Wickelblues & Wimperntusche (German Edition)
noch etwas unsicher auf den Beinen, zum anderen wollte ich ihn nicht auch noch verlieren.
Nach einer Fahrt im Aufzug und mehreren Abzweigungen fanden wir uns schließlich vor einer großen, milchglasbeschichteten Doppeltür wieder.
KREIßSAAL – FÜR UNBEFUGTE VERBOTEN
stand dort in großen, neutralen Buchstaben. In der Sitzgruppe nebenan saßen Menschen, die auf Nachricht warteten, und bestürmten Dr. Pegris sofort mit Fragen: „Wie geht es meiner Frau? Ist sie wohlauf?“ - „Wie lange werden wir noch warten müssen, bevor wir unsere Schwiegertochter sehen dürfen?“ - „Geht es dem Baby gut?“
Dr. Pegris lächelte alle an und sagte mit seinem entwaffnenden Akzent: „Ich werde alle Fragen beantworten, sobald ich etwas in Erfahrung bringen kann. Bitte entschuldigen Sie mich jetzt.“
Ich folgte in seinem Fahrwasser, die Blicke der anderen in meinem Rücken. Ich war so mit der Suche nach Svenja beschäftigt, dass ich kaum merkte, wie Falk sich taktvoll zurückfallen ließ und in einen freien Sessel sank.
Hinter der Glastür begann eine andere Welt. Keine Spur mehr von gelangweiltem Warten, eifrig huschten Schwestern und Pfleger in blauen Kitteln herum, hier und da auch einige Wesen in Weiß von denen ich annahm, dass es die Ärzte waren.
Eine dieser Gestalten eilte an mir vorbei, ein in ein Tuch gewickeltes Neugeborenes in den Armen. Mir traten vor Rührung die Tränen in die Augen.
„War das mein Enkelkind?“
Dr. Pegris verneinte. „Bedaure, Madame Becker, aber die Kleine wurde bereits auf die Säuglings-Intensivstation verlegt. Bitte erschrecken Sie nicht, Kim ist für ihr Alter gesund und munter, wird aber aufgrund der vorzeitigen Geburt trotzdem beobachtet. Wirklich nur eine Vorsichtsmaßnahme.“
Er führte mich weiter in einen der Kreißsäle, in dem Svenja gerade für die Verlegung auf die gynäkologische Station vorbereitet wurde.
„Mama!“, rief sie, sobald sie mich erkannt hatte. „Nicht weinen, es wird alles gut.“
Ich beugte mich zu ihr herunter und küsste sie. „Du vermasselst mir die Pointe, Große. Das wollte ich jetzt eigentlich sagen“, scherzte ich und versuchte ein Lächeln.
„Sie haben sie mitgenommen“, klagte sie und wirkte auf einmal wieder mädchenhaft und jung. „Sie ist so winzig, Mama, viel kleiner als ich es mir vorgestellt habe.“
„Weißt du, warum man sie weggebracht hat?“
Da meldete sich die Hebamme zu Wort, die bisher taktvoll im Hintergrund geblieben war: „Die kleine Kim ist vier Wochen zu früh dran, aber soweit in Ordnung. Der Kinderarzt hat sie bereits untersucht und vorsichtshalber unter eine UV-Lampe gelegt. Es geht ihr gut.“ Sie schob ein frisches Bett neben den Gynäkologenstuhl und forderte Svenja auf, hinüber zu klettern.
„Vier Wochen?“ In meiner Brust drückte etwas. „Wird sie sich denn normal entwickeln?“
Die Hebamme strich mir beruhigend über die Schulter. „Machen Sie sich keine Sorgen, junge Frau, bei uns sind die beiden in guten Händen. Die Kleine hat normal entwickelte Lungen und wird zur Vorsicht noch beobachtet. Wenn keine Probleme auftauchen, kann sie in zwei bis drei Wochen nach Hause; Frühchen ab dem achten Monat sind heutzutage kein Problem mehr.“
Ich wollte ihr gern glauben und sah zu, wie Svenja sich erschöpft zurücklehnte.
„So so, Kim also. Wie kommst du denn auf den Namen?“
„Weiß nicht, einfach so. Ich mag ihn, er erinnert mich an Amerika und an die große, weite Welt. Das ist es, was ich ihr wünsche.“
„Und was sagt Sascha dazu?“
Nun wurde sie doch verlegen. „Zu unserem Baby oder zu dem Namen?“
„Such dir was aus. Weiß er überhaupt davon?“
Svenja schüttelte den Kopf und kämpfte mit den Tränen. „Ich hab die ganze Zeit gehofft, dass das alles nicht wahr ist.“
„Er weiß also noch gar nichts von seinem Glück?“
Wieder schüttelte sie den Kopf. Erste Tränen hinterließen glänzende Spuren auf dem blassen Gesicht und tropften auf das Kissen.
„Warum hast du denn nichts gesagt?“
Sie starrte aus dem Fenster. „Du hattest schon genug um die Ohren mit arbeiten und Geld organisieren und da ... Ich wollte dir nicht noch mehr Sorgen machen.“
„Aber einfach abzuhauen, dich in ein Hotel verkriechen und hoffen, dass sich alles von alleine regelt, das findest du besser?“
Ach, und das nennst du jetzt Keine-Vorwürfe-machen?, schaltete Beelzebub sich ein. Seeeeehr pädagogisch, echt!
Mist, Mist, Mist!
„Ich weiß es ja selbst erst seit vier Wochen, da habe
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