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Whisper (German Edition)

Whisper (German Edition)

Titel: Whisper (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandy Kien
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ihnen der Wald lichtete. Die dahinter liegende Wiese glitt geschmeidig talwärts und mündete in einer kleinen Ranch, die wie aus dem Bilderbuch geholt, dalag. Die Wiesen rund um die Ranch waren grün, nur die drei hohen Bäume, die sich direkt neben der Ranch auftürmten, schienen ihre sichernden Äste über die Gebäude zu halten. Auf einer Koppel neben dem Haus befanden sich einige Pferde, die sich aufgeregt meldeten, als sie sich näherten. Kino stapfte mit dem Mädchen die Wiese herab, ließ sein Pferd einfach bei den Bäumen stehen und schob sie weiter Richtung Stall. Er ließ zu, dass sie sich aus seiner Umklammerung befreite und beobachtete, wie sie ihre Haare zusammenknetete und ihre Kapuze über den Kopf zog. Vermutlich rechnete sie mit Menschen. Fremde, die ihr wieder ins Gesicht blicken konnten. Auch ein „Mein Vater hat dich längst gesehen, als er dich hergefahren hat, du brauchst dich vor ihm nicht zu verstecken“ verkniff er sich ebenso, wie „Es kann höchstens sein, dass du meinem Großvater begegnest“. Es wäre total deplatziert. So blieb er stumm, lächelte ihr zu, als sich ihre Blicke trafen, und schob sie durch die offene Stalltür. Ein sanftes Meckern kam ihnen entgegen. Kino nahm Jasmin bei der Hand und brachte sie zu einem kleinen Verschlag.
    „Schau“, meinte er leise und deutete über die Absperrung, „er hat wieder eine Mama gefunden.“
    Er beobachtete, wie Jasmin den Kopf hochnahm und zuerst kalt über die Absperrung blickte. Und er erlebte zum ersten Mal, wie sich ihre Miene aufhellte, wie sie lebendig wurde, wie die Kraft des Lebens in sie zurückglitt und sie Reaktionen zeigte, die schöner nicht hätten sein können. Jasmin griff nach der Absperrung, sprang federleicht darüber und sank in das Stroh. Leise blökend kam es auf sie zu, kletterte an ihr hoch und ließ sich in ihre Arme fallen, die sie ihm entgegenstreckte. Liebevoll schloss Jasmin ihre Arme um das Kitz, zog es an sich, küsste es auf die Stirn, wobei das Tierchen sie am Hals heftig ableckte und immer wieder leise dieses eigene Wimmern von sich gab. Die Ziege meckerte, drehte sich mehrmals im Kreis, um dann entspannt dem Schauspiel des Wiedersehens zuzusehen. Jasmins Kapuze war nach hinten gerutscht. Ihre Haare glitten über ihren Rücken, rahmten sie nahezu komplett ein. Kino bemerkte, wie sie sich an das Kitz klammerte, es liebkoste, und wie sich ihre Finger in den Körper des kleinen Tierchens verkrallten. Wohlig ließ das kleine Wesen die Behandlung über sich ergehen und leckte sie jedes Mal, wenn es einen Hautzipfel erreichen konnte. Keine Spur von Angst war in den Augen des Kitzes zu lesen. Ganz anders hatte es ausgesehen, als er es ins Auto gepackt und auf seine Ranch gebracht hatte. Scheu war es von ihm gewichen und hatte sich nur widerstrebend anfassen lassen. Aber es schien sich richtiggehend über Jasmin zu freuen, als ob beide einander schon ewig kennen würden.
    Jasmin weinte wieder. Das konnte Kino deutlich spüren, dazu brauchte er sie nicht anzusehen. Doch diesmal kannte er den Grund. Gott, wie dumm waren sie nur alle gewesen. Nie hätten sie das Kitz ohne ihr Wissen wegbringen dürfen und langsam dämmerte ihm auch, was der Grund ihrer Flucht gewesen war. Aber wer hätte ahnen können, dass sich Jasmin so sehr schnell an das Tier hängen würde? Wer hätte ihre Reaktion voraussehen können? Ob da nicht doch noch was gewesen war, etwas, was sie wirklich getroffen hatte und ihre Erregung begründete. Er musste Kinsky sowieso anrufen und ihm mitteilen, dass er sie gefunden hatte. Vielleicht würde er herausbekommen, was noch geschehen war.
    Leise trat er in den Verschlag und hockte sich einmal mehr neben sie. Er konnte ihre Tränen sehen, was ihn dazu nötigte, einfach über ihr Haar zu streichen. Das veranlasste Jasmin dazu, ihren Kopf zu drehen und ihn anzusehen.
    „Ich habe es hergeholt, weil unsere Ziege ihr Kitz verloren hat. Ich dachte, sie würde vielleicht eine gute Wapitimama abgeben. Wir hätten es dir sagen sollen, aber du hast noch so tief geschlafen …“Kino stand auf. „Ich werde hineingehen und Kinsky anrufen, damit er sich keine Sorgen macht. Bleib noch hier, wenn du magst.“ Er stand im Begriff aufzustehen, als er plötzlich eine Hand an seinem Arm spürte. Erschrocken verhielt er, sah ihre dünnen Finger auf dem Stoff seiner Jacke, hätte nie damit gerechnet, dass sie den Mut aufbringen würde, einfach zuzupacken. Leichtfüßig stand Jasmin auf, ohne ihn loszulassen. Es war

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