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Wicked - Die Hexen von Oz

Wicked - Die Hexen von Oz

Titel: Wicked - Die Hexen von Oz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Maguire
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gut, ich benutze keine«, antwortete die Hexe. »Sie können jetzt gehen.« Sie war sehr müde und traurig.
    Mit dreiundsechzig war Frex noch kahler und sein Bart noch weißer geworden. Seine Schultern fielen vor, als wollten sie sich treffen, sein Kopf versank förmlich in der Mulde, die der Verfall des Rückgrats und vor allem der Halswirbelsäule entstehen ließ. Er saß unter einer Decke auf der Veranda. »Wer ist da?«, fragte er, als die Hexe eintrat und sich neben ihn setzte. Sie begriff, dass sein Augenlicht so gut wie erloschen war.
    Â»Deine andere Tochter, Papa«, sagte sie, »die eine, die du noch hast.«
    Â»Fabala«, sagte er, »was soll ich ohne meine kleine Nessarose anfangen? Wie soll ich ohne sie leben?«
    Sie hielt seine Hand, bis er einschlief, und wischte ihm die Tränen ab, obwohl sie ihre Haut verbrannten.
    Die befreiten Munchkins zerstörten das Haus. Die Hexe hatte an eitlem Tand keinen Bedarf, aber sie fand es schändlich und kurzsichtig, ein Anwesen auf die Art zu verwüsten. Einerlei, welche Regierungsform sie sich geben mochten, sahen sie nicht, dass Kolkengrund ihr Parlamentsgebäude sein konnte?
    Sie verbrachte viel Zeit mit ihrem Vater, doch sie sprachen kaum miteinander. Eines Morgens, als er wacher und kräftiger war als sonst, fragte er sie, ob sie wirklich eine Hexe war.
    Â»Ach, was ist das schon, eine Hexe? Seit wann gibt irgendjemand in unserer Familie etwas auf Worte und Namen?«, erwiderte sie. »Vater, tust du mir den Gefallen, einmal etwas anzuschauen? Und mir zu sagen, was du siehst?« Aus einer Innentasche zog sie die Seite aus dem Grimorium und faltete sie auf seinem Schoß auseinander wie eine Serviette. Er strich mit der Hand darüber, als könnte er mit den Fingerspitzen den Sinn erkennen, und hielt sie sich dann vor die spähend zusammengekniffenen Augen.
    Â»Was siehst du?«, fragte sie. »Kannst du mir sagen, was es mit dieser Schrift auf sich hat? Wirkt sie zum Guten oder zum Bösen?«
    Â»Die Zeichen sind deutlich und groß genug. Ich müsste sie eigentlich entziffern können.« Er drehte das Blatt auf den Kopf. »Trotzdem, kleine Fabala, kann ich diese Schrift nicht lesen. Es ist ein fremdes Alphabet. Kannst du sie lesen?«
    Â»Manchmal kommt es mir so vor, doch das vergeht wieder«, sagte die Hexe. »Ich weiß nicht, ob es an meinen Augen liegt oder ob die Schrift so vertrackt ist.«
    Â»Du hattest immer gute Augen«, sagte ihr Vater. »Schon als ganz kleines Kind hast du Dinge gesehen, die niemand sonst sehen konnte.«
    Â»So?«, sagte sie. »Ich weiß nicht, was du damit meinst.«
    Â»Du hattest eine Glasplatte, die der gute Schildkrötenherz für dich gemacht hatte, und da hast du immer hineingeschaut, als ob du andere Welten, andere Zeiten sehen könntest.«
    Â»Wahrscheinlich habe ich mich selbst angeschaut.«
    Doch beide wussten, dass das nicht stimmte, und gegen seine Gewohnheit sprach Frex das aus. »Du hast dich nicht selbst angeschaut«,sagte er, »das war dir zuwider. Du hast deine Haut gehasst, deine scharfen Züge, deine stechenden Augen.«
    Â»Wo hatte ich diesen Hass her?«, fragte sie.
    Â»Du bist damit geboren worden«, antwortete er. »Es war ein Fluch. Du bist als Fluch meines Lebens geboren worden.« Er fuhr ihr zärtlich über die Hand, als hätte dies nicht viel zu besagen. »Als du deine grässlichen Säuglingszähne verloren hattest und deine zweiten normal waren, fiel von uns allen ein wenig Druck ab. Aber in den ersten Jahren, bis zu Nessaroses Geburt, warst du eine kleine Bestie. Erst als uns Nessarose geschenkt wurde, die noch härter vom Schicksal geschlagen war als du, hast du begonnen, dich wie ein normales Kind aufzuführen.«
    Â»Warum war ich dazu verflucht, anders zu sein?«, fragte sie. »Du bist ein frommer Mann, du musst das wissen.«
    Â»Du bist meine Schuld«, sagte er. Trotz dieses Eingeständnisses brachte er es irgendwie fertig, ihr und nicht sich die Schuld zuzuschieben, doch wie er das machte, erkannte sie immer noch nicht. »Für alles, worin ich versagt habe, solltest du mich quälen. Aber mach dir darüber keine Gedanken mehr«, fügte er hinzu, »das ist alles lange vorbei.«
    Â»Und Nessarose?«, fragte sie. »Was sagt die Waage der Schande und Schuld über sie?«
    Â»Sie ist die Frucht der lockeren Sitten deiner

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