Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
White Horse

White Horse

Titel: White Horse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Adams
Vom Netzwerk:
Schlüssel holen.«
    Â»Der Tod wird mich nicht verschonen. Er wartet bereits, Zoe, das
spüre ich ganz genau. Als ich letzte Nacht einschlief, war Raoul da. Nur dass
es nicht mein Raoul war. Es war der Tod, der seine Züge trug, so wie diese
Statue, die wir aus Afrika bekamen. Er liebte dieses Stück. Ihm gefiel der
Gedanke, dass es einmal eine Epoche und eine Kultur gegeben hatte, in der das
Tragen von Masken gesellschaftlich anerkannt war.«
    Â»Ich möchte, dass du mir dieses Exponat zeigst, wenn es dir wieder
besser geht.« Der Kopf sinkt ihm schlaff auf die Brust. »James?«
    Mit geschlossenen Augen lächelt er. »Noch hier. So schnell wirst du
mich nicht los.«
    Meine Schultern entspannen sich. »Du hast mir einen schönen
Schrecken eingejagt.«
    Â»Haha.«
    Dann kippt er nach vorn und beginnt am ganzen Körper zu zittern. Er
fasst sich an die Kehle, rudert wild umher. James hat einen Krampfanfall, und
ich weiß nicht mehr, was man in so einer Situation tut. Soll ich ihm einen
flachen Gegenstand zwischen die Zähne schieben, damit er sich nicht in die
Zunge beißt? Oder machen sie das nur im Fernsehen, und im richtigen Leben
bringt es überhaupt nichts? Dann eben die stabile Seitenlage, auch wenn ich
nicht weiß, ob die etwas nützt. Ich rolle ihn herum, während er sich aufbäumt,
als stießen in seinem Innern die Erdplatten zusammen. Der Inhalt meiner Handtasche
verteilt sich auf dem Fußboden, als ich nach meinem Handy suche. Ich wähle den
Notruf.
    Lasse es klingeln und klingeln. Ich wähle noch einmal, für den Fall,
dass ich drei einfache Ziffern nicht richtig eingetippt habe. Nichts. Nur ein
wütender, verzweifelter Seufzer, der mein Ausatmen begleitet.
    James hört auf, um sich zu schlagen. Ich warte auf die Nachwirkungen
des Anfalls, aber nichts geschieht. Am anderen Ende der Leitung hebt jemand ab.
    Â»Sie haben einen Notfall?«
    Meine Finger tasten nach dem Puls, doch ich spüre nichts unter der
feuchtkalten Wachsschicht, die noch vor wenigen Sekunden seine Haut war. Ich
muss mich täuschen. Da ist ein Puls. Da muss ein Puls sein.
    Â»Hallo?«
    Ich suche an der falschen Stelle. Das wird es sein.
    Â»James, wach auf!«, flehe ich.
    Ich presse eine Hand gegen seine Brust, horche auf das vertraute
dumpfe Pochen und warte. Währenddessen gebe ich mechanisch meine Adresse durch.
    Â»Sie haben einen Notfall?«, wiederholt die blecherne weibliche
Stimme.
    Â»Kommen Sie schnell! Bitte.« Das Handy schießt quer durch den Raum.
    Â»James? Steh auf!« Ich trommle mit der Faust gegen seinen Brustkorb.
Schlage ihm so heftig ins Gesicht, dass sein Kopf einen Ruck nach rechts macht.
»James?« Lauter jetzt, als sei er alt und schwerhörig und nicht …
    Sprich es nicht aus! Wenn du es nicht
aussprichst, ist es nicht wahr!
    â€¦ tot.
    Nein. Sprich es nicht aus!
    Ich muss ihn ins Leben zurückholen. Ich lege mein ganzes Gewicht in
die Herzmassage, zwinge ihm meinen Atem in den Mund und … nichts. Er weist
meine Wiederbelebung zurück, seine Lungen weigern sich, meinen Atem aufzunehmen.
Seine Seele zeigt sich gleichgültig, so sehr ich mich um sie bemühe. Aber ich
mache weiter, bis ich merke, dass ein schwaches Geräusch aus seiner Kehle
dringt.
    Nein, nicht direkt aus seiner Kehle. Eher etwas seitlich, aus zwei
Stellen dicht unter den Ohren.
    Das sieht aus wie der Lammbraten meiner Mutter, wenn sie tiefe
Schlitze in das Fleisch schneidet, um es mit Knoblauchzehen zu spicken. Nur
dass bei ihm die Schlitze mit papierdünnen Klappen bedeckt sind …
    Ich atme in seinen Mund, presse mit beiden Händen gegen seine Brust.
    â€¦ die zu flattern beginnen, als die Luft sie beim Ausströmen schwach
aufbläht.
    Ich habe dieser Dinger schon öfter gesehen, in Aquarien und
Fisch-Restaurants. Kiemen. James hat etwas, das wie Kiemen aussieht.
    ZEIT: JETZT
    Es ist das Geräusch, das mich weckt, leise, unterdrückt,
heimlich. Manche Geräusche sind Sünden und Untaten vorbehalten, und wenn wir
sie hören, wissen wir, dass etwas nicht stimmt.
    Ich liege still da, mit fest geschlossenen Augen, unterdrücke den
einen Wahrnehmungssinn, damit der andere die Umgebung umso schärfer erfassen
kann. Das Feuer ist heruntergebrannt; ich spüre keine Hitze mehr, nur eine sanfte
Wärme, die meine Haut streichelt und mir sagt, dass die Glut noch nicht ganz
erloschen ist. Erst in der

Weitere Kostenlose Bücher