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Wickelblues & Wimperntusche (German Edition)

Wickelblues & Wimperntusche (German Edition)

Titel: Wickelblues & Wimperntusche (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sylvie Wolff
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6
     
     
    Ich schnäuzte mir die Nase und holte tief Luft.
    „Und? Geht’s wieder?“ Belustigt schielte Falk zu mir rüber.
    Prompt begann mein Kinn wieder zu zittern. „Aber Svenja kann doch jetzt noch kein Kind kriegen!“, schniefte ich.
    „Natürlich kann sie. Hast du doch gesehen, oder?“
    „Mit fünfzehn?“
    „Na und? Darwin vergibt dafür sogar die Bestnote: Je eher sie mit der Vermehrung anfängt, umso größer sind ihre Chancen, die eigenen Gene im großen Pool zu hinterlassen. Deine Familie hat dahingehend ja reichlich Übung.“
    Hörte ich da einen Anflug von Spott? Und überhaupt: War sein Grinsen nicht eine Spur zu breit für diese Situation? Empört drehte ich mich zu ihm herum.
    „Lachst du uns etwa aus?“
    „Nicht euch, Yvi, nur dich.“
    „Ach, und warum?“
    „Jetzt komm wieder runter, Yvi. Die Situation ist durchaus komisch: Eine Linie von Frauen, die ihre Kinder bereits im zarten Teenageralter bekommen und allein großziehen, mit Svenja jetzt schon in der dritten Generation. Was erwartest du?“ Meinen ohnehin schwachen Protest erstickte er mit einer Handbewegung. „Wann hat denn in eurem Leben schon mal ein Mann eine Rolle gespielt?“
    Ich schwieg. Was sollte ich auch sagen?
    „Na also. Lotta ist ohne ausgekommen und hat ihre einzige Tochter lieber allein großgezogen, du hast Robert ebenfalls in den Wind geschossen, und Svenja scheint auf dem besten Wege zu sein, das zu wiederholen.“
    Ich dachte an Lottas Großmutter und erweiterte Falks Liste in Gedanken um die rothaarige Theresa. Doch statt es auszusprechen, protestierte ich: „Die waren aber alle älter als fünfzehn!“
    „Du warst gerade mal zwanzig, sooo viel erwachsener war das auch nicht. Wie weit hat Lotta es eigentlich geschafft?“
    „Neunzehn“, flüsterte ich heiser.
    „Und du machst Svenja Vorwürfe?“
    „Mach ich ja gar nicht“, schniefte ich. „Ich mach mir Vorwürfe, weil ich nicht besser aufgepasst habe.“
    „Seit wann schützt es Töchter vor ungewollten Schwangerschaften, wenn ihre Mütter safer Sex praktizieren?“
    „Idiot!“
    „Angenehm, Wunderland, Rechtsanwalt und Berater dieser wirklich reizenden Familie.“ Nun lachte Falk so offen und befreiend, dass ich nicht anders konnte als hysterisch einzustimmen.
    Lach nur, stichelte Beelzebub . Das wird dir noch im Halse stecken bleiben, wenn sich die frohe Botschaft erst herumgesprochen hat.
     
    Keine halbe Stunde später hielten wir vor dem Essener Krankenhaus, in das man Svenja gebracht hatte. Ich kletterte aus dem Wagen und lief, ihre Plastiktüten in den Händen, ergeben wie ein Schäferhund hinter Falk her. Er war heute mein Held und würde wissen, was getan werden musste. Wie selbstverständlich er mit Schwestern, Ärzten und sonstigem Personal sprach, ohne jemals die Fassung zu verlieren! Ich dagegen hatte nicht einmal mehr nette Worte oder freundliche Gesten, nur Verzweiflung und tiefe Erschöpfung.
    Falk hatte sich inzwischen zur Wöchnerinnen-Station durchgefragt. „Wir möchten zu Svenja Becker“, sagte er zum x-ten Mal, „einem fünfzehnjährigen Mädchen in den Wehen. Sie muss vor ein paar Minuten hier eingeliefert worden sein.“
    Die junge Schwester strich verlegen über ihren Kittel. „Tut mir echt leid, aber ich bin Schülerin im ersten Jahr und habe heute meinen ersten Tag auf dieser Station“, erklärte sie. „Ich hole eine der Schwestern, die kann Ihnen sicher helfen.“
    Es hätte nicht viel gefehlt, und ich hätte sie festgehalten. „Svenja Becker. So viele Fünfzehnjährige, die gerade ein Baby bekommen, wird es hier ja nicht geben, oder?“
    Wie einfach dir das über die Lippen kommt! G ewöhn dich schon mal dran.
    Die Schwesternschülerin starrte uns an und wurde rot bis über beide Ohren. „Oh bitte, e…entschuldigen Sie, aber …“
    Falk versuchte, den Schaden zu begrenzen: „Wohin würden Sie denn normalerweise eine so junge Mutter wie Svenja bringen?“, fragte er  ruhig, ich hätte ihn küssen können. „Vielleicht in den Kreißsaal?“
    Just in diesem Moment bog eine kleine, weiß gekleidete Gestalt um die Ecke, an dem Stethoskop in der Brusttasche leicht als Arzt zu erkennen. Unter seinem Kittel trug er hellbraune, ausgebeulte Cordhosen und darüber ein grell orangefarbenes T-Shirt, das über dem Bauch erheblich spannte, mir kam er vor wie ein Zwilling von Anni.
    Die Schwesternschülerin bekam wieder Farbe und strahlte. „Das ist einer unserer Gynäkologen – Dr. Pegris?“ Sie

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