie kaum noch Luft bekam. Sie keuchte heftig, glaubte, ihre Lungen würden platzen. Doch noch immer setzte sie einen Fuß vor den anderen, immer weiter in den Wald hinein, blind für alle Gefahren, blind für ihre Umgebung. Das Bild verschwamm vor ihren Augen. Immer neue Tränen rollten über ihr Gesicht. Das Schluchzen hörte niemand.
    Als sie dann endlich stehenblieb und sich umsah, wusste sie, dass sie nie wieder allein zurückfinden würde. Sie hatte nicht aufgepasst, war einfach gelaufen, hatte hunderte Ecken und Kurven

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