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White Horse

White Horse

Titel: White Horse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Adams
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angetan?«
    Â»Nichts.«
    Â»Erzähl keinen Scheiß! White Horse verändert jeden, den es nicht
tötet.«
    Â»Es hat mich stärker gemacht. Besser. Ich kann meinen Atem länger
halten, erinnerst du dich? Meine Wunden heilen schneller.«
    Ich erkenne durchaus die Ironie, die in seinen Worten steckt, aber
das Lachen ist mir längst vergangen. »Hasst du deinesgleichen? Ist es das? Das
Monster hasst und verfolgt alle anderen Monster.«
    Er antwortet nicht. Stattdessen umklammert er meinen Arm mit
Fingern, die hart wie Stahlseile sind, und zerrt ihn von Irinis Wunde weg.
    Â»Geh«, sagt sie zitternd.
    Â»Los, mach schon!«, faucht er.
    Â»Warum? Warum hast du auf sie geschossen?«
    Â»Weniger hungrige Mäuler zu stopfen.«
    Â»Ich hasse dich.«
    Â»Im Leben geht es nicht um Beliebtheit. Nur die Macht zählt.«
    Er zerrt mich weg. Meine Stiefel scharren über den Beton. Ich lasse
mich fallen, mache mich schwer, schlage um mich. Wehre mich, so gut ich kann.
Er will mich lebend. Er braucht mich lebend. Das bedeutet, dass ich hoch pokern
kann.
    Â»Bei der nächsten Gelegenheit, die sich bietet, bringe ich dich um«,
drohe ich.
    Â»Das glaube ich dir sogar. Aber du wirst diese Gelegenheit nicht
bekommen.«
    Â»Abwarten.«
    Er schlägt mir mit der flachen Hand ins Gesicht. Heiße Tränen des
Zorns schießen mir in die Augen. Ich will nicht weinen, auf gar keinen Fall,
aber mein Körper kümmert sich nicht darum.
    Â»Deine Freundin macht es nicht mehr lang. Sieh!« Er packt mich am
Kinn, dreht meinen Kopf so zur Seite, dass ich einen Blick auf sie werfen muss.
Sie sitzt in einer roten Pfütze. Dampf steigt in trägen Spiralen von der
Blutlache auf. Ich habe die verrückte Vorstellung, dass ich ihre Wunde mit
einem Verband heißen Asphalts schließen könnte.
    Â»Du darfst nicht sterben«, flehe ich sie an.
    Der Schweizer lacht. »Du kannst niemanden retten. Nicht die kleine
England. Nicht dieses Narbengesicht. Nicht dich selbst.«
    Â»Stirb nicht«, sage ich wieder und wieder, während wir uns über eine
Laufplanke schleppen. Unser Ziel ist eine verlassene Jacht. In der modernen Variante
des alten Spiels Stein, Schere und Papier ist Fiberglas stärker als Metall. Von
Menschenhand geschaffener Kunststoff überlebt wieder einmal das aus der Erde
gewonnene Material.
    Eine Hälfte der Handschellen umschließt mein Handgelenk, die andere
schnappt um die Reling zu. Mein Bezwinger lädt Esmeraldas Packen ab und
verstaut die Vorräte unter Deck.
    Â»Wohin fahren wir?«
    Â»Ich werde mit meinem Kind heimkehren. Um in der Heimat ein neues
Land aufzubauen.«
    Ich spiele in seinen Plänen keine Rolle. Er wird mich über Bord
werfen, sobald ich meinen Zweck erfüllt habe. Oder wird er mich am Leben
lassen, solange er eine Amme für mein Baby braucht?
    Irini ist von hier aus nicht zu sehen. Obwohl die Metallfessel in
mein Handgelenk schneidet, drehe ich mich mühsam zur Seite, bis ich sie
entdecke. Ich bin bei dir , will ich ihr zurufen. Ich will nicht, dass du allein stirbst. Es tut mir so leid.
    Mein Gesicht ist heiß und nass. Ich kann nicht unterscheiden, wo der
Schweiß endet und die Tränen beginnen.

    Der Schweizer geht von Bord und nimmt Esmeralda mit. Sie trottet
brav hinter ihm her.
    Â»Wehe, du tust ihr weh!« Meine Lippen sind trocken und rissig, und
ich bringe kaum einen Ton hervor. Die Haut platzt und blutet, je mehr ich rede.
Er entgegnet nichts, sondern stapft einfach weiter. Ich weiß, dass er zurückkommen
wird, denn ich habe, was er in seinen Besitz bringen will.
    Jetzt bin ich allein mit Irini. Oder mit Irinis Geist. Lebt sie
noch? Ich kann es nicht erkennen. Die Sonne blendet mich, bis ich nur noch
Punkte und Kreise sehe. Ich senke den Kopf, versuche mein Gesicht gegen die
erbarmungslosen Strahlen abzuschirmen. Mein Sonnenbrand bekommt Sonnenbrand.
Wenn ich nicht aufpasse, hole ich mir noch eine Infektion. Fast muss ich
lachen, denn auf einer Werteskala, die Katastrophen oben ansiedelt, rangieren
Bakterien irgendwo im negativen Bereich.
    Ich merke nicht, dass ich eingenickt bin, bis mich das Gebrüll des
Schweizers aus dem Schlaf reißt. Er stürmt auf der Promenade hin und her,
fuchtelt mit seiner Pistole und flucht in seiner eigenen Sprache. Ich schirme
meine Augen mit der Hand ab und suche nach der Quelle seines Zorns.
    Irini. Sie ist verschwunden. Nur ein

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